Neue Entwicklungen der Strahlentherapie von Patienten mit Prostatakarzinom bergen Probleme in sich, die nach heutigem Wissen nur teilweise gelöst und in ihrer Konsequenz oft nicht absehbar sind. An erster Stelle steht hier die Patientensicherheit mit dem Ziel, die Rate an Akut- und/oder Spätfolgen der Behandlung zu minimieren, aber gleichzeitig eine hohe Hei¬lungswahrscheinlichkeit zu erreichen. In der Strahlentherapie existieren unzählige Ein¬flussfaktoren auf diese Qualitätsmerkmale. Wenig- oder schlecht beeinflussbare patien-tenseitige Faktoren, gut beeinflussbare Faktoren des klinischen Qualitätsmanagements und unabhängige physikalische Faktoren. Die Fokussierung auf veränderbare Einflussgrößen erscheint somit zwangsläufig. Daten in der Literatur sowie eigene Ergebnisse vermitteln die, möglicherweise trügeri¬sche, Sicherheit, mit der Einführung neuer Techniken auch alte Regeln und Erfahrungen zu ersetzen. Diese Erfahrungen zeigen beispielsweise für die Belastbarkeit des Rektums klare Grenzen. Das Risiko für Blutungen bei Überschreiten dieser Grenzen steigt mit stei¬gender Strahlendosis an. Um also eine Dosiseskalation zu verwirklichen, muss dem Problem der rektalen Dosisminimierung eine hohe Priorität eingeräumt werden. Die Ent¬wicklung von klinischen und physikalischen Qualitätsstandards stellt eine Möglichkeit dar, dieses Problem zu überwinden. Eine solche Maßnahme ist die bildgeführte Bestrahlung, welche die Erhöhung der Präzi-sion der Patientenlagerung erlaubt, indem vor jeder Bestrahlungsfraktion die Position des Patienten überprüft, gegebenenfalls korrigiert und erst bei exakter Patientenlage die The-rapie appliziert wird. Mit dieser verbesserten Genauigkeit können die Sicherheitssäume des Zielgebietes verkleinert und konsekutiv das Bestrahlungsvolumen reduziert werden, was zu einer Reduktion von Akut- und Spätnebenwirkungen führen kann. Eine Schwierigkeit der Vergleiche von Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen liegt darin, dass in der Literatur publizierte Daten mit zahllosen Therapie-, Lagerungs-, und Verifika- tionskonzepten erhoben wurden. Oft handelt es sich um klinikspezifische Prozeduren von unterschiedlicher, oft nicht detailliert berichteter Qualität. Kurz - es existiert kein Standard. Einige Arbeitsgruppen/Kliniken haben ein umfangreiches Qualitätskonzept, andere nicht. Durch die Überprüfung von Qualitätsmaßnahmen und ihren Einfluss auf die Ergebnisse der Therapie hinsichtlich der Tumorheilung oder der Nebenwirkungsraten wurden und werden stetig kleine Anteile zur Verbesserung dieses Qualitätsdefizites beigetragen. Einige Parameter sind von anderen abhängig, wie beispielsweise die Größe des Sicher-heitssaumes vom Füllungszustand des Rektums. Andere zeigen, wie mit einfachen Maßnahmen erhebliche positive Konsequenzen erreichbar sind, beispielsweise die Lagerung mit leicht gebeugten Hüft- und Kniegelen¬ken, die eine Dosisverringerung an Rektum und Blase bewirkt. Wie gezeigt werden konnte, sind je nach Art der Definition des Risikoorgans Rektum sig-nifikante Dosisunterschiede berechenbar. Hier bestehen keine einheitlichen Definitionen, die Dosisvorgaben sind immer vom definierten Rektumvolumen abhängig. Der Vergleich der Literaturdaten zum Thema maximal tolerable Rektumdosis mit den Daten der eigenen Klinik darf nicht unkritisch erfolgen. Nur bei identischer Festlegung des Organvolumens "Rektum" ist dieser Vergleich zulässig und die Toxizitätsdaten vergleichbar. Ein Weg aus diesem Dilemma stellt die Berechnung der Dosisbelastung für absolute Volumina (in Milli-litern) dar, die von der Organkonturierung unabhängig ist. Dass die Strahlenbelastung der Harnblase von der Prostatagröße abhängen kann, wurde ebenfalls in unserer Arbeitsgruppe gezeigt. Die klinische Relevanz, also die Frage, ob eine erhöhte Belastung auch zu einer erhöhten Akut- oder Spättoxizität führt, wird prospektiv untersucht. Der Zusammenhang liegt jedoch nahe und könnte dazu führen, dass Patienten mit großer Prostata und klinischen Miktionsstörungen vor Einleitung einer Radiatio einer entsprechenden Therapie zugeführt werden. Die Messung der Hodendosis bei der Bestrahlung von Prostatakarzinompatienten war bisher noch nicht im Focus des Qualitätsmanagements. Die erhobenen Daten zeigen jedoch, dass durch die Dosisbelastung der Hoden sowohl die Zeugungsfähigkeit (bei den meisten Patienten nicht mehr relevant), als auch die Testosteronproduktion eingeschränkt sein können. Die Relevanz hinsichtlich der Patientenaufklärung über mögliche Folgen der Strahlentherapie ist offensichtlich. In der Brachytherapie haben die Verbesserung der Patientenselektion, die Optimierung der Technik sowohl in der permanenten Seedstherapie, als auch bei der HDR- Brachytherapie zu einer messbaren Verminderung therapieassoziierter Nebenwirkungen geführt. Für die Behandlungsteams gilt, dass trotz großer klinischer Erfahrung mit den verschiedenen Strahlentherapieoptionen Verbesserungen einzelner Therapieschritte zu erreichen waren und letztlich zukünftige Patienten davon profitierten. Von einer Standardisierung der Prozeduren in der Strahlentherapie des Prostatakarzi¬noms kann also (noch) nicht gesprochen werden. Hier können die Leitlinien zur primären Strahlentherapie des Prostatakarzinoms der EORTC ein Mittel zur Vermittlung relevanter Entwicklungen wichtiger Aspekte des Qualitätsmanagements bei der Strahlentherapie von Patienten mit Prostatakarzinom sein. Sie sind allen Radioonkologen zugänglich. Die Verbesserung der Qualität in der Strahlentherapie und die evidenzbasierte Medizin (auf hohem Evidenzniveau) waren in der Vergangenheit oft nur partiell miteinander ver¬einbar. Häufig wurden bei neuen Entwicklungen keine Phase III Studien zum Beweis der Verbesserung gegenüber dem "Standard" durchgeführt. Andererseits stellen einige dieser Entwicklungen derart offensichtliche Verbesserungen dar, dass die Durchführung einer kontrollierten Studie als "unethisch" eingeschätzt werden kann. Beispielsweise ist es bezüglich der oben erwähnten bildgeführten Strahlentherapie nur schwer vorstellbar, diese bildgeführte gegen eine nicht bildgeführte Bestrahlung prospektiv kontrolliert zu untersuchen. In anderen Bereichen werden Neuentwicklungen jedoch lange Zeit ohne kontrollierte Prüfung eingesetzt, obwohl ein offensichtlicher Vorteil oder eine messbare Verbesserung lediglich in retrospektiven Kohortenstudien nachgewiesen wurden. Ein Beispiel ist hier die intensitätsmodulierte Strahlentherapie, deren Nutzen bei vielen Tumorerkrankungen seit 1996 gezeigt werden konnte, prospektive Studien zum Vergleich mit dem bisherigen "Standard" 3-D konformale Strahlentherapie sind jedoch erst 2006 bei Patienten mit HNO Tumoren publiziert worden. Resultate randomisierter Studien zum Prostatakarzinom stehen aus. Ein einheitliches Qualitätsmanagement in der Strahlentherapie des Prostatakarzinoms ist zurzeit noch nicht erreicht. Die Anzahl der Publikationen, welche diesen wichtigen Aspekt beleuchten, nimmt seit Jahren zu. Erst einheitliche Definitionen der verschiedenen Para-meter in der Strahlentherapie versetzen uns zukünftig in die Lage, Ergebnisse der Institu- tionen untereinander vergleichbar zu machen. Hier ist die Erstellung von Leitlinien für Zielvolumendefinition, Therapievorbereitung, Patientenlagerung und Therapieverifikation ein Weg, die Strahlentherapie des Prostata-karzinoms über Institutionen und Länder hinweg zu standardisieren und diese Vergleich- barkeit zu ermöglichen. Innerhalb der Klinik führten die eigenen Ergebnisse zu einer Veränderung des klinischen Qualitätsmanagements von Patienten mit Prostatakarzinom, die sich einer Strahlentherapie unterziehen. Die Prozesse vom Einschluss des Patienten, über die The-rapievorbereitung, die Therapieabläufe und die regelmäßigen Behandlungsverifikationen wurden standardisiert und werden durch neue Ergebnisse fortlaufend angepasst. Jährlich werden diese klinikinternen Leitlinien überprüft und gegebenenfalls adaptiert. Unsere Ergebnisse haben darüber hinaus Eingang in die EORTC Leitlinien zur primären Strahlentherapie des Prostatakarzinoms gefunden.
New developments in radiotherapy of patients with prostate cancer bear problems that are, according to current knowledge, only partially solved and of which the consequences are not foreseeable. First and foremost there is patient security with the major goal to minimize the rate of acute and late side effects while maintaining a high probability of tumour control probability. There are innumerable factors influencing these quality features. There are patent related factors which may not be influenced, factors of clinical quality management that may well be influenced and independent physical factors. To focus on those factors that may be influenced appears inevitable. Data from the literature as well as our own results convey the deceptive security to replace old rules and experiences when new techniques are introduced. For instance there is a threshold dose for the rectum with an increased risk of rectal bleeding when exceeding the dose beyond this threshold. In order to realize a dose escalation the problem of rectal dose minimization must have priority. The development of clinical and physical quality standards offers the possibilities to overcome this problem. One of those measures is image guided radiotherapy which allows for an increased precision of patient set-up by evaluating the patients’ position before each fraction, correcting it whenever necessary and applying treatment not before the set-up is correct. With this kind of improved precision safety margins encompassing the target may be reduced thus enabling a reduction of acute and late toxicity. One difficulty of comparing results of different workgroups are different concepts and clinical situations with regard to numerous therapy and ways of patient positioning and verification, respectively. In many cases procedures specific to a single department of variable quality are described without presenting details. To make a long story short – there is no standard available. For some work groups or departments an elaborate quality concept has been established, for others not. The checking in detail of quality measures and their influence on tumour control probability as well as normal tissue complication probability has constantly led to an improvement of the quality deficit bit by bit. Some parameters depend on others for instance the size of the CTV-PTV margin depends on the rectal filling status. Others show that small measures have a substantial impact on dose reduction to bladder and rectum, for instance the patient positioning with slightly bent hips and knees. It could be shown that significant rectal dose differences exist depending on the definition of rectal volumes. There are so far no unified rules and the dose guidelines always depend on the definition of the rectal volume. The comparison of literature based with regard to the maximum tolerable dose to the rectum should be used with caution. Dose constraints and expected toxicities are comparable only when the rectal volume is defined identically. One way out of this dilemma is the calculation of dose on absolute volumes (in Milliliters) which is independent of the organ contouring. Our work group could demonstrate that the dose to the bladder is depending on the size of the pros¬tate. The clinical relevance and the question if the increasing the dose to the bladder would translate into increased acute or late toxicities will be evaluated prospectively. This assumption seems logical and could lead to the clinical practice, that patients with an enlarged prostate gland and lower urinary tract symptoms will receive an appropriate therapy before initiation of radiotherapy. The measurement of the dose to the testicles during irradiation of prostate cancer patients has not been in the focus of quality management so far. Results from our studies show, that the level of radiation dose to the testicles may impair fertility as well as testosterone synthesis. Thus the relevance with regard to informed consent is obvious. The improvement of patient selection, optimization of technique in LDR- as well as HDR prostate cancer brachytherapy have resulted in a significant reduction of therapy-associated side effects. It is relevant that despite a high skill and experience of the treating physicians with different radiation therapy options, an improvement of single steps in the therapy processes were possible and future patients will benefit in the end. There is no standardization of the procedures in radiation oncology of prostate cancer so far. EORTC-guidelines for primary radiotherapy of prostate cancer are a means to communicate relevant aspects of quality management of prostate cancer patients. They are available for all radiation oncologists. An improvement of quality in radiotherapy was compatible with an evidence based medicine (on a high level) only partially in the past. Commonly new developments were not evaluated in phase III trials to prove an advance compared to the “standard”. On the other hand some of the developments demonstrated an improvement to such an extent that performing a phase III study might be considered unethical. It is hard to imagine for instance to prospectively evaluate the image guided and a non-image guided radiotherapy. In other areas new developments are used widely and over a long period of time without controlled studies although an obvious improvement was seen only in retrospective studies. As an example results from prospective trials of Intensity Modulated Radiotherapy, a technique which showed its value since 1996 for many tumour sites, have been published for head and neck cancer in 2006. Phase III results for IMRT in prostate cancer are awaited. A uniform quality management in prostate cancer radiotherapy is still lacking. The number of publications dealing with this important aspect is rising constantly. Only uniform definitions of the different parameters in radiotherapy enable us in the future to compare results from different institutions. The preparation of guidelines for target volume definition, therapy preparation, patient set-up, und verification of therapy is a way to standardize prostate cancer radiotherapy across institutions and borders. Within our department the results of our studies have led to a change in the current clinical quality management. Processes from patient evaluation, therapy preparation, the course of therapy and regular treatment verification, respectively have been standardized and are adapted to new study results on a yearly basis. Our studies have also been included into the EORTC guideline of primary radiotherapy in prostate cancer.