Homöopathie gehört zu den häufiger angewendeten komplementärmedizinischen Verfahren mit weiterhin steigender Nachfrage. Die Anzahl der Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie hat sich seit 1993 mehr als verdoppelt (5900 Ärzte). Bisher gab es keine systemische Daten über das Spektrum der Diagnosen und die damit einnehmende Stellung der homöopathischen Arztpraxen im niedergelassenen Gesundheitssystem. In einer prospektiven Kohortenstudie wurden 3981 Patienten (2851 Erwachsene und 1130 Kinder), die sich von September 1997 bis Juni 1999 erstmals in einer von 103 klassisch homöopathischen Arztpraxen vorstellten, erfasst und über 2 Jahre nachbeobachtet. In der vorliegenden Untersuchung wurden anhand standardisierter Dokumentationsbögen u.a. bis zu 4 Diagnosen bei Behandlungsbeginn in Textform angegeben und in ICD 9 und ICD 10 codiert. Als Vergleichskollektiv standen Auswertungen zum ICD-10-Modellprojekt der KV- Niedersachen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein von 1997 und 1998 mit jeweils Daten von über 70.000 Patienten zur Verfügung. Die häufigsten Diagnosen in den homöopathischen Praxen waren bei Männern allergische Rhinitis (10,3%), bei Frauen Migräne (9,7%) und bei Kindern und Jugendliche in beiden Geschlechtern atopisches (endogenes) Ekzem (21,2% bei den Mädchen und 18,7% bei den Jungen). Insgesamt 36,4% der Störungen wurden als Symptome kodiert, z.B. Schlafstörungen, Kopfschmerz. Dies weicht stark vom Diagnosespektrum in konventionellen Arztpraxen ab. Hier waren bei den Erwachsenen in beiden Geschlechtern am häufigsten essentielle Hypertonie (21,9%) und bei den Kindern und Jugendlichen akute Rhinopharyngitis (4,2%). Es zeigten sich soziodemographische Unterschiede zwischen Patienten in den homöopathischen und Patienten in den konventionellen Arztpraxen. Das Durchschnittsalter der homöopathischen Studienpopulation war bei den Erwachsenen mit 40,7 Jahren (SD = 12,7 Jahre) deutlich jünger als das Durchschnittsalter des konventionellen Vergleichkollektivs mit 56,1 Jahren (SD = 2,1 Jahre). In unserer Untersuchung und auch im Vergleich mit weiteren Studien, zeigte sich einheitlich, dass Anwender homöopathischer Therapien jüngeren Alters sind, eine höhere Schulbildung aufweisen und häufiger in einer Partnerschaft leben. Der Eindruck, dass klassisch homöopathische Ärzte nur leichtere Erkrankungen behandeln, konnte nicht bestätigt werden. 97% der Patienten litten an chronischen Krankheiten im Mittel seit 10,3 ± 9,8 Jahren bei den Erwachsenen und 4,3 ± 3,7 Jahren bei den Kindern und Jugendlichen. Daraus lässt sich ableiten, dass Klassische Homöopathie in Deutschland überwiegend für Patienten mit chronischen Krankheiten eingesetzt wird.
The use of homeopathy is increasing world-wide and the number of physicians with the additional qualification homeopathy has doubled since 1993 (5900 physicians). But there is a lack of large systematic data on the characteristics of patients who seek homeopathic care, the spectrum of diagnoses and the position of the physicians practising homeopathy in public health. In a prospective cohort study from september of 1997 to June 1999, 3981 patients (2851 adults and 1130 children) treated by 103 physicians (100 physicians from Germany, 3 from Switzerland) practising homeopathy were consecutively included at their initial office visit and subsequently monitored using standardized questionnaires. The physicians documented the diagnoses in textform and were coded in ICD-9 and ICD-10 by specialist of the institute. The most frequent diagnoses were allergic rhinitis in men (10,3%), migraine in women (9,7%) and atopic dermatitis in children of both gender (21,2% in girls and 18,7% in boys). 36,4% of the disorders were coded as symptoms (e.g. headache, sleep disturbances). This spectrum of diagnoses is markedly different from those of patients seeking primarily conventional care. In comparison an analysis of 70.000 patients under conventional treatment showed that hypertension (21,9%) in adults and acute rhinopharyngitis (4,2%) in children were the most frequent diagnoses. Additionally patients seeking homeopathic differed in socio-demographic factors from those seeking conventional care. Homeopathic treated patients were on average younger, had a higher education and lived more often in partnerships. 97% of the patients had chronic disorders with an average duration of 10.3 ± 9.8 years in adults and 4.3 ± 3.7 years in children. Homeopathic care, therefore, appears to be a treatment which is mainly used by patients with chronic disorders.