Einleitung: Die non-selektive (vollständige) Exkavation birgt bei ausgedehnten kariösen Läsionen hohe Risiken für die Vitalität der Pulpa. Hingegen reduziert die selektive (unvollständige) Kariesexkavation das Risiko einer iatrogenen Eröffnung der Pulpa. Zweifel bestehen jedoch hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften von selektiv exkavierten Zähnen, da demineralisiertes Dentin unterhalb der Restauration verbleibt. Dieses weichere Dentin könnte zum einen die Restauration nur unzureichend unterstützen, wodurch die Frakturbeständigkeit der Zähne reduziert würde; zum anderen ist die Haftkraft konventioneller Adhäsivsysteme an demineralisiertem Dentin reduziert, was die Integrität der Restauration kompromittieren könnte. Dabei ist auch unklar, ob Frakturbeständigkeit und Restaurationsstabilität von der Tiefe der belassenen kariösen Läsion abhängen. Ziel dieser Studie war daher die Untersuchung der Frakturbeständigkeit und Höckerdehnung von selektiv exkavierten Prämolaren. Methodik: Achtundvierzig Prämolaren wurden mit einer standardisierten mesial- distal-okklusalen Präparation versehen und anschließend flache und tiefe demineralisierte kariöse Läsionen an den pulpalen Wänden induziert. Das demineralisierte Dentin wurde anschließend belassen oder exkaviert (n = 12/Gruppe) und die Zähne mit einer adhäsiven Kompositrestauration restauriert. Die restaurierten Zähne wurden im Kausimulator und im Thermowechselbad belastet. Um die Höckerdehnung bei Belastung zu bestimmen, wurden die Zähne zuerst mit einer Kraft von 200 N und dann mit 400 N belastet. Im Anschluss erfolgte die kontinuierliche Steigerung der Kraft bis zur Fraktur. Als Letztes wurde die Tiefe der belassenen kariösen Läsionen mittels transversaler Mikroradiografie bestimmt. Ergebnisse: Unabhängig von der Läsionstiefe zeigten Zähne mit oder ohne belassenem demineralisierten Dentin unterhalb der Restauration keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Frakturbeständigkeit. Jedoch zeigten die Zähne mit tieferen Läsionen einesignifikant niedrigere Frakturbeständigkeit als jene mit flachen Läsionen, unabhängig davon ob das demineralisierte Dentin unterhalb der Restauration entfernt wurde oder nicht. Im Gegensatz dazu war die Höckerdehnung signifikant niedriger bei den Zähnen, die vollständig exkaviert wurden, als bei Zähnen mit belassenem demineralisierten Dentin. Auch in Bezug auf den Frakturmodus gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Versuchsgruppen mit tiefen und flachen Läsionen; jedoch zeigten Zähne mit flachen Läsionen mehr reparable Frakturen als Zähne mit tiefen Läsionen. Schlussfolgerung: Unter einer Restauration belassenes demineralisiertes Dentin verringerte nicht die Frakturresistenz von Zähnen in vitro. Die Tiefe der zu behandelnden Läsion scheint jedoch einen Einfluss auf die Frakturresistenz von selektiv und vollständig exkavierten Zähnen zu haben. Unklar bleibt die Auswirkung der erhöhten Höckerdehnung von selektiv exkavierten Zähnen, z.B. auf die Randdichtigkeit der Restauration.
Objectives: Incomplete excavation reduces the risk of pulpal complications, but doubts remain regarding the mechanical properties of incompletely excavated teeth. Remaining carious dentine is suspected to not sufficiently support the restoration and to reduce bond strengths between the tooth and the restoration, with effects possibly varying depending on the depth of the remaining caries lesion. This study investigated fracture resistance (FR) and cuspal deflection (CD) of premolars after leaving or removing demineralized dentine in vitro. Methods: In 48 premolars, shallow and deep artificial lesions (depths [mean ± SD] of 64 ± 18 µm and 771 ± 176 µm) were created on pulpo-axial walls of standardised mesial- distal-occlusal cavities. Demineralized dentine was either removed or left before adhesively restoring the tooth (n = 12/group). Restored teeth were submitted to thermo-mechanical cycling. CD was subsequently measured at loads of 200 N and 400 N, and teeth submitted to occlusal-perpendicular loading until fracturing occurred. Results: FR was not significantly different between teeth with or without remaining demineralized dentine regardless of the lesion depth (p > 0.30, t-test). Irrespective of the removal technique, teeth with deep lesions showed significantly decreased FR (p ≤ 0.001). In contrast, CD was significantly increased in teeth with remaining demineralized dentine compared with completely excavated teeth (p ≤ 0.05; Mann–Whitney test). Conclusions: Remaining demineralized dentine did not significantly decrease the fracture resistance of premolars in vitro. Effects of increased cuspal deflection on restoration margins should be assessed. This study showed no indication that incomplete excavation increases the risk of non-pulpal complications. Clinical significance: Incomplete caries removal seems suitable to treat especially deep lesions. Leaving demineralized dentine does not seem to affect the fracture resistance of incompletely excavated teeth regardless of the lesion depth." Schwendicke, F., Kern, M., Meyer-Lueckel H., Boels, A., Doerfer, C., Paris, S., Fracture resistance and cuspal deflection of incompletely excavated teeth. J Dent, 2014. 42(2): p. 107-13.