Die neue, verstärkt politische Überzeugung, sich als ein der Gesellschaft nützender Künstler darzustellen, hatte der 1926 geborene Komponist Hans Werner Henze dringende Bedürfnisse nach Veränderung und beschäftigte sich zuerst intensiv mit direkten politischen Tätigkeiten seit dem Jahr 1966. Seine musikästhetische Idee der „musica impura“ bot ihm dann die Grundlage, über eine neue Art von Musik nachzudenken. Von den Formgedanken der traditionellen Oper befreit, schuf Henze eine neue Form von Bühnenwerken. Dies war nicht nur eine der wichtigsten Errungenschaften des Erneuerungsversuchs aus den ersten zehn Jahren seiner Politisierung, sondern stellte auch gleichzeitig das zentrale Ergebnis seines Experimentiergeistes dar. Die neue Form fand Henze insbesondere in seinem Konzept action music. Unter diesem Begriff versteht man politische Texte, Aktion, Musik und Inszenierung, die in eine kompositorische Einheit gebracht werden. Es entstand eine von action music geprägte Reihe von Bühnen-Kompositionen, insbesondere fünf Werke bis 1976, deren experimentelle Stärke von Werk für Werk unterschiedlich intensiv erschien. In der vorliegenden Untersuchung wird zuerst die Frage gestellt, welche Vorstellungen Henze von der Musik während seines geistigen Wandels hatte. Aus diesem Grund wird sein Weg zu einer neuen Form in zwei Richtungen, geistig und musikalisch, verfolgt. Zweitens stellt sich eine noch tiefgreifendere Frage, nämlich aus welcher formellen und inhaltlichen Vorstellung der Begriff action music konzipiert wurde und wie Henze das Konzept in seinen Werken kompositorisch umsetzte. Es werden die Definition des Begriffs und die Merkmale des Konzepts, die man in allen fünf erwähnten Werken beobachten kann, erläutert. Darüber hinaus liegt das Interesse der vorliegenden Arbeit in der analytischen Untersuchung der Werke aus den 60er und 70er Jahren insbesondere unter dem Aspekt der neueren Bühnenkonzeption, mit der Henze intensiv experimentierte, und auf deren Entwicklungsmöglichkeiten er sich parallel zu seinem geistigen Wandel konzentrierte. Daher werden die fünf Kompositionen jeweils für sich analytisch untersucht. Zum Schluss soll die musikwissenschaftliche Antwort auf diese Fragen die Bedeutung und Wichtigkeit des Konzepts action music in Henzes künstlerischem Schaffen aufzeigen und darüber hinaus die Position der Komposition in der Musikgeschichte zur Diskussion stellen.
The new, strengthened political conviction to prove himself as a useful composer for his society motivated the composer Hans Werner Henze, born in 1926. He had an urgent longing for change, starting, therefore, his intense involvement directly with political undertakings in 1966. The leading musical aesthetic, “musica impura”, offered him the basis for which to conceptualize a new sort of music. Freed from the form of the traditional opera, Henze created a new form of stage art. This remains not only as an important achievement in his process of improving his art in the first ten years after his politicization, but it is, at the same time, the central result of his experimental intellect. Henze’s new form adhered particularly to the concept of action music, a term defining works in which political texts, action, music, and staging are all brought together by the musical composition. Through this, a series of stage compositions came in to being, particularly five works composed before 1976, whose experimental strength, work for work, has a varying intensity. The following investigation first asks what vision Henze had of his music during his intellectual development. From this, the research will look at his path to the new form from two angles: intellectual and musical. Second, it will examine the deeper question as to the original formulas and substantive understanding from which the term action music was conceptualized, and how Henze implemented these in his compositions. This work will endeavor to clarify the definitions of the terms and the characteristics of the concepts that one finds in all five of the afore-mentioned works. Further, the interest of the present research lies in the analytical investigation of the compositions, particularly within the aspect of the newer stage conception of the 1960s and 70s, with which Henze experimented intensively. In fact, his intellectual development paralleled his concentration on the developmental possibilities of these stage concepts. Because of this, each of the five compositions will be individually analyzed. In the end, the answer to these questions should show the meaning and importance of Hanzes artistic creation, and, further, present his position in music history for deeper discussion.