Protozoen erfüllen eine Schlüsselfunktion im mikrobiellen Nahrungsnetz und sind wesentlich an den natürlichen Abbau- und Remineralisationskreisläufen beteiligt. Sie bilden das entscheidende Bindeglied zwischen Bakterien und kleinen Vielzellern. Durch ihre Fraßaktivität kontrollieren sie den Bestand an Bakterien. Aber nicht nur in der „natürlichen Selbstreinigung“, sondern auch im technischen Prozess der Abwasserbehandlung ist ihre Anwesenheit eng mit dem Reinigungserfolg verbunden. Von ihrer Filtrationsleistung hängt ab, ob und inwieweit Einzelbakterien ausfiltriert werden und die eigentliche Klärung des Abwassers (Enttrübung) erfolgt. Trotz der Bedeutung der Einzeller für die Abwasserreinigung existierte bisher noch kein Test, der für diesen typischen Expositionspfad umweltrelevanter Schadstoffe Aus¬sagen zu ökotoxikologischen Effekten gegenüber der funktionell wichtigen Gruppe der Protozoen ermöglichte. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Test entwickelt, der die Phagozytoseaktivität der Protozoen im Belebtschlamm erfasst. Die Fraßleistung der Einzeller wird anhand des Verbrauchs bakterieller Suspensionen über einen Zeitraum von 22 Stunden bei 22°C mit photometrischen Methoden ermittelt. Die Phagozytoseaktivität ist stark temperaturabhängig und eng an die Belebtschlammflocken gebunden; pro Stunde werden durchschnittlich etwa 0,36∙108E.coli-Zellen/mL bei einer Be-lebtschlammkonzentration von 1 g/L (TG) verbraucht. Die durchschnittliche Pha-gozytoseaktivität verändert sich mit den Jahreszeiten, aber auch innerhalb aufei-nanderfolgender Tage sind deutliche Schwankungen zu beobachten. Für eine erfolgreiche Testdurchführung wurden verschiedene Rahmenbedingungen festgelegt, die das Verhältnis von eingesetztem bakteriellen Substrat zu Be-lebtschlamm betreffen sowie Angaben über Verdünnungsmedien, Durchmischung der Proben und geeignete Testgefäße enthalten. Anhand von 27 Testchemikalien mit unterschiedlichen physiko- chemischen Eigen-schaften und verschiedenen Wirkmechanismen wurde das Testsystem zur Über-prüfung der Anwendungsbreite, der Zuverlässigkeit sowie seiner Nachweisemp-findlichkeit validiert. In 26 Fällen konnten EC50-Werte ermittelt werden. Die ökoto-xikologische Klassifizierung der Chemikalieneffekte entspricht dem typischen Wirkmuster narkotischer, reaktiver und spezifischer Wirkung. Ein Vergleich mit Literaturdaten ergab, dass sich die Toxizität der Substanzen in guter Näherung (R2=0,885, n=19) mit Wirkungen auf die Phagozytoseaktivität des Ciliaten Tetra-hymena vergleichen lässt. Bei nur 3 von 19 Vergleichssubstanzen entsprechen sich die Wirkprofile nicht. Keine Korrelation ergibt sich bei der Gegenüberstellung der EC50-Werte mit Werten des OECD-Standardtests zur Erfassung von Chemikalienef-fekten auf Belebtschlamm. Eine Testvorschrift wurde in Form einer ‘Standard Operating Procedure‘ (SOP) entworfen, die alle wesentlichen Arbeitsschritte umfasst und konkrete Angaben zur Durchführung und Auswertung des Tests enthält.
Protozoa not only play an important ecological role in the self-purification and matter cycling of natural aquatic ecosystems, but also in the artificial system of sewage treatment plants. Especially the feeding of ciliates on bacteria improves the treatment, resulting in higher transparency, i.e. lower organic load in the output water of the treated wastes. Although vital for the functioning of sewage treatment plants, protozoa are presently not covered by the currently standardized ecotoxicological test systems. To overcome this shortcoming, a test method has been developed in this thesis to assess chemical effects towards protozoa in activated sludge. The integrity of the native protozoan populations is monitored by their ability to take up suspended bacteria. The decrease in prey concentration is followed by photometric means over a time period of 22 hrs at 22°C. The measured phagocytotic activity is highly temperature sensitive and closely associated to sludge flocs. On average, 1 g/L (dw) of activated sludge consumed about 0.36∙108E.coli-cells/mL∙h. Phagocytosis does exhibit seasonal variations in activated sludge, but there are also substantial fluctuations within the week. A framework of technical criteria and requirements is provided specifying basic conditions for the reliable performance of the method such as appropriate food to sludge ratios, acceptable dilution waters and suitable test vessels. The test was validated on the basis of a test set of 27 chemicals covering a wide range of different physico-chemical properties and modes of action to verify the range of applications, its robustness and sensitivity towards chemicals. In all but one case EC50-values could be obtained. Effect concentrations of test chemicals could be classified according to their predicted narcotic, reactive and specific mode of action. Toxicities in activated sludge compare well with reported findings from a phagocytosis inhibition test using the ciliate Tetrahymena (R2=0,885, n=19). Only three chemicals produced different results. No correlation could be found between the EC50-values and data from the OECD respiration inhibition test, reflecting effects on bacteria in activated sludge.