Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Verbindung zwischen dem hetero- und polygenen Erbgang der Schizophrenie einerseits und der Komplexität des rein klinisch definierten uneinheitlichen Phänotyps dieser Erkrankung andererseits leisten. Dazu dient ein als Krankheitskorrelat gewerteter und neurobiologisch definierter Endophänotyp (Beta- Frequenzbänder des Ruhe-EEG), der vermutlich direkter und stärker als der Phänotyp selbst den Einfluss eines einzelnen, aus anderen Studien bereits bekannten Polymorphismus (SNP rs279845 im GABRA2-Rezeptorgen auf Chromosom 4) abbildet. Die Charakteristika des Ruhe- EEG erfüllen fast alle Voraussetzungen für neurobiologische Krankheitsmarker und stellen somit geeignete Kandidaten für Endophänotypen dar. Eine Reihe von Untersuchungen zeigten, dass sich im Ruhe-EEG schizophrener Patienten mehr Beta-Aktivität ableiten lässt als bei gesunden Probanden. In anderen Untersuchungen mit alkoholabhängigen Patienten wurde ein Zusammenhang zwischen der bei alkoholkranken Patienten ebenfalls vermehrt auftretenden Beta-Power des Ruhe-EEG und einem Einzelnukleotid-Polymorphismus (SNP) rs279845 festgestellt. Die durch den SNP rs279845 verursachten Genotypvariationen (A/A, A/T oder T/T) im GABRA2 Rezeptorgen können das Gleichgewicht zwischen Erregung und Hemmung modulieren und so zu unterschiedlich starker Aktivität der Beta- Frequenzen führen. In diese Studie wurden 110 Patienten aus dem schizophrenen Formenkreis (F20-F25) und 343 gesunde Probanden eingeschlossenen. Bei allen erfolgte eine elektrophysiologische Untersuchung, in der der Anteil absoluter Powerwerte des gesamten Beta-Frequenzbandes über den Elektroden F3, Fz und F4 berechnet wurde. Zudem erfolgte eine DNA-Analyse, in der mittels einer RT-PCR explizit nach dem SNP rs279845 auf dem GABRA2-Gen und den sich daraus ergebenden möglichen Genotypen gesucht wurde. Die Daten wurden statistisch (Hauptanalyseverfahren: Multifaktorielle Kovarianzanalyse (MANCOVA)) auf eine Assoziation zwischen den Genotypen des SNP rs279845 und der Power im Beta- Frequenzband geprüft. Die Beta-Power wurde in drei Frequenzbänder (Beta 1-3) unterteilt und diese als abhängige Variablen festgelegt. Als unabhängige Variablen (Faktoren) wurden zum einen die Eigenschaft ‚Gruppe’ (Patienten und Probanden) und zum anderen die Eigenschaft ‚Genotypen’ des SNP rs279845 (A/A, A/T, T/T) definiert. Alter, Geschlecht und Medikation wurden als Kovariaten in die Berechnung mit aufgenommen. 1\. Hypothese: Das Ruhe-EEG bei schizophrenen Patienten zeigt über frontalen Hirnregionen (an den Elektroden F3, Fz und F4) mehr Beta-Power als bei gesunden Probanden. Übereinstimmend mit den Ergebnissen anderer Studien konnten auch bei den schizophrenen Patienten dieser Arbeit höhere Powerwerte in den drei Beta-Frequenzbändern abgeleitet werden als bei den gesunden Kontrollen. In der MANCOVA wurde ein signifikanter Gesamteffekt des Faktors ‚Gruppe’ auf alle drei Beta-Frequenzbänder sichtbar und auch in dem Test der Zwischensubjekte stellten sich signifikante Einzeleffekte auf jedes der drei Beta-Frequenzbänder dar. Die (ungewichteten) Mittelwerte der Beta-Frequenzbänder wiesen bei den schizophrenen Patienten höhere Mittelwerte auf als bei den gesunden Kontrollen. 2\. Hypothese: Es gibt einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Genvarianten des Einzelnukleotid-Polymorphismus (SNP) rs279845 (A/A, A/T, T/T) und den Powerwerten der drei Beta-Frequenzbänder (Endophänotypen) über frontalen Hirnregionen (an den Elektroden F3, Fz und F4). Der homozygote Genotyp A/A des SNP rs279845 zeigte in der statistischen Überprüfung bei allen drei Beta- Frequenzbändern die höchsten Randmittelwerte, der homozygote Genotyp T/T die zweithöchsten und der heterozygote Genotyp A/T die niedrigsten Werte. Dabei wiesen die Individuen mit dem selteneren homozygoten Genotyp A/A die höchsten Werte im langsamen Beta 1-Frequenzband auf. Somit werden messbare EEG- Veränderungen im Beta-Frequenzband mit größter Wahrscheinlichkeit bei eben diesem Genotyp auftreten. 3\. Explorative Fragestellung: Ist die Häufigkeitsverteilung der Genvarianten des Einzelnukleotid-Polymorphismus (SNP) rs279845 bei den schizophrenen und gesunden Studienteilnehmergruppen unterschiedlich? Die allgemeine Genotypenverteilung (A/A, A/T, T/T) der Stichprobe aus schizophrenen und gesunden Teilnehmern befand sich im Hardy- Weinberg-Equilibrium (HWE), war also innerhalb der Gruppen statistisch ausgeglichen. Auf dieser Grundlage konnte ein möglicher Interaktionseffekt der Kombination aus den Faktoren ‚Genotypen’ und ‚Gruppe’ auf die Beta- Frequenzbänder mit Hilfe einer Interaktionsrechnung (Genotypen*Gruppe) in der MANCOVA getestet werden. Diese Berechnung ergab keinen signifikanten Interaktionseffekt. Zusammengefasst liefert die vorliegende Arbeit Hinweise auf Effekte der einzelnen Faktoren ‚Gruppe’ (schizophrene und gesunde) und ‚Genotypen’ des SNP rs279845 auf die Beta- Frequenzbänder (Endophänotypen). Zudem wurde ein Einfluss von Alter und Geschlecht auf die Beta-Power beobachtet. Ein direkter statistischer Zusammenhang zwischen Genotyp und Phänotyp im Sinne der explorativen Fragestellung konnte nicht bekräftigt werden. Ein wichtiger Limitationsfaktor für eine neurogenetische Betrachtung ist die dafür eher geringe Fallzahl (453 Teilnehmer), die die Interpretation der Ergebnisse erschwert. Insgesamt jedoch bestätigt die vorliegende Arbeit den aktuellen Stand der Forschung in der Hinsicht, dass Differenzen in der Expression oder Funktion des GABA-A Rezeptors über eine Modulierung der neuronalen Exzitation bei der Generierung der Beta-Aktivität eine zentrale Rolle spielen.
This association study builds on research demonstrating that schizophrenic patients have increased beta activity compared to healthy subjects. Moreover, huge collaborative studies investigating alcoholic patients showed that the increased beta power of these patients in resting electroencephalogram (EEG) is linked to GABA-A receptor genes. More specifically research in this field identified an association of increased beta power with a single nucleotide polymorphism (SNP) rs279845 in the GABRA2 receptor gene. The SNP rs279845 is located on chromosome 4; it replaces the DNA base adenine to thymine, and implicates three genotypic variations A/A, A/T, T/T. Therefore, this work tested the hypothesis whether a variation of the GABRA2 receptor gene is associated with an increase of beta power in the resting EEG. The beta power is used as a neurophysiological marker of schizophrenia (endophenotype). This endophenotype is considered to be determined by fewer genes than the phenotype schizophrenia. This study includes 110 schizophrenic patients and 343 healthy subjects. From each participant a 5 minutes resting EEG was recorded and the genotype was determined by common DNA analyses. Schizophrenic patients show significantly increased beta power compared to healthy subjects. MANCOVA yields a significant effect of the GABRA2 receptor genotypes on the beta power (endophenotype). However, there is no evidence for an interaction between the genotype (GABRA2) and the phenotype (schizophrenia). The findings support that the beta activity involves GABAergic neurotransmitter systems, in particular GABRA2 genotypes. The GABRA2 genotypes and the corresponding SNP rs279845 as schizophrenic susceptibility genotypes should be investigated in further neurogenetic studies with a larger number of subjects.