Hintergrund und Zielsetzung Die Arbeitssituation von Ärzten steht gegenwärtig im Fokus der Öffentlichkeit. Gleichwohl haben wenige Untersuchungen die Arbeit von Klinikärzten objektiv analysiert. Es wurde dabei unter anderem ein Rückgang an Zeit für Gespräche mit dem Patienten festgestellt. In der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie bildet die Kommunikation jedoch den Grundbestandteil der Arbeit mit dem Patienten und ist darüber hinaus Voraussetzung für ein multipersonelles Arbeiten im Team. Das Arbeitsgebiet Psychosomatik ist aufgrund der Abdeckung von somatischen und psychischen Behandlungsaspekten durch eine hohe Varianz an Tätigkeiten gekennzeichnet. Des Weiteren weisen Studien in der Psychosomatik besonders hohe Arbeitsanforderungen nach. Ziel der vorliegenden Studie war es deshalb, anhand einer Tätigkeitsanalyse das umfassende Feld der Psychosomatik erstmalig objektiv zu erfassen, um die Zeitanteile und die Bedeutung der Kommunikation im Arbeitstag von Ärzten und Psychologen zu ermitteln. Ferner wurden die Anforderungen, Ressourcen und die Arbeitszufriedenheit in diesem Fachgebiet erfragt, um einen Einblick in subjektive Faktoren der Arbeitssituation zu erhalten. Methodik Mithilfe einer objektiven Tätigkeitsanalyse wurden 60 Arbeitstage von 20 Ärzten und Psychologen in stationär psychosomatischen Fachabteilungen erfasst. Um der Komplexität des Tätigkeitsfeldes gerecht zu werden, wurden drei Untersuchungsgruppen gebildet: Ärzte mit internistischem Schwerpunkt (Ä1), Ärzte mit psychotherapeutischem Schwerpunkt (Ä2) und Psychologen (P). Nach dem Literaturstudium wurde ein Tätigkeitskatalog erstellt, der die einzelnen Tätigkeiten in Ober- und Unterkategorien aufgliederte. Die Tätigkeitsanalyse wurde durch einen Beobachter computerbasiert durchgeführt und ermöglichte eine zeitgenaue Erfassung. Die Reliabilität der Methodik wurde geprüft. Außerdem wurden Fragebögen an die Ärzte und Psychologen ausgeteilt, die auf Grundlage von Skalen aus dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) und aus dem Fragebogen zur Selbstwirksamkeit- Optimismus- Pessimismus (SWOP- K9) erarbeitet wurden. Ergebnisse Die Tätigkeitsanalyse wies eine deutlich unterschiedliche Verteilung der Tätigkeiten zwischen den Untersuchungsgruppen auf. Die Untersuchungsgruppen P und Ä2 verzeichneten die höchsten Zeitanteile in der Kategorie Therapie (P: M= 40,27%, 95%- KI 31,96%- 48,59%; Ä2: M= 31,08%, 95%- KI 20,19%- 41,97%). Weitere wesentliche Zeitanteile waren in den Kategorien Besprechung mit Kollegen und Administration/ Dokumentation anzutreffen. Die Untersuchungsgruppe Ä1 zeigte hingegen die höchsten Zeitanteile in den Kategorien Administration/ Dokumentation (M= 24,27%, 95%- KI 17,14%- 31,41%), Besprechung mit Kollegen und der Krankenvisite. Psychotherapie war hingegen in der letztgenannten Gruppe (Ä1) nur mit äußerst geringen Zeitanteilen nachzuweisen. Hinsichtlich der Zeitanteile für Kommunikation fand sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Untersuchungsgruppen (chi²= 12,41; df= 2; p< .01). Während in den Untersuchungsgruppen Ä2 und P fast zwei Drittel des Arbeitstages an Kommunikation zuzuordnenden Tätigkeiten anzutreffen waren, wies die Gruppe Ä1 einen deutlich geringeren Zeitanteil auf. Dabei unterschieden sich insbesondere die Zeitanteile für Kommunikation mit dem Patienten (chi²= 11.17; df= 2; p< .01). Die Untersuchungsgruppen Ä2 und P fanden hauptsächlich im Rahmen der Psychotherapie den Kontakt zum Patienten, die Gruppe Ä1 wies hingegen in der Visite die höchsten Zeitanteile für Patientenkommunikation auf. Für die Kommunikation mit Kollegen fanden sich ebenfalls Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen, hier zeigte die Gruppe P einen geringeren Zeitanteil gegenüber den Gruppen Ä1 und Ä2. Die Fragebogenanalyse wies ein weites Spektrum an Anforderungen und Ressourcen der in der Psychosomatik tätigen Ärzte und Psychologen nach. Es wurden dabei insbesondere die sehr hohen emotionalen Anforderungen angegeben. Ferner wurde der eigenen Arbeit eine hohe Bedeutung zugesprochen und ein ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl angeführt. Die Arbeits- und Lebenszufriedenheit wurden mit Werten im mittleren Bereich erfasst. Dabei zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und den Zeitanteilen für die Patientenkommunikation. Schlussfolgerung Anhand der objektiven Analyse wurden erstmals die Tätigkeiten von Ärzten und Psychologen in der stationären Psychosomatischen Medizin zeitgenau erfasst. Es zeigten sich dabei unterschiedliche Schwerpunkte der Tätigkeiten, resultierend aus dem umfassenden Behandlungsangebot. Die Kommunikation in diesem Fachgebiet wies in der psychotherapeutischen Arbeit mit dem Patienten den größten Stellenwert nach. Für überwiegend internistisch arbeitende Ärzte lag hingegen der Schwerpunkt der Kommunikation mit dem Patienten in der Visite. Ferner wurde die Kommunikation mit anderen Teammitarbeitern ihrem Anspruch, die Voraussetzung für ein multipersonelles Konzept zu bilden, nur gerecht. In den Ergebnissen der Kommunikationsanalyse spiegelt sich demnach die Heterogenität des Fachs wider. Das Gebiet Psychosomatische Medizin zeigte überdies insgesamt hohe Arbeitsanforderungen, durch die therapeutische Arbeit waren insbesondere hohe emotionale Anforderungen von Bedeutung. Gleichwohl kann die aus der therapeutischen Arbeit resultierende hohe kommunikative Ausprägung der Psychosomatik als positive Ressource gewertet werden. Die erhobenen Daten geben einen Einstieg zur Diskussion von Arbeitsgestaltungsprozessen in der psychosozialen Medizin. Von weiterführendem Interesse wäre eine Miteinbeziehung der Auswirkungen der Arbeitssituation von Ärzten auf die Qualität der Patientenbehandlung in der Psychosomatik.
Background/ Objectives Working conditions of physicians are currently the focus of public interest. Nevertheless, few studies have analysed the work of clinical doctors objectively. One result of these studies is that there is less time for communication with patients. In psychosomatic medicine and psychotherapy, communication represents a basic element for the treatment of patients and is the pre-condition of teamwork. As both somatic and psychotherapeutic treatment are combined in psychosomatics, doctors have to cover a variety of tasks. Furthermore, a high workload is characteristic for psychosomatics. The objective of this study is to analyse the workflow of physicians and psychologists working in psychosomatic medicine to determine objective data of the significance of communication in this field. Moreover, demands, resources and work satisfaction were examined to determine subjective aspects of workload. Methods On the basis of a computer- based work programme, an observer assessed 60 workdays of 20 physicians and psychologists in in- patient psychosomatic departments. Three different groups were set up to reflect the complexity of tasks in psychosomatics: physicians focussing on internal medicine (Ä1), physicians focussing on psychotherapy (Ä2) and psychologists (P). After studying the current literature, a catalogue of tasks was developed, which subdivided the tasks into main and secondary categories. The interobserver reliability was proved. Additionally, questionnaires were distributed among the physicians and psychologists. The questionnaire was composed of scales from the Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) and from the questionnaire of self-efficiency, optimism and pessimism (SWOP- K9). Results The task- analysis showed a difference in distribution of tasks among the observed groups. In groups P and Ä2, psychotherapy was recorded with the highest time slices (P: M= 40.27%, 95%- KI 31.96%- 48.59%; Ä2: M= 31.08%, 95%- KI 20.19%- 41.97%). Other frequent tasks fell under the categories internal communication and administration/ documentation. In group Ä1, the most frequent tasks belong under the categories administration/ documentation (M= 24.27%, 95%- KI 17.14%- 31.41%), internal communication and ward rounds. Psychotherapy only took up a small amount of time slices. Concerning the time devoted to communication, a considerable discrepancy was revealed between the groups (chi²= 12.41; df= 2; p< .01). In groups Ä2 and P, nearly two- thirds of the workday were spent with communication, group Ä1 presented much lower time slices. In this connection the difference was distinct regarding the time spent on communication with patients (chi²= 11.17; df= 2; p< .01). As for groups Ä2 and P, most of the communication with patients took place during psychotherapy whereas in group Ä1 most of the communication took place during the ward rounds. The time slices for communication with medical staff showed further differences: the group of psychologists (P) had a lower time slice than groups Ä1 and Ä2. The results of the questionnaire revealed a wide range of requirements and resources among physicians and psychologists working in psychosomatics. The high emotional requirements were pointed out in particular. Further, physicians and psychologists attached special significance to their own work and to a high sense of community. Job and life satisfaction were given mean value levels. Conclusion For the first time the various tasks of physicians and psychologists working in psychosomatic medicine were recorded in real time. Different priorities concerning the work were revealed, representing the broad spectrum of therapeutical treatment in psychosomatics. Physicians focussing on psychotherapy spent the largest amount of time on communication with patients. On the other hand, communication during ward rounds constituted the main type of contact with the patient for physicians focussing on internal medicine. Further, the high amount of communication with other medical personnel provided a basis for the mulitpersonal treatment in psychosomatics. Therefore, the analysis of communication reflects the heterogeneity in this field. Another result was that there are high requirements in psychosomatic medicine, particularly high emotional requirements directly related to psychotherapy. At the same time, the importance of communication in this medical field can serve as yet another resource. The study lays the foundations for a discussion about job design models in psychosocial medicine. Further studies could put more emphasis on the consequences of the physicians' working conditions on the quality of care.