Die in dieser kumulativen Habilitationsschrift zusammengefassten Arbeiten beschäftigen sich mit prognostischen Markern in der Epileptologie, ihrem Einfluss auf die Diagnosestellung einer Epilepsie sowie den sich daraus ergebenden therapeutischen Konsequenzen.
In einer ersten Arbeit konnte gezeigt werden, dass klinische Parameter bei der Identifizierung akut-symptomatischer Anfälle in der Notaufnahme unterstützend herangezogen werden können. In der Studie mit insgesamt 695 Patient:innen waren drei Variablen unabhängig mit dem Vorliegen akut-symptomatischer Anfälle assoziiert: männliches Geschlecht, keine vorherige Diagnose einer Epilepsie sowie eine bilaterale oder generalisiert tonisch-klonische Anfallssemiologie. Ein Alkoholentzug war mit Abstand die häufigste Ursache akut-symptomatischer Anfälle, gefolgt von hämorrhagischen Schlaganfällen, die die häufigste Ätiologie strukturell-bedingter akut-symptomatischer Anfälle ausmachten.
In zwei Arbeiten wurden grenzwertige Befunde in der Abgrenzung von Epilepsien und in der Neuroprognostik untersucht:
In einer Meta-Analyse entsprechend der ‚PRISMA guidelines‘ wurde nachgewiesen, dass bei Patient:innen mit epileptischen Anfällen Läsionen der weißen Substanz mutmaßlich vaskulärer Genese gehäuft auftreten. Dabei sind Prävalenz und Schweregrad – nicht aber das Volumen der ‚white matter lesions‘ – unabhängig mit dem Vorliegen epileptischer Anfälle assoziiert, was auf eine hervorgehobene Bedeutung der Lokalisation der ‚white matter lesions‘ hindeutet.
Neben ‚white matter lesions‘ im MRT wurde mit periodischen EEG-Veränderungen nach Reanimation ein weiterer diagnostischer Marker analysiert. In einer Studie über EEG-Veränderungen bei Patient:innen mit hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie wurde untersucht, wie auch ein spätes EEG – durchgeführt 5-14 Tage nach Reanimation – in der Neuroprognostik herangezogen werden kann. Der Nachweis generalisierter periodischer Entladungen (GPDs) bei supprimierter Hirnaktivität war mit einer falsch-positiven Rate von 0 der sicherste EEG-Prädiktor für ein ungünstiges Outcome. Die Identifikation einer Patientin mit günstigem Outcome bei vollständig supprimierter EEG-Aktivität ohne generalisierte periodische Entladungen unterstreicht die Notwendigkeit eines multimodalen Ansatzes in der Neuroprognostik.
In einer weiteren Arbeit wurden Epilepsien ischämischer Genese näher untersucht: In einer Analyse von 595 Patient:innen wurde festgestellt, dass Post-Stroke Epilepsien eine bessere Prognose hinsichtlich des Erlangens von Anfallsfreiheit unter Medikation haben als fokale Epilepsien anderer oder unbekannter Ätiologie. Diese bessere Prognose war dabei nicht Folge einer intensiveren medikamentösen Therapie. Patient:innen mit einer Epilepsie aufgrund eines ischämischen Schlaganfalls hatten die geringste Medikationslast, was das gute Ansprechen von Epilepsien dieser Ätiologie auf anfallssuppressive Medikation unterstreicht.
Wie in der klinischen Praxis mit Epilepsien, die gut auf anfallssuppressive Medikation ansprechen, verfahren wird, war Gegenstand der letzten vorgestellten Arbeit. Hier wurde gezeigt, dass ein Großteil der mehrjährig anfallsfreien Patient:innen ihre Medikation unverändert fortsetzt. Trotzdem erscheint die Erörterung eines Absetzversuchs immer lohnenswert. Denn diese wurden zu jedem Zeitpunkt der Anfallsfreiheit versucht. Sie waren am häufigsten bei Patient:innen mit einer anfallsfreien Zeit von ≥ 10 Jahren. Die unveränderte Fortführung der anfallssuppressiven Medikation war unabhängig assoziiert mit bilateral tonisch-klonischen oder generalisierten Anfällen, vorangegangenen sporadischen Anfallsrezidiven, gescheiterten Absetzversuchen sowie mit einer höheren Dosierung der anfallssuppressiven Medikation.