Based on three empirical studies, the present dissertation examines which religious and school-related characteristics contribute to the gender role attitudes of adolescents as well as whether the individual gender role attitude can partially explain existing gender-specific proficiency differences of adolescents in typically female and male school domains. Study 1 examined whether affiliation with a particular religion and a higher level of individual religiosity are associated with more traditional gender role attitudes. The analyses, based on data from the National Educational Panel Study (NEPS), revealed that Catholic and Muslim adolescents as well as highly religious adolescents tend to have more traditional gender role attitudes than Protestant and less religious adolescents. Furthermore, adolescents’ gender had a large effect: boys exhibited more traditional gender role attitudes than girls. Study 2 investigated which school-related characteristics are relevant for adolescents’ gender role attitudes and if these relations differ between the genders. Using NEPS-data, the results showed that the average gender role attitudes of the classmates and adolescents’ individual gender role attitudes were substantially related: the more egalitarian classmates’ average gender role attitudes, the more egalitarian the individual gender role attitudes. This relation was stronger for boys than for girls. The other examined school characteristics (e.g., attended school type, gender composition of the class) did not turn out to be of relevance. While Study 1 and 2 focused on gender role attitude as a dependent variable, in Study 3 it served as an independent variable of the achieved proficiencies in the typically female domain reading and the typically male domain mathematics. Based on PISA-data (Programme for International Student Assessment), the results showed that egalitarian gender role attitudes are associated with higher proficiency scores for boys and for girls in both domains. Furthermore, girls particularly benefited from an egalitarian gender role attitude in both domains.
Die vorliegende Dissertation umfasst drei empirische Teilstudien, in denen untersucht wird, welche religiösen und schulischen Kontextmerkmale zur Geschlechterrollenorientierung von Jugendlichen beitragen und ob die Geschlechterrollenorientierung einen erklärenden Beitrag zu den geschlechterdifferentiellen Kompetenzunterschieden in weiblich und männlich konnotierten Domänen leisten kann. In Teilstudie 1 wurde überprüft, ob die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion sowie eine hohe individuelle Ausprägung der Religiosität mit einer eher traditionellen Geschlechterrollenorientierung zusammenhängt. Die Analysen mit Daten des Nationalen Bildungspanels ergaben, dass katholische und muslimische Jugendliche sowie religiöse Jugendliche eine eher traditionelle Geschlechterrollenorientierung aufweisen als evangelische und wenig religiöse Jugendliche. Des Weiteren hatte das Geschlecht der Jugendlichen einen bedeutsamen Effekt: Jungen wiesen eine traditionellere Geschlechterrollenorientierung auf als Mädchen. In Teilstudie 2 wurde den Fragen nachgegangen, welche Merkmale der Klasse und Schule für die Geschlechterrollenorientierung von Jugendlichen relevant sind und ob hierbei geschlechterspezifische Unterschiede bestehen. Auch hierzu wurden Daten des Nationalen Bildungspanels herangezogen. Von den untersuchten Merkmalen (z.B. besuchte Schulform, Geschlechterzusammensetzung der Klasse) war in der Gesamtbetrachtung neben dem Geschlecht der Jugendlichen die durchschnittliche Geschlechterrollenorientierung der Klassenkamerad*innen für die individuelle Geschlechterrollenorientierung relevant. Je egalitärer die Klassenkamerad*innen eingestellt waren, desto egalitärer war die individuelle Geschlechterrollenorientierung der Jugendlichen. Dieser Zusammenhang war für Jungen stärker als für Mädchen. Während die ersten beiden Teilstudien die Geschlechterrollenorientierung als abhängige Variable betrachteten, wurde sie in Teilstudie 3 als unabhängige Variable der erreichten Kompetenzen in der typisch weiblich geltenden Domäne Deutsch-Lesen und in der typisch männlich konnotierten Domäne Mathematik beleuchtet. Die Ergebnisse auf Basis von PISA-Daten (Programme for International Student Assessment) zeigten, dass eine egalitäre Geschlechterrollenorientierung mit höheren Kompetenzen in beiden Domänen für Jungen und Mädchen einhergeht. Darüber hinaus profitierten insbesondere Mädchen von einer egalitären Geschlechterrollenorientierung in beiden Kompetenzdomänen. Die Befunde der vorliegenden Arbeit sind nicht nur für die pädagogische Praxis, sondern auch für gesellschaftliche Debatten und Entscheidungen im Hinblick auf die Geschlechtergerechtigkeit von Bedeutung.