Beweisen als ‚Heartbeat of Mathematics‘ (Davis & Hersh, 1981) bietet als zentrale Tätigkeit der Fachmathematik eine Grundlage für die Gestaltung von Mathematikunterricht, wird damit zu einem Themenfeld in didaktischen Perspektiven (Hanna, 1990) und in Verbindung mit den Begriffen Begründen und Argumentieren auch zu einem zentralen Thema im Mathematikunterricht der Grundschule. Um ein authentisches und für die universitäre Ausbildung anschlussfähiges Bild dieser Fachwissenschaft zu vermitteln, sind Begründen, Beweisen, aber auch Argumentieren Bestandteil curricularer und schuldidaktischer Überlegungen. Aus dieser Überlegung heraus ist das mathematische Beweisen, Begründen und Argumentieren auch Bestandteil des Grundschullehramtsstudiums. Um Studierende beim Erwerb einer grundschulrelevanten Beweiskompetenz zu unterstützen, ist es hilfreich, Vorgehensweisen zu identifizieren und hochschuldidaktische Schlussfolgerungen zu ziehen. Aus diesem Erkenntnisinteresse heraus adressiert die vorliegende Studie folgende Forschungsfrage: Welche Strategien werden genutzt, um eine allgemeingültige Begründung eines mathematischen Satzes zu erstellen? Dazu wird in einem ersten theoretischen Teil der Arbeit zunächst die bereits vorhandene Literatur (u.a. Stein, 1986; Boero, 1999; Kirsten, 2021; Balacheff, 1988; Wittmann & Müller, 1988; Harel & Sowder, 1998; Brunner, 2013;2014; Padberg & Büchter, 2015; Knipping, 2003; Toulmin, 2012; Reid & Knipping, 2010) analysiert, synthetisiert und potenziell mögliche Strategien abgeleitet. Begründen wird dabei zum Oberbegriff für das Argumentieren in verschiedenen Ausprägungen (Brunner, 2014) und das formal-deduktive Beweisen. Im zweiten und empirischen Teil der Arbeit werden mit Hilfe des Lauten Denkens und der qualitativen Inhaltsanalyse nach Schreier (2012; 2014) die Vorgehensweisen von Studierenden des Studiengangs Grundschulpädagogik an der FU Berlin nach dem Besuch des Moduls ‚Mathematisches Professionswissen I‘ erhoben und ausgewertet. Das Ergebnis ist eine Kollektion von theoretisch abgeleiteten Strategien, die empirisch ergänzt wurden. Es zeigte sich auch, dass nicht alle Strategien, die sich theoretisch ableiten lassen, auch genutzt werden, einige aber schon. Aus diesen Betrachtungen ließen sich verschiedene weitere Erkenntnisse bezüglich der Vorgehensweisen gewinnen. Es wurde beispielsweise eine Betonung von Strategien beobachtet, die dem Verstehen der Aufgabenstellung und dem Aufbau und der Verknüpfung von Argumenten dienen. Strategien, die darauf abzielen, mit der Lerngruppe oder der mathematischen Community in Kontakt zu treten, wurden hingegen kaum eingesetzt. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Studierenden Strategien anwendeten, die auf einen zirkulären Prozess der Gesamtbearbeitung hindeuten, und dass die Wahl der Strategien von der Struktur und dem Inhalt der Aufgabenstellung abzuhängen scheint. Auffällig war auch, dass die Studierenden häufig einzelne Elemente und Strukturen aus der Vorlesung imitierten. Bei näherer Betrachtung wurde zudem deutlich, dass Beispiele auf unterschiedlichen Darstellungsebenen, aber auch unterschiedliche Darstellungsebenen generell für die Studierenden eine zentrale Rolle im Bearbeitungsprozess spielten.