Patient*innen sind nicht nur durch vorhandene Pathologien, sondern auch durch die zur Behandlung dieser Pathologien notwendigen Maßnahmen spezifischen Risiken ausgesetzt. Perioperativ beinhaltet sowohl der operative Eingriff als auch die für diesen Eingriff notwendigen anästhesiologischen Maßnahmen solche Risiken, welche sowohl das Behandlungsergebnis als auch das Gesamtüberleben der Patient*innen negativ beeinflussen können. Ein spezifisches, durch den operativen Eingriff sowie durch anästhesiologische Maßnahmen beeinflusstes Risiko ist die perioperative Inflammationsreaktion. Sie kann durch Aktivierung von Leukozyten zur Beeinträchtigung des kardiovaskulären Systems und konsekutiven Organdysfunktionen führen und auch selbst durch Dysfunktionen dieser Systeme initiiert und unterhalten werden. Art und Umfang operativer und anästhesiologischer Maßnahmen beeinflusst maßgeblich die Ausprägung dieser Reaktion und damit das perioperative Auftreten von Organschäden. Die hier zusammengefassten wissenschaftlichen Arbeiten sind mit dem Ziel entstanden, das perioperative Risiko mit besonderem Fokus auf die perioperative Inflammation und assoziierte Organschädigungen zu untersuchen. Dazu wurden spezifische Signalwege der perioperativen Inflammation und mögliche Modulatoren dieser Wege bei unvermeidbaren Risiken sowie anästhesiologische Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken der Inflammation und assoziierten Organkomplikationen sowie Ansätze zum Monitoring dieser Risiken untersucht. Ein derartiges perioperatives Risiko ist der kardiopulmonale Bypass mittels HLM, welcher eine perioperative Inflammationsreaktion triggert, aber aufgrund der Notwendigkeit bei spezifischen Eingriffen unvermeidbar ist. Mittels in vitro und in vivo Untersuchungen von HLM und nicht-HLM behandeltem Patientenblut konnten eine HLM verursachte, gesteigerte Leukozyten Aktivierung, assoziiert mit einer gesteigerten Expression von MAC-1 an der Zelloberfläche, identifiziert werden und so als möglicher Modulationsweg der Inflammationsreaktion aufgezeigt werden. In einem weiteren, translationalem Untersuchungsansatz wurde Lidocain als möglicher Modulator der gesteigerten Inflammationsreaktion in der Sepsis untersucht. Hier konnte ein Effekt von Lidocain auf die Inflammationsreaktion durch Reduktion des Leukozyten-Arrest sowie Transmigration mittels verminderter PKC-θ Aktivierung und konsekutiv verminderter LFA-1 Konformitätsänderung als Signalweg gezeigt werden. Im Sinne einer Strategie zur Verminderung oder Vermeidung des Risikos durch beinflussbare anästhesiologische Maßnahmen konnte durch die Einführung eines Sedierungskonzeptes für Hochrisiko-Patient*innen bei interventionellem Mitralklappen Repair gezeigt werden, dass ein Dexmedetomidin basiertes Sedierungskonzept sicher anwendbar ist und zu einem höheren Maß an hämodynamischer Stabilität bei verringertem Norepinephrinbedarf im Vergleich zu einer Allgemeinanästhesie führt. Eine Erhöhung der Kompetenz der Behandelnden stellt ebenfalls eine mögliche Maßnahme zur Risikoreduktion dar. So konnte in einer prospektiv randomisierten Untersuchung zum Erhalt von kardiopulmonalen Reanimationskenntnissen gezeigt werden, dass eine Kombination von Problem basiertem Lernen und high-fidelity Simulation zu einem sowohl kurz als auch längerfristigen Verbesserung von praktischen Fähigkeiten führt. In einem Ansatz zur Echokardiografie als Möglichkeit des nicht-invasiven Monitorings eines spezifischen Organ-Risikos wurde der Verlauf der rechtsventrikulären Beeinflussung durch das SARS-CoV-2 ARDS in Patient*innen der ersten Welle untersucht. Hierbei konnte eine zeitabhängige Assoziation der rechtsventrikulären Funktion mit der ARDS Schwere identifiziert werden. Durch die hier zusammengefassten Arbeiten wurden somit Ansätze aufgezeigt, das perioperative Risiko durch alternative anästhesiologische Maßnahmen zu reduzieren oder durch geeignete Monitoringverfahren konsekutive Organdysfunktionen frühzeitig zu erkennen. Weiterhin wurden spezifische Signalwege der Aktivierung und Beeinflussung der perioperativ unvermeidbaren Inflammationsreaktion identifiziert und so Ansätze aufgezeigt, diese im Sinne einer Risikominimierung zu beeinflussen. Zudem konnte gezeigt werden, dass Behandlungskompetenzen durch etablieren moderner Lernmethoden längerfristig gesteigert werden können. Damit tragen die hier dargestellten Ergebnisse zum besseren Verständnis des perioperativen Risikos mit Fokus auf die Inflammationsreaktion und assoziierten Organschädigungen bei und liefern konkrete Anhaltspunkte für zukünftige Untersuchungen, dieses Risiko weiter zu reduzieren.