Einleitung: Wahrnehmungsbezogene Störungen wie vestibuläre oder visuelle Symptome treten häufig bei Parkinsonpatienten auf. Insbesondere für die Vertikalitätswahrnehmung und die Diplopie sind klinische assoziierte motorische und nicht-motorische Symptome sowie zu Grunde liegende Mechanismen bisher wenig erforscht. Ziel der vorliegenden drei Untersuchungen ist daher die Charakterisierung der Vertikalitätswahrnehmung und der Diplopie im Rahmen der Parkinson-Erkrankung (PD). Methodik: 131 PD-Patienten und 44 gesunde Kontrollprobanden wurden mittels eines strukturierten Interviews zu visuellen Problemen wie Diplopie und deren Ausprägung befragt. Weiterhin wurden von allen Probanden standardisiert motorische und nicht-motorische Symptome erfasst. Bei Vorliegen von Diplopie erfolgte eine ausführliche kognitive Testung, die mit passenden PD-Patienten ohne Diplopie und gesunden Kontrollprobanden verglichen wurde, sowie eine ophthalmologische Untersuchung. In einer weiteren Untergruppe wurde die vestibuläre Wahrnehmung als Abweichung und Variabilität der subjektiven visuellen Vertikale (SVV) mittels des C-SVV Systems elektronisch erfasst und bei diesen Probanden Gang und Stand evaluiert. Ergebnisse: Unter Diplopie litten 29,6% der PD-Patienten. Sie trat intermittierend auf, teils als komplette Szenenverdopplung (51,9%), teils als isolierte Duplikation von Einzelelementen (66,7%). Weiterhin war die Diplopie ein prädiktiver Faktor für das Auftreten von visuellen Halluzinationen (Odds Ratio 3,2). Im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden und PD-Patienten ohne Diplopie zeigten sich kognitive Einschränkungen in den visuell-räumlichen Fähigkeiten und der Objekterkennung, jedoch nicht in der globalen Kognition. Assoziiert war die Diplopie mit heterogenen Mechanismen, darunter Konvergenzinsuffizienz, Strabismus, motorische Fluktuationen und weitere vor allem visuelle nicht-motorische Symptome, wie visuelle Halluzinationen und Verschwommensehen. Bei PD-Patienten zeigte sich eine erhöhte SVV-Abweichung. Es konnte ein Zusammenhang zwischen einem fortgeschritteneren Krankheitsstadium und einer verstärkten SVV-Variabilität aufgedeckt werden. Letztere war zudem mit einem eingeschränkten Gleichgewicht und veränderten Gangbild sowie einer höheren posturalen Instabilität verbunden. Diskussion: Vestibuläre und visuelle Wahrnehmungen sind bei PD-Patienten oft bereits in frühen Erkrankungsstadien gestört. Jedoch zeigen sich in verschiedenen Krankheitsstadien spezifische Ausprägungen, die unterschiedlichen Mechanismen peripherer oder zentraler Verarbeitungsebenen zugeordnet werden können. Aus den mit den Wahrnehmungsstörungen assoziierten motorischen und weiteren nicht-motorischen Symptomen, einschließlich der kognitiven Beeinträchtigungen, ergibt sich eine zusätzliche Belastung für die Patienten. Aus diesem Grund sollten frühzeitig präventiveTherapiemaßnahmen eingeleitet werden.
Introduction: Perceptual disturbances like vestibular or visual symptoms are common in patients with Parkinson’s Disease (PD). Especially for the perception of verticality and diplopia, the associated motor and non-motor symptoms as well as the corresponding mechanisms are scarcely explored so far. Therefore, the aim of the three present studies was to characterize different aspects of verticality perception and diplopia in the context of PD. Methods: 131 PD patients and 44 healthy controls were examined with a structured interview on visual problems, like diplopia, and their characteristics. Motor and non-motor symptoms were evaluated in a standardized way in all subjects. Furthermore, gait and balance were evaluated in these subjects. In presence of diplopia detailed cognitive testing was performed in those subjects. The results were compared to those of matched PD patients without diplopia and healthy controls. A subgroup of PD patients with and without diplopia received an ophthalmologic examination. In another subgroup, vestibular perception was assessed by electronically measuring the deviation and variability of subjective visual verticality (SVV) with the C-SVV system. Results: In the cohort of PD patients 29,6% suffered from diplopia. This was always intermittent, partly complete, as a doubling of the whole scene (51,9%), partly isolated, as a duplication of only single objects (66,7%). Diplopia was a predictive factor for visual hallucinations (odds ratio 3.2). In comparison with PD patients without diplopia they showed limitations in visuospatial function and object detection but not in global cognitive function. Associated mechanisms of diplopia were heterogenous containing convergence insufficiency, strabismus, motor fluctuations, as well as mostly visual non-motor symptoms like visual hallucinations and blurred vision. PD patients had a significantly higher deviation of SVV. An association between an advanced disease stage and an increased variability of SVV was discovered. The latter was associated with impaired balance and altered gait, as well as higher postural instability. Discussion: Vestibular and visual perception is often impaired in PD patients at early stages of the disease. As the disease progresses, different manifestations become apparent, which can be attributed to different mechanisms related to peripheral or central levels of processing. An additional burden for patients results from the associated motor and non-motor symptoms including cognitive deterioration. For this reason, preventive interventions should be initiated at an early stage.