Das Epithel der Darmmukosa wird durch eine einzelne Schicht von Enterozyten gebildet, die apikal durch die Tight Junction (TJ) miteinander verbunden sind. Diverse Studien zeigen, dass eine Störung der TJ-Integrität sowie ein vermehrtes Auftreten von Epithelzellapoptosen zu einer Barrierestörung führen, die durch einen verminderten transepithelialen Widerstand und eine erhöhte Molekülpermeabilität gekennzeichnet ist. Dieses lässt sich bei verschiedensten intestinalen und systemischen Erkrankungen, die mit einer intestinalen Barrierestörung einhergehen, beobachten. Aus der Barrieredysfunktion resultieren ein verstärkter Verlust von Ionen und Wasser (Diarrhö) und eine gesteigerte Translokation von Allergenen, Antigenen und anderen Noxen, die wiederum eine Immunaktivierung und Entzündungsreaktion triggern können. Insbesondere die Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine, wie zum Beispiel TNFalpha oder IL-13, hat eine Verstärkung des Barrieredefekts zur Folge, da diese ebenfalls modulatorisch auf die TJ wirken und Epithelzellapoptosen induzieren können. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Entschlüsselung und Charakterisierung von Pathomechanismen der Barrierestörung einerseits und mit protektiven Mechanismen, die die Barrierefunktion schützen und stärken können andererseits. Die Identifizierung und molekulare Erforschung solcher Mechanismen bildet die Basis, auf der potenziell die Entwicklung neuer, effektiver therapeutischer oder präventiver Interventionen zur Behandlung von Erkrankungen, die mit einer Barrierestörung verknüpft sind, erfolgen kann. Im ersten Teil werden Pathomechanismen der bakteriell induzierten Barrierestörung analysiert. Untersuchungen in einem murinen Infektionsmodell charakterisieren erstmalig einen Pathomechanismus des Durchfallerregers Yersinia enterocolitica im Kolon. Das Bakterium verursacht hier eine Barrierestörung, die auf einer Expressionsminderung der TJ-Proteine Claudin-8, Occludin und Tricellulin und einer fokalen Umverteilung von Claudin-5 und Occludin aus der TJ basiert. Auch für Klebsiella oxytoca, den Erreger der Antibiotika-assoziierten-hämorrhagischen Kolitis, kann im Zell- und Mausmodell eine verminderte Expression und Umverteilung von Claudin-5 und -8 sowie eine Apoptose-abhängige Expressionsminderung von Claudin-1 nachgewiesen werden. Dieser neu identifizierte Pathomechanismus trägt, zusammen mit der bereits bekannten Induktion von Epithelzellapoptosen zur Barrierestörung und Diarrhöentstehung bei. Dem gegenüber steht im zweiten Teil die Analyse protektiver Mechanismen an der epithelialen Barriere durch das Probiotikum Escherichia coli Nissle (EcN), dem Milchprotein Lactoferrin und den Punicallagin-Metaboliten Ellagsäure und Urolithin A. Die Untersuchungen identifizieren das von EcN in den Kulturüberstand sezernierte Protein TcpC, das über die Aktivierung der Signalkinasen PKCzeta und ERK1/2 eine Expressionszunahme des abdichtenden Claudin-14 stimuliert und somit die Barriere stärkt. Lactoferrin zeigt sich einerseits wirksam gegenüber der durch Yersinia enterocolitica hervorgerufenen Barrierestörung, wobei es die durch den Erreger stimulierte Phosphorylierung der JNK hemmt und somit die Expressionsminderung des abdichtenden Caudin-8 verhindert. Andererseits hemmt Lactoferrin durch das proinflammatorische Zytokin TNFalpha induzierte Epithelzellapoptosen. Urolithin A inhibiert hingegen die durch TNFalpha stimulierte Expressionsregulation und Umverteilung der Claudine 1 und 2, wohingegen Ellagsäure die Barrierefunktion per se über eine MLCK-abhängige Expressionsregulation von Claudin-4, -7 und -15 stabilisiert. Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass die epitheliale TJ sowie die Regulation von Epithelzellapoptosen zentrale Angriffspunkte sowohl für Barrierestörung als auch für Bar-rierestabilisierung und/ oder -protektion darstellen. Das Ausmaß und die Spezifität der Ex-pressionsregulation und Lokalisation distinkter TJ-Proteine bzw. das Ausmaß der Apoptoseregulation ist, in Abhängigkeit des jeweiligen Stimulus, verschieden und wird darüber hinaus durch dessen Bioverfügbarkeit und/oder den Wirkungsort mitbestimmt.