Einleitung Überlebende einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter können auch Jahre nach Therapieabschluss Langzeitfolgen erleiden. Dazu zählt die Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit, die bei Kinderwunsch die Anwendung assistierter Reproduktionstechniken (ART) notwendig machen kann. Trotz einer wachsenden Anzahl Krebsüberlebender, die ART in Anspruch nehmen, ist bisher wenig zur Gesundheit der Nachkommen bekannt. Unsere Arbeitsgruppe untersuchte erstmals das Auftreten perinataler Komplikationen (Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht und small for gestational age), maligner Erkrankungen und angeborener Fehlbildungen bei Nachkommen ehemaliger kinderonkologischer Patient:innen nach spontaner und assistierter Konzeption.
Methodik Unserer Multizentrischen Nachkommenstudie liegt ein exploratives, retrospektives Kohortenstudiendesign zugrunde. Mithilfe eines 10-seitigen Fragebogens befragten wir ehemalige Patient:innen in fünf europäischen Ländern (n=1 126; davon 852 aus Deutschland) zur Gesundheit ihrer Nachkommen (n=1 780; davon 1 340 aus Deutschland). Als Vergleichs-kohorte dienten die Nachkommen von Geschwistern ehemaliger Patient:innen (n=441) sowie Kinder aus der deutschen Allgemeinbevölkerung, die im Rahmen der KiGGS Studie des Robert Koch-Instituts erfasst wurden (n=17 640). Zur Beantwortung unserer Studienfragen im deutschen Studienkollektiv führten wir eine Matched-Pair Analyse (Nachkommen ehemaliger Patient:innen vs. Kinder der KiGGS Studie) und eine Subgruppen-Analyse (spontan vs. nach ART geborene Nachkommen ehemaliger Patient:innen) durch. Interaktionseffekte wurden mittels binärer logistischer Regression berechnet.
Ergebnisse Sorgen hinsichtlich der Gesundheit eigener Nachkommen, insbesondere eine Krebsdiagnose betreffend, waren bei ehemaligen Patient:innen stärker ausgeprägt als bei ihren Geschwistern. Die Nachkommen ehemaliger Patient:innen wurden im Vergleich zu Kindern aus der Allgemeinbevölkerung etwas häufiger vor der 38. Schwangerschaftswoche geboren. Dennoch kam die Mehrheit der Nachkommen ehemaliger Patient:innen, unabhängig vom Konzeptionsmodus, zum Termin und eutroph zur Welt. Maligne Erkrankungen und angeborene Herzfehler traten bei den Nachkommen ehemaliger Patient:innen nicht häufiger als in der Allgemeinbevölkerung auf; Fehlbildungen wurden seltener berichtet. Eine Inanspruchnahme von ART durch Krebspatient:innen hatte keinen negativen Einfluss auf die Nachkommengesundheit.
Schlussfolgerung In unserer Studie wurde erstmalig der Einfluss von ART auf die Gesundheit der Nachkommen ehemaliger kinderonkologischer Patient:innen untersucht. Für die untersuchten Parameter ergab sich kein Anhalt für eine gesundheitliche Beeinträchtigung nach Inanspruchnahme von ART durch Überlebende einer Krebserkrankung. Unter Berücksichtigung der Studienlimitationen können unsere Ergebnisse die Aufklärung vor und nach gonadotoxischer Therapie ergänzen und einen Beitrag dazu leisten, Ängste Betroffener zu reduzieren.
Introduction Survivors of childhood cancer may suffer long-term treatment-related effects years after the end of therapy. Assisted reproductive techniques (ART) are required for fertility-impaired survivors to have biological children. Despite the increased usage of ART, little is yet known about the health of survivor offspring. Our working group investigated the occurrence of perinatal complications (prematurity, low birth weight, small for gestational age), malignancies and congenital malformations—including heart defects—in offspring born to childhood cancer survivors conceived either spontaneously or with reproductive assistance.
Methods The Multicenter Offspring Study is based on an explorative, retrospective cohort study design. Using a 10-page questionnaire, survivors from five European countries (n=1 126; 852 from Germany) were surveyed on the health of their offspring (n=1 780; 1 340 from Germany). Offspring born to survivor siblings (n=441) as well as children from the German general population, who were enrolled in the KiGGS study conducted by the Robert Koch Institute, (n=17.640) served as comparison cohorts. Our study questions were examined in a matched-pair analysis (former patient’s offspring vs. children from KiGGS) and a subgroup analysis (former patient’s offspring conceived spontaneously vs. ART). Interaction effects were calculated using binary logistic regression.
Results Concerns regarding offspring health, especially possible cancer occurrence, were more often reported by survivors than their siblings. Compared to the general population, survivor offspring had a slightly higher chance of being born prior to the completion of gestation week 37. Nevertheless, the majority of survivor offspring were born full term and eutrophic regardless of conception mode. Malignancies and congenital heart defects did not occur more frequently in survivor offspring than in children from the German general population; malformations were reported less frequently. Conception facilitated by ART had no effect on the outcomes studied.
Conclusion Our study is the first to examine the impact of ART on the health of children born to childhood cancer survivors. The health-related parameters we studied showed no evidence of health impairment for survivors who implemented ART. Considering the study limitations, our results may complement patient education before and after gonadotoxic therapy and help to alleviate fears of those affected.