Einleitung: Eine der häufigsten psychischen Erkrankungen von professionellen Musikern ist die Auftrittsangst, welche gravierende Auswirkungen auf die musikalische Karriere haben kann. Die bisherige Therapie umfasst unter anderem eine kognitive Verhaltenstherapie oder ß-Blocker, wobei die Studienlage für viele potenzielle Therapieansätze noch nicht ausreichend und somit weitere, qualitativ hochwertige Forschung nötig ist. In der jüngeren Vergangenheit zeigte sich eine wachsende Evidenz für die angstreduzierende Wirkung von körperlicher Aktivität bei Patienten mit Angsterkrankungen. Eine anaerobe Trainingsform stellt in diesem Zusammenhang das High Intensity Interval Training (HIIT) dar. Die hier präsentierte Studie testete erstmals ein HIIT im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie bei Musikern mit Auftrittsangst. In dieser Arbeit sollte dabei die Wirksamkeit des HIIT auf die Auftrittsangst und weitere psychische Begleitsymptome der Musiker mithilfe verschiedener Fragebögen beurteilt werden.
Methodik: Von Mai 2018 bis April 2020 wurden 28 professionelle Musiker in die Studie eingeschlossen. Die Versuchsgruppe (n = 15) absolvierte ein 12-tägiges, standardisiertes HIIT bei 90-95 % HFmax mit sechs halbstündlichen Trainingseinheiten und einem Tag Regeneration nach jedem Training, während die Kontrollgruppe (n = 13) im gleichen zeitlichen Rhythmus ein aerobes Training niedriger Intensität mit einfachen Turn- und Dehnübungen erhielt. Vor dem Training (Baseline), kurzzeitig nach dem Training (Post) sowie eine weitere Woche später (Follow-up) wurden die Auftrittsangst mit dem Bühnenangstfragebogen (BAF) und andere klinische Parameter mit standardisierten Fragebögen gemessen.
Ergebnisse: Die Varianzanalyse mit Messwiederholung zeigte für den BAF als primäres Ergebnis einen Trend in Richtung statistischer Signifikanz für die Zeit x Gruppen Interaktion (F(2, 46) = 2.79, p = 0.072), welche auf den signifikanten Symptomrückgang (t(13) = 2.51, p = 0.026) der HIIT-Gruppe von der Baseline- zur Follow-up-Messung zurückzuführen war. Für weitere angst- und depressionsspezifische Symptome der Musiker konnten insgesamt signifikante Verbesserungen über die Zeit gemessen, aber keine signifikanten Gruppenunterschiede festgestellt werden. Post-hoc-Analysen zeigten jedoch infolge des HIIT größere und zeitstabile Effekte im Vergleich zum niedrigintensiven Training. Schlussfolgerungen: Die vorliegende Arbeit bestätigt die Ergebnisse verschiedener Studien im Hinblick auf die angstreduzierende Wirkung anaeroben Trainings und zeigt positive Effekte auch auf die Auftrittsangst von Musikern, wobei trotz stärkerer Verbesserungen in der HIIT-Versuchsgruppe keine eindeutige Überlegenheit des hochintensiven Trainings im Vergleich zur niedrigintensiven Intervention demonstriert werden konnte. Zur Bestätigung der im Rahmen dieser Studie gewonnen Erkenntnisse sind randomisiert kontrollierte Studien mit größeren Stichproben notwendig.
Background: One of the most common mental illnesses of professional musicians is Music Performance Anxiety (MPA) and sometimes has serious consequences on musical career. Components of the therapy include cognitive behavioral therapy or ß-blockers. However, the literature for many potential therapeutic approaches is not yet sufficient and therefore further, high-quality research is necessary. In the past, there has been growing evidence of the anxiolytic effects of physical activity in patients with anxiety disorders. In this context, High intensity interval training (HIIT) is an anaerobic training form. The study presented tested a HIIT for the first time in a randomized controlled trial in musicians with MPA. In this work, the effectiveness of HIIT on MPA and other anxiety-related symptoms was assessed by evaluating various questionnaires.
Methods: From May 2018 to April 2020, 28 professional musicians were included in the study. The intervention group (n = 15) completed a 12-day, standardized HIIT at 90-95 % HRmax with six half-hourly training units and one day of regeneration after each training. The control group (n = 13) performed an aerobic training of lower intensity with simple gymnastics and stretching exercises at the same time. Before training (baseline), shortly after training (post) and one week after the active study period (follow-up), MPA was measured using the ‘Bühnenangstfragebogen’ (BAF) and other clinical parameters were measured using additional questionnaires.
Results: Repeated-measures analyses of variance found a trend towards a significant time × group interaction for the BAF as primary outcome (F(2, 46) = 2.79, p = 0.072), which was based on the significant reduction in symptoms (t(13) = 2.51, p = 0.026) of the HIIT group from baseline to follow-up measurement. For other unspecific symptoms of anxiety and depression, overall significant effects of time were measured, but no group differences were found. However, post-hoc analysis showed larger and time-stable effects in the HIIT group compared to low-intensity training.
Conclusions: The present work confirms the results of former studies regarding the anxiolytic effect of anaerobic training and shows positive effects also on MPA in musicians. Despite greater improvements in the HIIT group, no clear superiority of high-intensity training compared to the low-intensity intervention could be proven. Randomized controlled studies with larger samples are needed to confirm the findings obtained in this study.