Ein charakteristisches Merkmal der chronischen (myeloischen) Leukämie ist die Ausbildung unterschiedlicher Krankheitsphasen. Der initialen chronischen Phase folgt die Akzelerationsphase. Am Ende der Erkrankung steht die Blastenkrise, auch bezeichnet als akute leukämische Phase oder akute Leukämie, die dann in kurzer Zeit zum Tod des Patienten führt. Was die Phasenwechsel und damit die Progression der chronischen Leukämien bewirkt, ist nicht im Detail erforscht. Es ist jedoch bekannt, das ein Fortschreiten der Krankheit mit genetischer Instabilität und, in Folge, Aktivierung von Onkogenen und/oder Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen einhergeht. Zur gezielten Erforschung der Progression der chronischen Phase stellten die Icsbp-/- Mäuse ein geeignetes Mausmodell dar. Diese Icsbp-defizienten Mäuse entwickeln eine CML-ähnliche MPD, zeigen jedoch fast nie einen Phasenwechsel und bilden daher nur sehr selten eine akute leukämische Phase aus. Ziel dieser Doktorarbeit war es, durch systematische Deregulation eines Onkogens respektive eines Tumorsuppressors auf dem Icsbp-/- Hintergrund einen Synergieeffekt zur Ausbildung von Leukämien zu erlangen. In dem ersten Ansatz wurde das Onkogen und anti-apoptotische Protein Bcl-2 im Icsbp-/- hämatopoetischen System überexprimiert. Dieser Ansatz zeigte jedoch keine Kooperation von Icsbp-Verlust und Bcl-2 Überexpression zur Induktion der akuten leukämischen Phase. Die Frequenz der Leukämiefälle war sehr gering. Zudem entwickelten sich die Leukämien zwar aufgrund der Bcl-2 Überexpression, jedoch nicht gezielt auf dem Icsbp-/- Hintergrund. Die lange Latenzzeit und geringe Inzidenz der Leukämien ließen weiter vermuten, dass, neben der Bcl-2 Überexpression, zudem weitere genetische Veränderungen zur Induktion der akuten Phase notwendig waren. In einem zweiten Ansatz wurde die Icsbp-Defizienz mit der Haploinsuffizienz von Nf1, einem Tumorsuppressor und Proliferationsregulator, kombiniert. In diesem Ansatz zeigte sich ein Synergieeffekt von Icsbp-Verlust und dereguliertem Tumorsuppressor Nf1 im Hinblick auf die Ausbildung von Leukämien: 46% aller Icsbp-/-Nf1+/- Mäuse entwickelten Leukämien. Myeloische Leukämien bildeten die überwiegende Mehrheit, denn 73,9% der leukämischen Icsbp-/-Nf1+/- Mäuse erkrankten an einer Leukämie vom myeloischen Typ. Die maligne Transformation der Zellen, und damit der Wechsel zur akuten leukämischen Phase, basierte in den Icsbp-/-Nf1+/- Mäusen vor allem auf der additiv verstärkten Reduktion des Nf1-Levels und dem Icsbp-/- spezifischen, zellulären Phänotyp. D.h. nur die Kombination von fehlender, transkriptioneller Aktivierung von Nf1 über Icsbp mit Nf1-Haploinsuffizienz und zusätzlicher Icsbp-/- bedingter Anreicherung der Leukämie-initiierenden Lin+ Progenitorzellen führte zur Ausbildung von Leukämien. Entgegen der geläufigen wissenschaftlichen Meinung, war jedoch ein bialleler Verlust des Nf1 WT-Allels, demnach ein LOH von NF1, nicht zwingend notwendig zur Entwicklung von Leukämien, sondern erwies sich als abhängig vom Leukämietyp. Tatsächlich wurde in der überwiegenden Mehrheit aller Icsbp-/-Nf1+/- Mäuse mit MPD ähnlicher myeloischer Leukämie kein bialleler Verlust von Nf1 detektiert. Ein LOH von Nf1 zeigte sich hingegen insbesondere in den blastenreicheren Leukämietypen, stand dann aber in enger Korrelation mit anderen chromosomalen Abnormalitäten. Dieses Ergebnis warf die Frage auf: Ist der LOH von Nf1 tatsächlich notwendig und der Initiator für die Entstehung von Leukämien oder ist der LOH nur eine Begleiterscheinung der erhöhten Zellteilungen und dadurch vermehrten genetischen Instabilität? Insgesamt zeigte sich in den Icsbp-/-Nf+/- Mäusen ein synergistischer Effekt von Icsbp-Verlust und Nf1-Haploinsuffizienz, der mit hoher Frequenz über einen prä-leukämischen Phänotyp mit gesteigerter Myelopoese schließlich zur Ausbildung hauptsächlich myeloischer Leukämien führte. Zudem bilden die Icsbp-/-Nf1+/- Mäuse ein geeignetes murines Ausgangsmodell zur Untersuchung der malignen Progression von chronischen MPDs zu Leukämien und zur Überprüfung der Notwendigkeit eines LOH von Nf1.
The main characteristic of chronic (myeloid) leukaemia is the development of progressive phases of the disease. The initial chronic phase is followed by the acceleration phase. The blast crisis, also named acute leukaemic phase or acute leukaemia, is the final phase of this disease which rapidly leads to the death of the patient. What, in detail, triggers the switch of the phases and therefore causes the progression of the disease is not analysed yet. The knowledge so far is, that escalation of the disease is accompanied by genetic instability, which results in the activation of oncogenes and/or the inactivation of tumorsuppressor genes. For pointed research of the progression of the chronic phase, the Icsbp-/- mice were used as an adequate mouse model. These Icsbp-deficient mice develop a CML-like MPD but an establishment of a blast crises is rather infrequent, so they only very rarely generate acute leukaemic phases. The aim of the dissertation in hand was, by systematic deregulation of an oncogene respective of a tumorsuppressor gene, to gain a synergistic effect which leads to the development of leukaemias on the Icsbp-/- background. In the first approach the oncogene and anti-apoptotic protein Bcl-2 was overexpressed in the Icsbp-/- haematopoetic system. This setting did not show a cooperative effect between loss of Icsbp and overexpression of Bcl-2 in order to generate an acute leukaemic phase. The frequency of leukaemias was very low. Furthermore the leukaemias indeed developed on the basis of the Bcl-2 overexpression but seemed independent on the Icsbp-/- background. The long latency and low incidence of leukaemic cases led to the assumption that the genesis of the acute phase of leukaemias is, together with the Bcl-2 overexpression, dependent on further genetic changes. In the second approach Icsbp-deficiency was combined with the haploinsufficiency of Nf1, a tumorsuppressor and regulator of proliferation. This approach showed a synergistic effect between loss of Icsbp and deregulated tumorsupressor Nf1 in terms of the development of leukaemias: 46% of all Icsbp-/-Nf1+/- mice generated leukaemias. Myeloid leukaemias were most prominent, since 73,9% of all leukaemic Icsbp-/-Nf1+/- developed a leukaemia of the myeloid type. The malign transformation of the cells and therewith the change to the acute leukaemic phase in the Icsbp-/-Nf1+/- mice was based on the additive reduction of the Nf1-level and the Icsbp-/- specific cellular background. That means, only the entire combination of the absent transcriptional activation of Nf1 via Icsbp with the Nf1 haploinsufficiency and, additionally, with the Icsbp-/- based enrichment of the leukaemia initiating Lin+ progenitorcell population leads to the development of leukaemias. We demonstrated that, contrary to the current scientific opinion, a biallelic inactivation of the Nf1 WT-allel, thus a LOH of Nf1, was not mandatory for the genesis of leukaemias but was dependent on the type of leukaemia. The majority of Icsbp-/-Nf1+/- mice with MPD like myeloid leukaemia did not show a biallelic loss of Nf1 indeed. A LOH of Nf1 was predominant in leukaemis with high numbers of blastic cells, but showed a close correlation to different chromosomal abnormalities. These results raised the question: Is the LOH of Nf1 really mandatory for the development of leukaemias as an initiator of the malign transformation or is the LOH only a by-product due to enhanced proliferation and therefore increased genetic instability? Altogether, loss of Icsbp combined with Nf1 haploinsufficiency created a synergistic effect in the Icsbp-/-Nf1+/- mice which caused an enhanced myelopoiesis in pre-leukaemic mice and finally the frequent development of mainly myeloid leukaemias. Additionally, the Icsbp-/-Nf1+/- mice demonstrated to be an appropriate basic murine model to study the progression of chronic MPDs to leukaemias and to analyse the necessity of an LOH of Nf1.