Hintergrund: In Deutschland lebende Erwachsene türkischer Abstammung weisen eine höhere Prävalenz von Fettleibigkeit und kardiometabolischen Risikofaktoren auf als die Gastbevölkerung. Für die Entwicklung kulturell angepasster Strategien zur Krankheitsprävention benötigen wir Erkenntnisse über ihre Gewichtswahrnehmung. Ziel dieser Arbeit war es, Zusammenhänge zwischen Gewichtsstatus und Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie und Dyslipidämie zu identifizieren und die Beziehungen zwischen objektiv gemessenem und selbstberichtetem Gewichtsstatus sowie Gewichtswahrnehmung bei Erwachsenen türkischer Abstammung, in Deutschland zu ermitteln. Methoden: Daten von 624 Erwachsenen in Essen und 597 Erwachsenen in Berlin wurden analysiert. Sie wurden zwischen Februar 2011 und September 2012 über registerbasierte Informationen und soziale Netzwerke rekrutiert. Für die Erhebung folgender Faktoren wurden zweisprachige, Fragebogen gestützte Interviews geführt: Demographie, Sozioökonomie, Lebensstil, Gewichtsangabe, Gewichtswahrnehmung und Gesundheitszustand. Zusätzlich wurden Körpergewicht, Körpergröße, Taillenumfang und Hüftumfang gemessen. Mittels logistischer Regressionen wurden Odds Ratios und 95% Konfidenzintervalle (KI) für die Assoziationen zwischen anthropometrischen Maßen und Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie und Dyslipidämie berechnet. Die Übereinstimmungen zwischen Gewichtsangabe und gemessenem Gewichtsstatus sowie zwischen Gewichtswahrnehmung und Gewichtsstatus wurden durch Kreuztabellen ermittelt. Ergebnisse: Die Teilnehmenden waren überwiegend weiblich und mittleren Alters. Ein Drittel der Bevölkerung hatte eine niedrige formale Schulbildung und eine ungesunde Lebensweise. 76% der Studienbevölkerung hatten einen BMI ≥25,0 kg/m2, 65% abdominelle Adipositas und 53% erhöhtes WHR. BMI und Taillenumfang zeigten einen direkten Zusammenhang mit Diabetes mellitus Typ 2, nach Adjustierung für Alter, Geschlecht, Geburtsland, Sprache, formale Bildung, Raucherstatus, körperliche Aktivität und andere chronische Erkrankungen. Ein erhöhtes WHR war signifikant mit einer höheren Chance für Diabetes mellitus Typ 2 verbunden. Ein erhöhter BMI war signifikant mit einer höheren Chance für Hypertonie assoziiert. Die Übereinstimmung von Gewichtsangabe und gemessenem Gewichtsstatus bei Männern und Frauen lag in Berlin bei 76% und in Essen bei 77%. Es gab 50% Übereinstimmung zwischen Gewichtswahrnehmung und gemessenem Gewichtsstatus, während Unterwahrnehmung in Berlin 42% und in Essen 44% betrug. Schlussfolgerungen: Adipositas ist in dieser Studienpopulation verbreitet und hängt stark mit Diabetes mellitus Typ 2 und Hypertonie zusammen. Während die Gewichtsangaben mit dem gemessenen Gewicht gut übereinstimmen, unterbewerten mehr als 40% ihren Gewichtsstatus. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die Gründe für diese Gewichtswahrnehmung bei in Deutschland lebenden Erwachsenen türkischer Abstammung aufzudecken.
Background: Adults of Turkish descent living in Germany show higher prevalence rates of obesity and cardiometabolic risk factors than the host population. For the design of culturally adapted prevention programs, we need insights into their weight perceptions. Therefore, we aimed at determining the associations between weight status and self-reported chronic diseases and the relationships between objectively measured weight status, self-reported weight status, and weight perception among 1221 adults of Turkish descent living in two German cities. Methods: This study analyzed data of 624 adults from Essen and 597 adults from Berlin. Recruitment took place between February 2011 and September 2012, and used register-based information and social networks. Questionnaire-guided interviews were conducted on demographic, socio-economic, and lifestyle factors as well as body weight, weight perception and health status. Additionally, body weight, height, waist circumference and hip circumference were measured. We calculated odds ratios and 95% confidence intervals for the associations between anthropometric measures and self-reported diabetes mellitus type 2, hypertension and dyslipidemia, using conventional cut-offs for body mass index, waist circumference, and waist-to-hip ratio. The proportions of agreement between self-reported weight and actual weight status as well as between weight perception and weight status were identified by cross-tabulations. Results: In this middle-aged, predominately female Turkish population, one-third had low formal education and unhealthy lifestyle. 76% of the Turkish population had a BMI ≥25.0 kg/m2, 65% had abdominal overweight or obesity and 53% had increased WHR. BMI and waist circumference tended to be directly associated with diabetes mellitus type 2 after accounting for age, sex, country of birth, language, formal education, smoking status, physical activity and chronic diseases. Increased WHR was significantly associated with higher odds of self-reported diabetes mellitus type 2. Increased BMI was significantly associated with a higher probability of self-reported hypertension. The agreement between self-reported and measured weight status was 76% in Berlin and 77% in Essen, and this was similar for men and women. In contrast, weight perception and measured weight status were in agreement in 50% of the participants, while the proportions of under-perception were 42% in Berlin and 44% in Essen. Conclusions: Adiposity is common in this study population and it is strongly associated with diabetes mellitus type 2 and hypertension. While self-reported weight agrees well with measured weight, more than 40% under-perceive their weight status. Further investigations into the reasons for weight under-perception among adults of Turkish descent living in Germany are warranted.