Introduction: Bell’s palsy is the most common illness of the cranial nerves with an incidence of about 20 per 100.000 per year. Though generally reversible, this unilateral facial palsy often causes significant deficits in psychosocial wellbeing of patients. According to current theories of embodiment, dysfunction of the facial motor system may interfere with the patient’s ability to recognize emotional expressions in other people’s faces. We conducted a study to investigate a possible contribution of this mechanism to emotional deficits in patients with Bell’s palsy. Methods: We tested 31 patients with Bell’s palsy and 30 healthy controls right after onset of symptoms and about six weeks later using a computer-based task battery for emotion recognition and a control task for face recognition. In addition, all participants were tested with questionaires about emotional wellbeing and quality of life. Results: Our data demonstrate the significant deficit in psychosocial wellbeing experienced by many patients with Bell’s palsy. We found no significant difference between groups for accuracy of emotion recognition or face recognition at any time point. However, patients showed significantly longer latencies in the emotion recognition tasks, but not in the face recognition task. At the second testing, all participants were faster suggesting a learning effect. However, although the palsy had remitted in almost all patients, latencies were still significantly longer in patients than in controls. Conclusion: Our results support current theories of embodiment, suggesting that dysfunction of facial motricity impairs mechanisms of recognition of emotional facial expressions. Robust compensatory mechanisms however seem to protect this essential social ability at least partially. Dysfunctional emotion recognition should be considered in the clinical treatment of Bell’s palsy. Moreover, uncritical self-treatment of patients with Bell’s palsy may exaggerate emotional impairments.
Einleitung: Mit einer Inzidenz von etwa 20/100.000 pro Jahr ist die idiopathische Fazialisparese die häufigste Hirnnervenerkrankung. Die meist reversible einseitige Gesichtslähmung geht häufig mit einer relevanten emotionalen Belastung einher. Die Pathogenese dieser emotionalen Störungen ist nur zum Teil verstanden. Nach der Theorie des „Embodiment“ könnte die Parese die Fähigkeit zur Erkennung emotionaler Gesichtsausdrücke bei Anderen beeinträchtigen. Wir führten deshalb eine longtitudinale Verhaltensstudie durch mit dem Ziel, einen möglichen Beitrag eines solchen Defizits zu den emotionalen Einschränkungen dieser Patienten zu untersuchen. Methoden: Es wurden 31 Patient*innen mit Fazialisparese und 30 gesunde Proband*innen kurz nach der Diagnosestellung und etwa sechs Wochen später mit Hilfe einer computerbasierten Testbatterie auf ihre Fähigkeit zur Emotionserkennung hin untersucht. Darüber hinaus wurde ein Test zur Gesichtserkennung durchgeführt. Zusätzlich wurden mit Fragebögen das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität ermittelt. Ergebnisse: Unsere Daten bestätigen die deutliche psychosoziale Beeinträchtigung von Patient*innen mit Fazialisparese. In der Rate der richtigen Antworten in den Tests zur Emotionserkennung sowie der Gesichtserkennung fanden sich zu keinem Zeitpunkt Unterschiede zwischen den Gruppen. Allerdings wiesen die Patient*innen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verlängerte Antwortzeiten in der Emoti- onserkennung, nicht aber in der Gesichtserkennung, auf. Die Reaktionszeiten verbesserten sich – möglicherweise durch einen Lerneffekt – in beiden Gruppen zum zweiten Messzeitpunkt, waren aber weiterhin bei den Patient*innen signifikant länger, obwohl die Lähmung weitgehend zurückgegangen war. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unterstützen die These, dass Störungen der Motorik des Gesichts die Erkennung emotionaler Gesichtsausdrücke beeinträchtigen können. Zugleich scheinen jedoch Kompensationsmechanismen vorhanden zu sein, die diese wichtige Fähigkeit zumindest partiell aufrecht erhalten können. Eine defizitäre Emotionserkennung sollte bei der Behandlung mit bedacht werden. Darüber hinaus könnten unserer Ergebnisse dafürsprechen, dass unkritisch durchgeführte Übungsprogramme emotionale Defizite bei diesen Patienten verstärken könnten.