dc.contributor.author
Marx, Florian Michael
dc.date.accessioned
2018-06-07T16:31:32Z
dc.date.available
2011-03-29T09:03:18.311Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/2666
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-6867
dc.description.abstract
Um die Fortschritte hinsichtlich der globalen Ziele der Tuberkulosekontrolle
und die Effizienz von Kontrollprogrammen künftig verlässlicher einschätzen zu
können, hat die Weltgesundheitsorganisation einen Arbeitsprozess in Gang
gebracht, mit dessen Hilfe eine umfassende Analyse und Validierung von
Tuberkulosedaten und Meldesystemen in den Ländern vorgenommen werden soll. Im
Rahmen dieses Prozesses unterstützt die WHO Studien zum Zwecke der Evaluierung
und Bewertung von Routinedaten der Tuberkulosekontrolle, speziell in Ländern
mit hoher Tuberkuloseinzidenz. Die Russische Föderation steht derzeit auf Rang
11 in der Liste der Länder mit der höchsten Zahl geschätzter Tuberkulosefälle
weltweit. Ziel dieser Arbeit ist eine Analyse und Neubewertung von
Tuberkulosemeldedaten in Russland auf Grundlage von Empfehlungen der WHO und
der von der Global Task Force on TB Impact Measurement veröffentlichen neuen
Analysestandards. Die wichtigsten Erkenntnisse, die aus dieser Arbeit
hervorgegangen sind, und ihre Bedeutung werden nachfolgend zusammengefasst:
1.) Die Vollständigkeit der Erfassung von Tuberkulosefällen hat sich in den
vergangenen Jahren in Russland deutlich verbessert. Maßgebend hierfür ist vor
allem, dass jährliche Fallberichte aus dem Gefängnis- und dem militärischen
Sektor in das Meldesystem des russischen Gesundheitsministeriums integriert
wurden. Dieser „Vervollständigungseffekt“ muss bei der Interpretation
zeitlicher Trends der Tuberkulose in Russland berücksichtigt werden. Eine
Untersuchung der Vollständigkeit der Erfassung von Tuberkulosefällen auf
regionaler Ebene, d.h. auf Ebene der Dispensaire, Krankeneinrichtungen und
medizinischen Stützpunkte ist anhand der Meldedaten derzeit nicht möglich.
Diesbezüglich sind weiterführende Untersuchungen auf der Basis der in der
Arbeit diskutierten Methoden empfehlenswert. 2.) Hinsichtlich der Erfassung
einzelner Fallgruppen deckt die Arbeit die derzeitigen Herausforderungen für
das russische Tuberkulose-Meldewesen auf: Der Anteil pulmonaler
Tuberkulosefälle mit bakteriologischem Erregernachweis ist in den vergangenen
Jahren kontinuierlich gestiegen, bleibt jedoch im Vergleich zu internationalen
Referenzwerten auf niedrigem Niveau. Dabei bestehen erhebliche regionale
Unterschiede im relativen Anteil bakteriologisch bestätigter Fälle (zwischen
30% und 80% aller Pulmonalen Tuberkulosefälle). Eine nicht flächendeckende
Labordiagnostik und die Praxis von Bevölkerungsscreenings sind mögliche
Ursachen hierfür. Weiterhin bestehen erhebliche zeitliche und regionale
Schwankungen in der Erfassung von Rezidivfällen bzw. Fällen mit vorheriger
Behandlung. Diese Schwankungen legen nahe, dass es in den Regionen
Unregelmäßigkeiten bei der Erfassung von zuvor behandelten Tuberkulosefällen
gibt. Die Erfassung anderer Fallgruppen bewegt sich ohne nennenswerte
Schwankungen innerhalb zu erwartender Referenzwerte. 3.) Die aktive
Identifizierung von Tuberkulosefällen mittels Reihenuntersuchungen in der
russischen Bevölkerung ist derzeit landesweit Praxis. Im Jahr 2006 wurden
knapp 60 Millionen Einwohner per Röntgen auf Tuberkulose untersucht. Im selben
Jahr wurden über die Hälfte aller Meldefälle im Rahmen von
Reihenuntersuchungen identifiziert. Nur 36% der mittels aktiver Methoden
identifizierten pulmonalen Tuberkulosefälle waren sputum- oder kulturpositiv.
Die Praxis der Reihenuntersuchungen hat immense Folgen für die Überwachung und
Kontrolle der Tuberkulose, welche in der Arbeit diskutiert werden. 4.) In
Russland ist es in den 90er Jahren zu einem steilen Anstieg der
Tuberkulosezahlen gekommen. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass sich die
Epidemie in verschiedenen Teilen Russlands unterschiedlich entwickelt hat.
Zentren der derzeitigen Tuberkuloseepidemie sind das südliche Sibirien, der
Ferne Osten, sowie die nördlichen Kaukasus-Regionen. Weiterführende
Untersuchungen sind notwendig, um die Ursachen für die teils erhebliche
geografische Variabilität der Tuberkuloserate besser zu verstehen und die
Tuberkulose in den Regionen gezielter bekämpfen zu können. 5.) Russland
verfügt über ein ausgedehntes Netzwerk spezialisierter Einrichtungen für die
stationäre Tuberkuloseversorgung. Im Jahr 2001 standen knapp 82.000 Betten für
die Behandlung Tuberkulosekranker zur Verfügung. Trotz erheblicher
Überkapazitäten waren Tuberkulosebetten landesweit durchschnittlich 325 Tage
pro Jahr belegt. Die Arbeit zeigt, dass strukturelle Faktoren wie die
Bettenkapazität maßgeblich für das Ausmaß der stationären
Tuberkuloseversorgung sind. Dadurch wird eine effiziente und medizinisch
sinnvolle Krankenversorgung und der rationale Einsatz von Ressourcen
erschwert. Dies ist besonders vor dem Hintergrund hoher Kosten von erheblicher
Bedeutung. Im Sinne einer effizienten Tuberkulosekontrolle sind Reformen der
Gesundheits- und Finanzierungssysteme dringend notwendig. 6.) Auch Jahre nach
der Einführung der DOTS-Strategie in Pilotregionen der Russischen Föderation
unterschieden sich im Jahr 2001 die stationäre Bettenkapazität, Bettenbelegung
und Behandlungsdauer in diesen Regionen nicht von jenen Regionen mit
traditionellem Modell der Tuberkulosekontrolle. Somit ist anzunehmen, dass
auch mit der Einführung des internationalen Modells der Tuberkulosekontrolle
in Russland die Barrieren ineffizienter Gesundheits- und Finanzierungssysteme
fortbestehen und notwendige Reformen bisher ausgeblieben sind. Die vorliegende
Arbeit soll zu einem besseren Verständnis für die Situation der Tuberkulose
und die spezifischen Probleme ihrer Kontrolle in Russland und anderen Ländern
der ehemaligen Sowjetunion beitragen. Sie soll einen Beitrag zur von der WHO
gegenwärtig durchgeführten systematischen Bewertung von Meldedaten und
-systemen in den Ländern leisten.
de
dc.description.abstract
The World Health Organization (WHO) has recently initiated a working process
in order to allow for a more reliable assessment of the progress towards the
global targets for tuberculosis (TB) control and the efficiency of TB control
programs. This process includes analysis and validation of routine TB
surveillance and program data within National TB Programs worldwide. In this
context, the WHO supports operational research aiming to evaluate routine
data, in order to draw more comprehensive information about TB epidemiology
and control, especially in countries with high TB incidence. The Russian
Federation currently ranks 11th by estimated numbers of incident TB cases
worldwide. The purpose of this dissertation was to analyze and re-evaluate TB
surveillance and program data in Russia on the basis of a new framework and a
set of new methods developed by the WHO Global Task Force on Tuberculosis
Impact Measurement. The main results of this study are as follows: 1\. The
inclusion of reports of TB cases notified in so called “non-civilian” sectors,
e.g. among prisoners and the military, into the notification system of the
National TB Control Program (NTP) has lead to a significant improvement of the
completeness of recording of TB cases in the Russian Federation during the
past years. The effect of improved completeness of notification needs to be
taken into consideration when interpreting trends of tuberculosis in Russia
over time. Currently, it is not possible to draw definite conclusions about
the completeness of recording in Russia, as lower administrative levels of
recording (e.g. districts, hospitals and health posts) need to be taken into
account. Further studies on the basis of methods discussed in this
dissertation are recommended. 2\. The analysis of sub-groups of notified TB
cases conducted in this study highlights some of the current challenges of the
NTP in Russia: The proportion of pulmonary TB (PTB) cases with bacteriological
confirmation has been increasing over recent years, but remains very low
compared to other settings, and shows considerable variation across the
administrative regions of the Russian Federation (between 30% and 80% of all
PTB cases notified). Lack of laboratory supply and the practice of mass
screening are possible reasons for this finding. The study further documents
variation over time and space in the proportion of re-treatment TB cases
notified, possibly resulting from differing standards of surveillance and
reporting. Other groups of cases are consistent with international reference
levels used by the WHO. 3\. Active TB case finding via X-ray population
screening is common practice in the Russian Federation with nearly 60 million
people screened and more than half of all TB cases identified via X-ray
screenings. The dissertation discusses the important implications for the
interpretation of TB trends and for TB control in general, that result from
this practice. 4\. The Russian Federation has witnessed a steep increase in
the number of TB cases during the 1990s. This study shows that there is a
substantial geographical variation of TB rates in different parts of the
country. Southern Siberia, the Far East and the Northern Caucasus are
important centers of the today epidemic. The variation in TB notification
rates likely reflects true incidence and has important implications for TB
control in the country. 5\. Russia manages an extensive disease-specific
network of inpatient health-care facilities with nearly 82,000 beds used for
exclusively for anti-TB treatment – far beyond what is necessary to provide
hospitalized treatment. Occupation of inpatient capacity is high. Hospital
utilization is predominantly determined by supply-side factors such as
hospital bed capacity, which forms a barrier to efficient use of available
resources. 6\. The implementation of the international TB control strategy in
Russian pilot regions has not led to changes in the practice of lengthy
inpatient treatment and repeated re-admissions, and health system reform has
likely not occurred in those regions. For TB control in the Russian
Federation, reforms of institutional, regulatory and financial systems are
needed. The dissertation aims to contribute to a better understanding of the
epidemiological situation of TB and the specific problems of TB control in the
Russian Federation, and to support the process of systematic analysis of TB
surveillance data and control systems in countries of the former Soviet Union
and elsewhere.
en
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject.ddc
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften::610 Medizin und Gesundheit
dc.title
Epidemiologie und Kontrolle der Tuberkulose in der Russischen Föderation
dc.contributor.contact
florian.marx@charite.de
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. med. Dr. h. c. H. Hahn
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. med. H. U. Wahn
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. R. Loddenkemper
dc.date.accepted
2011-04-08
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000021828-4
dc.title.subtitle
eine Analyse und Neubewertung von Routinedaten nach Standards und Empfehlungen
der Weltgesundheitsorganisation
dc.title.translated
Epidemiology and control of tuberculosis in the Russian Federation
en
dc.title.translatedsubtitle
analysis and evaluation of routine data on the basis of standards and
recommendations of the World Health Organization
en
refubium.affiliation
Charité - Universitätsmedizin Berlin
de
refubium.mycore.fudocsId
FUDISS_thesis_000000021828
refubium.mycore.derivateId
FUDISS_derivate_000000009225
dcterms.accessRights.dnb
free
dcterms.accessRights.openaire
open access