Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklungen im Gesundheitswesen und der sich verändernden Anforderungen an die beruflichen Qualifikationen wird der Vergleich des Arbeitshandelns Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistenten (MTLA) in Deutschland und Biomedizinischer Analytiker (BMA) in der Schweiz aus subjektorientierter Perspektive vorgenommen. Der Fokus ist auf die Zusammenhänge zwischen Veränderungen von gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die berufliche Identität gerichtet. Für die empirische Untersuchung wurden zehn Interviews mit Berufsmigranten geführt. Mittels problemzentrierter Interviews wurden offene Fragen zu den Themen: Anpassungsleistungen, Handlungsspielraum, Berufszufriedenheit, Bewertung der Zukunftschancen und gesellschaftliche Akzeptanz gestellt. Den Prinzipien der Grounded Theory folgend wurde den Befragten die Möglichkeit eingeräumt, möglichst eigenständig ihr eigenes Relevanzsystem zu entfalten. Die Interpretation der Daten erfolgte unter Einbeziehung des situativen Kontextes und ordnet sich forschungstheoretisch in den Diskurs der subjektorientierten Arbeits- und Berufssoziologie ein. Als Vergleichsbasis dienen die Berufsform und die Tätigkeitsbereiche, die sich in beiden Ländern nicht unterscheiden. Durch die hochgradige Spezialisierung und die begrenzten Arbeitsmöglichkeiten entsteht ein berufsstruktureller Engpass und es gelingt nicht, die Zahl der ausgebildeten MTLA/BMA dem Bedarf auf dem Arbeitsmarkt anzupassen. In der Schweiz wird von einem Fachkräftemangel ausgegangen. Die Akademisierung der Ausbildung führt zu einem Attraktivitätsverlust, da die Zugangsvoraussetzungen erschwert, der Berufsstatus aber nicht verbessert wurden. Die Folgen sind eine sinkende Ausbildungszahl und eine hohe Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt, die derzeit schon die Berufszufriedenheit des Einzelnen beeinträchtigen. In Deutschland wurden im Rahmen der Automatisierung massive Einsparungen im personellen Bereich vorgenommen. Dies führt zu Schwierigkeiten, an der sogenannten zweiten Schwelle einen Arbeitsplatz zu finden. Dadurch kommt es zum innerberuflichen Konkurrenzdruck, der das Arbeitsklima massiv beeinträchtigt, und zu einer Arbeitsverdichtung, welche zusätzlich den Leistungsdruck erhöht und das Tätigkeitsspektrum unter dem Aspekt der Effizienz reduziert. Den MTLA gelingt es nicht, den durch die Ausbildung eingeräumten Handlungsspielraum einzunehmen und ihre subjektiven Fähigkeiten in den Arbeitsprozess einzubringen. Die unterschiedlichen Erklärungsmuster, die zur Interpretation des berufsbiografischen Verlaufs und der erlebten Widersprüche herangezogen werden, und die dargelegten Zusammenhänge zwischen Arbeitsmarkt, Akademisierung, Arbeitsverdichtung und beruflicher Identität können zum besseren Verständnis der beruflichen Situation von MTLA in Deutschland und BMA in der Schweiz beitragen.