dc.contributor.author
Mielke, Wolfgang
dc.date.accessioned
2018-06-07T16:19:58Z
dc.date.available
2010-07-05T10:12:40.258Z
dc.identifier.uri
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/2389
dc.identifier.uri
http://dx.doi.org/10.17169/refubium-6590
dc.description.abstract
ZUSAMMENFASSUNG: Willi Schmidt war von der Vorstellung beherrscht, es gebe
neben der alltäglichen Wirklichkeit eine "andere": die der Kunst. Sein Ziel
war es, die Wirklichkeit der Kunst zur überwiegenden und am Ende überhaupt
einzigen Wirklichkeit werden zu lassen. Eine Definition aus Goethes
"Wahlverwandtschaften", die Willi Schmidt für sich in Anspruch nahm, lautet:
"Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst, und man verknüpft
sich nicht sicherer mit ihr als durch die Kunst." - Es wird davon ausgegangen,
daß es sich hier um einen Parallelweg zum alltäglichen Leben handelt und es
daher einen Punkt der Abzweigung aus der realen Wirklichkeit geben muß, ebenso
wie eine Rückkehr. Dazwischen liegt notwendigerweise ein Wechselpunkt: Willi
Schmidts Zusammenarbeit mit Klaus Kammer. Man könnte auch von einem Filter
sprechen, die Kunst verstanden als ein Filter, der das Leben nur noch bedingt
an die eigene Person heranläßt; gleichzeitig als den Filter oder die Maske,
durch die man sich den anderen Menschen, den alltäglichen, nun nähern kann,
allerdings mit dem Anspruch, auf sie einzuwirken, sie zu gewinnen, um nicht zu
sagen zu rekrutieren für die 'andere' Wirklichkeit. Den Grund, weshalb sich
Willi Schmidt überhaupt so trennend von der alltäglichen Wirklichkeit
abwandte, gibt er mit einem Zitat von James Joyce wieder: "Die Geschichte ist
ein Alptraum, aus dem ich zu erwachen versuche." Willi Schmidt hat schon als
Kind den Ersten Weltkrieg miterlebt. Er war in ein Jahrhundert gestellt, das
von Kriegen, Wirtschaftsnöten, Diktatur und Krisen geprägt war; und so war
dieses Aufwachen, wenn überhaupt, erst während seiner letzten Lebensjahre
möglich. Das Aufwachen allerdings mußte das Ende der Kunst oder des
Kunstnebenwegs bedeuten. Diesen Verlust an Kunst hat Willi Schmidt während
seiner letzten Lebensjahre, bis zum Ende, in zunehmendem Maße um sich herum
beklagt, protokolliert. Kunst bedeutete für Willi Schmidt fleißige Arbeit. Es
sollte keinen Zufall auf der Bühne geben. Wirkungen der dritten Dimension nahm
er im Entwurf des Grundrisses vorweg. Als Bühnenbildner, als Regisseur, als
Autor. Die Starrheit und Kunstlosigkeit, die dieser Methode hätte innewohnen
können, wurde dadurch vermieden, dass Willi Schmidt mit besonders potenten,
blutvollen, begabten Schauspielern arbeitete. Er sagte: "Nur wenn das
Rationale wirklich durchdacht ist (Fleißarbeit!), kann das Irrationale sich
einnisten (...)" Dieses Irrationale kam wesentlich durch das Blut der
Schauspieler, die, instruiert, in seine Bühnenräume eingesetzt wurden. Es ist
von daher auch folgerichtig, dass es sich um Bühnenräume handelte, nicht um
Bühnenbilder; nicht um Dekoration, sondern um Raumbeherrschung. Die
intensivste Zusammenarbeit dieser Art erlebte Willi Schmidt mit dem
Schauspieler Klaus Kammer von 1957 bis zu dessen Tod 1964. Auffällig ist, dass
sich Willi Schmidt zu Beginn dieser Zeit von den szenographischen Prinzipien
seines wichtigsten Lehrers, des Regisseurs Jürgen Fehling, auf der
Dramaturgentagung 1957, ohne dass dieser Schritt aber an sich besonders
hervorgehoben worden wäre, lossagte. Das bestätigt die Deutung, dass sich der
Künstler in der Phase um den Wechselpunkt am tiefsten und intensivsten in der
Kunst befindet, dass auch diese Phase es ist, in der die bedeutendsten
künstlerischen Schritte erreicht werden, - die in die Theatergeschichte
eingegangen sind. Der Wechselpunkt bezeichnet schließlich genau den Punkt, an
dem das Vehikel, das den Künstler groß gemacht hat, in Willi Schmidts Fall die
Entscheidung für die andere Wirklichkeit oder die Poesie, als Hindernis
empfunden wird. Bisher positiv gewertet und ein Schutz, wird die Poesie
erstmals negativiert: als etwas, das nun vom realen Leben trennt und damit von
der Annahme von noch größerer Wirkung. Die Zeit: "Clavigo", Herbst 1962. Die
Öffnung in die alltägliche Wirklichkeit ist jedoch ohne Filter nicht möglich.
Klaus Kammers Tod eineinhalb Jahre später bedeutet für Willi Schmidt gleichsam
ein trennendes Korsett zur Welt um ihn herum. Den theaterhistorisch beachteten
Schritt zum weitgehend entschlackten Raum und zum zeitgleichen Kostüm, gerade
im klassischen Stück, den Willi Schmidt 1960 in New York erfolgreich probiert
und dann in Deutschland durchgesetzt hatte, führt er danach nicht fort. -
Veränderungen, Fortschritte werden jetzt wieder auf dem Gebiet des
Bühnenbildes gemacht: der noch stärkere Weg hinein in die Transparenz. Gegen
Ende des Jahrzehnts, mit Aufkommen der 68er-Generation, sieht sich Willi
Schmidt an den Rand gedrängt. Er opponiert. - Die Kunst, die er beherrscht,
wird jetzt zum Demonstrationsobjekt gegen die neuen Jungen; so lange, bis
Willi Schmidt sehr unsanft aus dem Theater entfernt wird. Die Zeit: „Savannah
Bay“, Herbst 1985. - Damit endet bald der von ihm gewählte Kunst-Nebenweg zur
realen, alltäglichen Wirklichkeit.
de
dc.description.abstract
Willi Schmidt was commited to the opinion of a different reality alongside the
usual daily reality: the reality of art. Schmidt intended to increase this
different reality of the arts more and more – finally to make the usual daily
reality vanish. Willi Schmidt engaged a definition from Goethe's
„Wahlverwandtschaften“ ('Chosen relationships'): „The most effecitve way of
avoiding the world is art – and the most effecitve way of attaching oneself to
the world is art.“ - That implies a by-pass to the usual daily life; it
implies also that there must be a branch-off from usual reality as well as a
return to it, later. Between these two junctions must be the turning point;
here Willi Schmidt's work with the actor Klaus Kammer. One might also use the
expression of a filter, the art understood as a filter, that excludes from
life in a special way. On the other hand the filter or the mask allows to
affect others: mainly the ones who stuck within their daily reality to win or
better to recruit them for the different reality. Willi Schmidt points out why
he separated at all from usual daily reality by refering to a quotation from
James Joyce: „Reality is a nightmare I try to awaken from.“ As a child Willi
Schmidt already witnessed the First World War. He had to exist in a century of
wars, ecconomic crisises and dictatorships; that is the reason why, if at all,
this awakening only could happen during the last years of his life. The
awakening, though, had to represent the end of art or the by-pass of art.
Willi Schmidt complained and lamented about this increasing losing; it is
possible to say he minuted it. The arts meant to Schmidt diligent work. He did
not want anything undesigned and unscheduled on stage. He anticipated forces
of the third dimension within the design of the two-dimensional plan view: as
a stage designer, as a director, as an author. Willi Schmidt eliminated the
inelasticity which could have inhered in this method by working with very
capable, powerful and talented comedians. He used to say: "Not until design
and schedule are really calculated (assiduity!) there is no way for the
emotion to settle in (...)" This emotion was imported substantially by the
comedians who were, briefed, positioned into his stage settings; congruously
stage settings more than stage designs; not decoration but the domination over
space. Klaus Kammer was the comedian with whom Willi Schmidt could work
together most intensive, from 1957 until his early death in 1964. It is
remarkable that Schmidt broke away from the scenographic principles of his
major teacher, the famous director Jürgen Fehling, on the symposium of
dramatic advisors in 1957, without pointing out this important step in
particular. That confirms the analysis that the artist stands within his art
deepestly during the period of the turning point; and that he creates his most
important works during this period – creations that made theatre history. The
turning point is marked exactly by the point when the vehicle witch had let
the artist grow, in Schmidt's case the decision for the different reality or
for poetry, is later felt as a barrier. In the beginning only taken for
positive and as a protection, now for the first time negatively: as a
disjunction from life and from a more extensive impression. The date:
"Clavigo", autumn of 1962. It turns out to be impossible to open up for the
usual daily reality without any filter. Klaus Kammer's death one and a half
year later consequently functions as a separative corset against the world
around him. Willi Schmidt did not continue on the step regarded as important
for the history of theatre, his step towards a widely purified set and in
particular a period costume, especially in a classical drama, a step which
Willi Schmidt had successfully tried in New York in 1959/1960 and transfered
it's results afterwards onto the German stage. - Changes and developments seem
to take place again only on the field of stage designing: towards an increased
transparency. At the end of the decade, when the generation from 1968 arose,
Willi Schmidt feels marginalized. He opposes. - The theatre art he is capable
of now becomes an instrument of anti-demonstration against the new; until he
becomes ruggedly eleminated from the theatre. The date: "Savannah Bay", autumn
of 1985. - That is the time when the by-pass of art is no more far from it's
return to the usual daily reality again.
en
dc.format.extent
XVII, 397 S.
dc.rights.uri
http://www.fu-berlin.de/sites/refubium/rechtliches/Nutzungsbedingungen
dc.subject
Theatre in the Third Reich
dc.subject
Gustaf Gründgens
dc.subject
Jürgen Fehling
dc.subject
Architectural stage set
dc.subject.ddc
100 Philosophie und Psychologie
dc.subject.ddc
700 Künste und Unterhaltung::710 Landschaftsgestaltung, Raumplanung::711 Raumplanung
dc.subject.ddc
700 Künste und Unterhaltung::790 Sport, Spiele, Unterhaltung::792 Bühnenkunst
dc.subject.ddc
800 Literatur
dc.title
Die Theaterkonzeption des Regisseurs und Bühnenbildners Willi Schmidt
dc.contributor.contact
WM.Wolfgang.Mielke@t-online.de
dc.contributor.firstReferee
Prof. Dr. Dr. hc Erika Fischer-Lichte
dc.contributor.furtherReferee
Prof. Dr. Henning Rischbieter
dc.date.accepted
2009-10-28
dc.identifier.urn
urn:nbn:de:kobv:188-fudissthesis000000015983-6
dc.title.subtitle
die andere Wirklichkeit
dc.title.translated
The concept for theatre of the director and stage designer Prof. Willi Schmidt
en
dc.title.translatedsubtitle
the different reality
en
refubium.affiliation
Philosophie und Geisteswissenschaften
de
refubium.mycore.fudocsId
FUDISS_thesis_000000015983
refubium.mycore.derivateId
FUDISS_derivate_000000007628
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free
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open access