Die Parkinsonerkrankung ist eine epidemiologisch bedeutsame Erkrankung des höheren Lebensalters, bei der es zur fortschreitenden Degeneration monoaminerger und cholinerger Neurone des zentralen Nervensystems kommt. Parkin-Funktionsverlust verursacht 50% der Fälle mit autosomal rezessiver Vererbung. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Parkinson-Mausmodell mit Parkin-Exon-3-Knockout im Stamm 129/Sv untersucht. Es wurden zehn Knockout- mit zehn Wildtypmäusen desselben Stamms verglichen. Mittels zweidimensionaler Großgel-Elektrophorese, Silberfärbung, softwaregestützter Bildverarbeitung (Proteomweaver), statistischer Auswertung (Wilcoxon-Test) und Massenspektrometrie wurden ventrales Mittelhirn (M) und Großhirn (C) auf Proteomveränderungen untersucht. Die Proteomanalyse zweier Hirnregionen des vorliegenden Parkin-Knockouts ergab zum einen Spotvolumenminderungen von Proteinen des antioxidativen Systems und der mitochondrialen Atmungskette (Peroxiredoxin 1, C und M, p=0,008 bzw. 0,037; Peroxiredoxin 2, M, p=0,037; Glyoxalase 1, C, p=0,047; CytochromC-Oxidase-Untereinheit Vb, M, p=0,025). Zum anderen fanden sich Spotvolumenänderungen synaptisch bzw. perisynaptisch lokalisierter Proteine: eine Spotvolumenminderung von Lasp-1 (M, p=0,028) und eine Spotvolumensteigerung von Complexin 2 (C, p=0,037). Die erstgenannten Ergebnisse bestätigen prominente Pathomechanismen des M. Parkinson: Veränderungen des antioxidativen Systems und der mitochondrialen Atmungskette. Mit den letztgenannten Ergebnissen dagegen rückt die vorliegende Untersuchung einen pathogenetischen Aspekt ins Blickfeld, der bisher kaum Beachtung findet: frühe Veränderungen der synaptischen Funktion. Synaptische Veränderungen werden bisher als späte, kompensatorische Vorgänge bei manifestem M. Parkinson mit fortgeschrittenem Neuronenverlust thematisiert. Da die Knockout-Mäuse jedoch nur eine dezente Klinik und keinerlei histopathologische Auffälligkeiten zeigen, stellen die beobachteten synaptischen Proteinveränderungen offenbar frühe, funktionelle Veränderungen dar, die möglicherweise ursächlich am späteren Neuronenverlust beteiligt sind. Die Ergebnisse weisen der glutamatergen Exzitotoxizität eine bedeutendere pathogenetische Rolle zu als bisher angenommen. So stehen Complexin 2 und Lasp-1 in Zusammenhang mit glutamaterger Transmission und synaptischer Plastizität, ebenso die Serinracemase (Tendenz, M, p=0,059). Da bereits vor einem signifikanten Neuronenverlust die glutamaterge Transmission verändert ist, spielt die glutamaterge Exzitotoxizität möglicherweise nicht nur eine verstärkende, sondern eine auslösende Rolle für den dopaminergen Zelluntergang. Mit einer veränderten glutamatergen Transmission sind auch andere Untersuchungsergebnisse am Mausmodell erklärbar. So beobachten Goldberg et al. eine Erhöhung der striatalen extrazellulären Dopaminkonzentration. Diese kann durch eine vermehrte glutamaterge Stimulation nigraler dopaminerger Neurone hervorgerufen werden, die ihrerseits durch eine Konzentrationserhöhung von Complexin 2 und Serinracemase bedingt sein könnte. Die beobachtete Erhöhung der striatalen extrazellulären Dopaminkonzentration, die im Gegensatz zum Dopaminmangel bei manifester, idiopathischer Parkinsonerkrankung steht, stellt möglicherweise eine Besonderheit des parkinbedingten M. Parkinson dar. Sie ist mit den bei Parkin-Patienten prominenten Dyskinesien vereinbar, die vermutlich durch einen Dopaminüberschuss bedingt sind. Auch die oben genannten funktionellen synaptischen Veränderungen könnten von besonderer Relevanz für die parkinbedingte Erkrankung sein: In PET-Untersuchungen zeigt sich eine ausgedehnte Dysfunktion bei eher umschriebenem Neuronenverlust und nur langsam progredienter Klinik. Neben Erkenntnissen zur Pathogenese der Parkinsonerkrankung liefert die Proteomanalyse auch Hinweise auf die Funktion des Proteins Parkin. Parkin zeigt in vitro Ubiquitinligase-Aktivität; jedoch wies die Proteomanalyse keine in-vivo-Konzentrationsänderungen der in-vitro- Substrate nach. Sie lässt allerdings auf die mittelbare Proteinfunktion schließen. So werden zum einen antioxidative und mitochondriale Funktion durch Parkin beeinflusst, zum anderen die synaptische Funktion - mit Auswirkungen auf glutamaterge und dopaminerge Transmission sowie Motorik und Lernverhalten der Maus. Das in einem anderen Parkin-Knockout akkumulierende in-vitro- Substrat p38 mag seinen Einfluss auf Wachstum und Differenzierung via Lasp-1 entfalten. In methodischer Hinsicht widerlegt die vorgelegte Arbeit die Behauptung, Parkin-Knockout-Effekte stellten im Wesentlichen confounding- Effekte durch Mausstammunterschiede dar; denn sie weist Veränderungen an Tieren mit homogenem genetischen Hintergrund nach. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung dürften auch für den idiopathischen M. Parkinson (IPD) relevant sein. Erstens rekapituliert das Modell prominente Merkmale des IPD: Veränderungen des antioxidativen und mitochondrialen Systems. Zweitens wird Wildtyp-Parkin durch oxidative Modifikation in seiner Funktion beeinflusst, so dass der bei IPD frühzeitig erhöhte oxidative Stress über einen Parkin-Funktionsverlust zu ähnlichen Defiziten wie der Parkin-Knockout führen kann.
Parkinson´s disease (PD) is a frequent, age dependent neurodegenerative disease that is characterised by loss of monoaminergic and cholinergic neurons in the central nervous system. Loss-of-function mutations in the parkin gene cause 50% of autosomal recessive cases. We examined proteome alterations in ventral midbrain (M) and cerebrum (C) of 129/Sv mice (n=10) due to knockout of exon 3 of the parkin gene, performing two dimensional large-gel electrophoresis and silverstaining, using image processing software and mass spectrometry. For statistical analysis we applied the Wilcoxon test. Proteome analysis showed decreased spot volume of antioxidant and mitochondrial proteins (peroxiredoxin 1, C, p= 0,008, M, p=0,037; peroxiredoxin 2, M, p=0,037; glyoxalase 1, C, p=0,047; cytochromeC oxidase subunit Vb, M, p=0,025). Moreover, we found changes in synaptic proteins and and proteins located in the perisynaptic compartment: increased spot volume of complexin 2 (C, p=0,037) and decreased spot volume of Lasp-1 (M, p=0,028). Whereas deficits in the antioxidant and mitochondrial systems reproduce well-known features of PD pathogenesis, the discovery of (peri-)synaptic protein changes leads to new insights: So far, synaptic changes have been discussed as a late, compensatory process after major loss of dopaminergic neurons. Since parkin k.o. mice show only slight motor deficits and no histological pathology, we suspect early alterations of synaptic function. Complexin 2 seems to be involved in glutamatergic synaptic vesicle exocytosis; Lasp-1 might play a role in synaptic plasticity. Parkin protein shows ubiquitin ligase activity in vitro, but none of its in-vitro substrates were found to show altered spot volumes in k.o. mice. Nevertheless, our results implicate that parkin, via unknown mechanisms, influences the antioxidative, mitochondrial and synaptic function. The latter seems to involve complexin 2 and Lasp-1 and, as demonstrated in different parkin knockout models, leads to altered motor and learning behaviour of the mouse. The results of this trial are expected to be relevant not only to parkin related disease, but to idiopathic PD (IPD), as well. Firstly, the model seems to be valid because it reproduces the most prominent features of IPD pathogenesis: alterations of the antioxidant and mitochondrial systems. Secondly, parkin function is influenced by oxidative modification, so that early oxidative stress in IPD can lead to similar consequences as parkin knockout.