Über die pränatale Gestaltentwicklung des Alveolarfortsatzes, die sich in enger Wechselwirkung mit der Odontogenese vollzieht, ist bisher nur wenig bekannt. Daher wurde im Rahmen dieser Arbeit der die Zahnanlagen tragende Abschnitt der Mandibula des Menschen zu verschiedenen Zeitpunkten der Fetalentwicklung während des späten Glockenstadiums der Milchzahnanlagen dreidimensional dargestellt und untersucht. Material und Methode: Die sich entwickelnde Mandibula wurde anhand von vier Schnittserien humaner Feten einer Scheitel-Steiß-Länge von 160-270 mm (ca. 18.-28. Woche post conceptionem) nach mikroskopi-scher Analyse mit Hilfe der Software analySIS® dreidimensional rekonstruiert. Die Zellen der Knochenoberfläche wurden einer histomorphologischen Zelldifferenzierung unterzogen und das daraus hervorgehende Knochenumbauverhalten in den erstellten 3D-Modellen kenntlich ge-macht. Systematische Abstandsmessungen dienten der Überprüfung eines möglichen Zusam-menhangs zwischen dem Knochenumbauverhalten und dem Abstand zwischen Zahnanlagen und umgebendem Knochen. Ergebnisse und Schlussfolgerungen: 1\. Während ihrer Entwicklung werden die Zahnanlagen zunehmend von einer sich vertiefen-den knöchernen Rinne gefasst, deren bukkale Lamelle einen deutlich unregelmäßigeren Höhen-verlauf zeigt als die linguale. Durch interdental einwachsende Knochenstrukturen erfolgt nach und nach eine Unterteilung der knöchernen Rinne in einzelne knöcherne Krypten. Diese Unter- gliederung bleibt bis zu einer SSL von 270 mm unvollständig. Die Milcheckzahnanlage besitzt schon früher eine eigene Krypte als die Milchinzisivi mesial sowie die Milchmolaren distal davon, welche sich jeweils noch ein gemeinsames Kompartiment im Knochen teilen. 2\. Knochenresorption an den zahnanlagennahen Innenflächen der knöchernen Krypten bei gleichzeitiger Knochenapposition an ihren Außenflächen bewirken eine Vertiefung und zentrifu- gale Expansion der Krypten. Aktives appositionelles Wachstum führt zur initialen Ausbildung der knöchernen Septen, ein Zusammenspiel von Knochenapposition und Knochenresorption an den mesialen und distalen Flächen dieser Septen zu ihrer Verschiebung im Raum. Die Zahnanla-gen scheinen dabei einen bedeutenden Einfluss auf das Knochenumbauverhalten und damit auf das Knochenwachstum zu haben. Die überproportionale Volumenzunahme der ersten Milchmo-larenanlage im untersuchten Zeitraum korreliert mit einer von dieser Zahnanlage mesial wie distal wegstrebenden "Septenwanderung" und damit auch "Kryptenwanderung". Geringe Abstände zwischen Zahnanlage und Knochen scheinen die Resorption des Knochens zu begünstigen. 3\. Neben desmaler Ossifikation trägt auch chondrale Ossifikation zur Ausbildung des die Zahnanlagen umgebenden Knochens bei. Letztere beschränkt sich nicht nur auf den anterioren, intramandibulären Anteil des Meckelschen Knorpels und die häufig beschriebenen sekundären Knorpelstränge im Angulus und Ramus mandibulae. Vielmehr trägt sekundär ausgebildeter Knorpel durch enchondrale Ossifikation auch zum besonders interdental stattfindenden Höhen-wachstum der bukkalen Knochenlamelle und der von ihr ausgehenden Bildung interdentaler Knochenvorsprünge resp. Septen bei. 4\. Das Zahnsäckchen weist ab dem Glockenstadium neben einer zahnkeimnah verdichteten, kollagen- und fibroblastenreichen inneren und einer lockeren intermediären auch eine zum Kno-chen hin zellreiche und interdental im Richtungsverlauf der späteren Septen fibrös hervortretende Schicht Mesenchyms auf. Dies lässt sich als morphologischer Hinweis auf eine bedeutende Rolle des Zahnsäckchens bei der Interaktion zwischen Zahnanlage und Knochen verstehen.
How the alveolar process of the jawbone is prenatally formed and how its morphology develops in close interdependency with the adjacently growing dental primordia is not yet known in detail. Therefore the chief aim of this study was the three-dimensional depiction and examination of the tooth germ bearing area of the human mandible at different stages of fetal development during the late bell stage of the tooth germs. Material and Methods: Using the software analySIS® the developing mandible was three-dimensionally reconstructed from four histological serial sections of human fetuses ranging from 160 to 270 mm crown-rump-length (approx. 18th to 28th week post conceptionem). The cells lining the bony surfaces were histomorphologically analyzed and the consequential bone modeling processes marked in color within the 3D-models. Systematic distance measurements were conducted in order to check for a potential correlation between the bone modeling processes and the distance between tooth germ and bone. Results and Conclusions: 1\. As fetal development proceeds the dental primordia become increasingly integrated into a deepening bony groove. The lateral lamella of this groove shows notably more inconstancy in its course alongside the buccal surfaces of the tooth germs than the medial lamella does alongside their lingual surfaces. Interdentally evolving bone subdivides the bony groove into single bony crypts. Up to a crown-rump-length of 270 mm this segmentation remains incomplete. The pri- mordium of the canine possesses its own bony crypt earlier than the remaining tooth germs of the incisors mesial and the molars distal to it which each still share a common bony compartment. 2\. Bone resorption on the inner surfaces neighbouring the tooth germs and simultaneous bone apposition on the outer, peripheral surfaces of the bony crypts lead to their deepening and centri-fugal growth. The tooth germs themselves seem to have a great influence on the modeling pat-terns and hence on the growth processes of the surrounding bone. During the analyzed stages of fetal development the disproportionally high increase in volume which the primordium of the first deciduous molar describes correlates with a shift of all bony septa and, consequentially, of the bony crypts away from this tooth germ. Small distances between tooth germs and surround-ing bone seem to promote bone resorption. 3\. Besides intramembranous ossification also chondral ossification leads to the formation of the tooth germ bearing part of the lower jaw. Other than the anterior part of Meckel's cartilage and often described secondary cartilages within the Angulus and Ramus mandibulae also islets of secondary cartilage which develop buccal to the dental primordia undergo chondral ossi-fication. These islets hereby participate in the formation of the buccal bony lamella, especially promoting its growth in between the tooth germs where towering bony protuberances and inter-dental septa arise. 4\. The dental follicle as of the bell stage of odontogenesis is a structure of three layers: an inner layer rich in collagen and fibroblasts which directly encloses the tooth germ (dental follicle proper), an intermediate layer of loose mesenchyme and an outer layer rich in mesenchymal cells when close to the bone and fibrously protruding in orientation of the later septa when meeting in between the tooth germs. This can be conceived as a morphological hint for the important role the dental follicle supposedly plays in the interaction between tooth germ and surrounding bone.