Eigen- und Fremdwahrnehmung von Frauen nach FGC (Female Genital Cutting) erscheinen nahezu inkompatibel. Diese Arbeit legt daher den Schwerpunkt auf die Sichtweise der Betroffenen innerhalb ihres kulturellen Gefüges und ihrer soziopolitischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten. Wichtig sind hierbei der respektvolle Umgang und das Verständnis für die historischen Besonderheiten. Die Autorin ist eritreischer Herkunft, jedoch in Deutschland aufgewachsen. und hat es sich zum Ziel gesetzt, die Situation der beschnittenen und unbeschnittenen Frauen in den Ursprungsländern und in der westlichen Gesellschaft zu untersuchen. Dazu führte sie zwischen 1999 und 2005 eine empirische Untersuchung sowohl in Eritrea als auch in Deutschland durch. Hierzu wurden die gesundheitlichen und psychosexuellen Folgen für die beschnittenen Frauen (N= 367) im Vergleich zu unbeschnittenen (N=53) wie auch für Männer (N=50) untersucht. Die interviewten Frauen waren im Mittel 28,2 Jahre alt. Das Alter der interviewten Männer lag bei durchschnittlich 37 Jahren. Außerdem wurden beschnittene Frauen in Eritrea mit beschnittenen Migrantinnen aus demselben Kulturkreis (N = 31) in Deutschland verglichen. Es zeigt sich, dass die beschnittenen Frauen in Eritrea ihre psychischen Erkrankungen nicht in Zusammenhang mit ihrer Beschneidung bringen, da die Frauen in ihren Ländern durch ihre Genitalbeschneidung eine soziale Identität erhalten und gesellschaftliche Anerkennung genießen. FGC steht dort symbolisch für positiv besetzte Werte. Dagegen können Migrantinnen in Deutschland durch ein negativ besetzten, unsensiblen öffentlichen Diskurs und bei Unkenntnis des medizinischen Personals massiv unter ihrer Beschneidung leiden. FGC genießt in Eritrea noch heute einen positiven Ruf insbesondere in ländlichen Gegenden, wo der Schulbesuch für Mädchen noch seltener möglich ist als in der Stadt und Frauen die höchste Analphabetenrate haben. Es zeigt sich, dass die Beschneidungsrate mit höherer Schulbildung abnimmt. Die Situation in Eritrea ist mit anderen afrikanischen Gesellschaften vergleichbar, die FGC praktizieren: Armut, mangelnde Schulbildung und fehlende wirtschaftliche Sicherheit sind bezeichnend für diese Länder. Die fehlende medizinische Grundversorgung trägt mit dazu bei, dass diese Länder eine hohe Kinder- und Müttersterblichkeit aufweisen. FGC kommt, insbesondere in Form der Infibulation, als Risikofaktor hinzu. FGC stellt für die FGC-ausführenden Gesellschaften jedoch nicht das Hauptproblem dar. Vor diesem Hintergrund wären internationale Beendigungsstrategien geboten, die zunächst zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen beitragen. Eine pauschale Verurteilung der weiblichen Genitalbeschneidung ist nicht hilfreich bei der Entwicklung effektiver Präventionsmaßnahmen. Nur das Verstehen der komplexen soziokulturellen Zusammenhänge und Hintergründe kann dazu beitragen, Beendigungsstrategien zu entwickeln, welche die Ressourcen der betroffenen Gesellschaften berücksichtigen und damit nachhaltige und umsetzbare Lösungen ermöglichen. FGC ist eine interkulturelle und interdisziplinäre Herausforderung.
Despite numerous publications and research material on FGC there exists a large perceptual discrepancy between localities where FGC is practiced, and those where it is not, complicating dialogue around the subject. This work studies those affected within their cultural environment and their socio- political and economic conditions. It has been important to maintain a respectful scientific perspective, and to understand both historical differences and differing stages of development . The author is from Eritrea, but grew up in Germany. Her goal is to examine the situations of circumcised and uncircumcised women in their native countries, and those now living in western society. Additionally the author conducted an empirical investigation between 1999 and 2005 both in Eritrea and in Germany. The perspective of this investigation stresses the context and social backgrounds of FGC, without neglecting the serious consequences for the women affected. The basis of this investigation was the examination of the health and psychosexual implications for circumcised women (N= 367) compared with uncircumcised women (N=53) and also of men (N=50) in Eritrea. The interviewed women were on average 28.2 years old. The average age of the men interviewed was 37 years. There follows a comparative study examining circumcised women in Eritrea, with circumcised immigrants from the same cultural area now living in Germany. The women who reside in a culture where circumcision is approved do not connect their psychological illnesses with their circumcision, as circumcision is a part of their social identity and leads to a higher societal acknowledgement. There circumcision symbolically represents positive social values. Comparatively migrants to Germany suffer significantly through an insensitively handled public debate, and ignorance among medical staff. FGC is still seen positively in Eritrea particularly in rural areas where school attendance amongst girls is lower than in cities, and female illiteracy rates are higher. It can be demonstrated that the rate of female circumcision decreases with higher levels of education. The situation in Eritrea is comparable with other African societies that still practice FGC - poverty, a lack of education and economic insecurity are shared characteristics of these countries. Additionally absence of basic medical supplies contributes to the high mortality rate amongst mothers and children, female circumcision, in particular infibulations, increases this rate. For most societies practicing FGC, it does not represent a central problem. Therefore international strategies to abolish FCG need to seek of improving living conditions in general within those societies. Condemnation of FGC does not assist the development of effective preventative measures. Only an understanding of the complex socio-cultural connections and backgrounds can contribute towards the development of viable abolishment strategies. These strategies must utilise the resources of the societies concerned in order to provide flexible, sustainable solutions. FGC is an intercultural and interdisciplinary challenge.