Während Bacteriorhodopsin (bR) in der Purpurmembran des Halobacterium salinarium vorkommt, findet man Rhodopsin in den Sehstäbchen der Netzhaut von Wirbeltieren. Dennoch gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten, z.B. ist im Inneren beider Proteine der Chromophor Retinal kovalent gebunden. Durch Absorption von Licht wird die biologische Funktion der Proteine gestartet. Um diese biologische Funktion auf molekularer Ebene zu verstehen, werden Photospannungsmessungen durchgeführt, die Aufschluß über die Ladungsverschiebungen innerhalb des Proteins geben. Zusätzlich gibt die Absorptionsspektroskopie Erkenntnisse über lokale Änderungen in der Umgebung des Chromophors.
In einem Reaktionszyklus durchläuft Bacteriorhodopsin eine Abfolge von strukturellen Änderungen und Ladungsverschiebungen, deren Zwischenzustände als Intermediate bezeichnet werden. Beim Durchlaufen des Zyklus wird ein Proton von der zytoplasmatischen Seite der Zelle zur extrazellulären Seite transportiert. Der dadurch entstandene Potentialunterschied zwischen den Membranoberflächen wird in Photospannungsmessungen detektiert. Ein Nebeneffekt dieses Potentialunterschiedes ist nun, daß er dem weiteren Ladungstransport entgegenwirkt, d.h. die Kinetik des Transportzyklus bei mehrfacher Anregung wird verändert. Im ersten Teil der Arbeit wird dieser Aufladungseffekt mit Hilfe von Doppelblitzexperimenten untersucht. Mit einer ersten Anregung wird ein Potential über der Membran erzeugt und mit einer weiteren wird die veränderte Kinetik nachgewiesen.
In einem weiteren Teil der Arbeit wird nun die Wellenlänge des zweiten Blitzes so gewählt, daß dieser die Intermediate des Photozyklus anregt. Mit einem zweiten Blitz blauer Farbe kann beispielsweise das sogenannte M-Intermediat von bR angeregt werden. Dadurch wird das Protein innerhalb von einigen hundert Nanosekunden in den Ausgangszustand zurückversetzt. Diese Reaktion kann in elektrischen und optischen Messungen zeitaufgelöst detektiert werden. Eine genaue Untersuchung dieser Rückreaktion, bei unterschiedlichem Zeitabstand zwischen den beiden Blitzen und bei unterschiedlichem pH der Lösung, führt zur Interpretation, daß die Reaktion von verschiedenen M-Intermediaten erfolgt, die sich durch die Protonierung der Abgabegruppe an der extrazellulären Oberfläche unterscheiden. Danach existiert also eine Kopplung des Protonierungsgleichgewichtes im Inneren der Membran mit dem Gleichgewicht auf der Membranoberfläche. Um diese Interpretation zu untermauern, werden Untersuchungen an Mutanten durchgeführt, bei denen an einer definierten Stelle im Protein eine geladene Aminosäure ausgetauscht ist. Dadurch wird die Kopplung gezielt gestört, und die Rückreaktion erfolgt mit veränderter Kinetik.
In der Reaktionskaskade von Rhodopsin, an dessen Ende der Chromophor vom Protein abgespalten wird, existiert ein dem M Intermediat von bR sehr ähnlicher Zustand (MII). Auch hier ist die Bindungsstelle des Chromophors im Inneren der Membran deprotoniert. Elektrische und optische Messungen der pH- Abhängigkeit der Bildungskinetik dieses MII Intermediates können auch hier mit einer Kopplung des Protonierungsgleichgewichtes im Inneren der Membran mit dem Gleichgewicht auf der Oberfläche erklärt werden. Im Gegensatz zu bR erfolgt hier die Kopplung an eine Protonenaufnahme.