Die pathogenetischen Faktoren, die der essentiellen Hypertonie und assoziierten Endorganschaeden wie der progressiven Nierenerkrankung zugrunde liegen, sind derzeit weitgehend ungeklaert. Aufgrund der Komplexitaet dieser multifaktoriellen Erkrankungen, die auf dem Wechselspiel verschiedener genetischer und umweltbedingter Faktoren beruhen, hat sich der Einsatz von genetisch homogenen Inzuchtrattenstaemmen fuer die Untersuchung der krankheitsfoerdernden genetischen Ursachen als erfolgreiche Methode erwiesen. Die Munich Wistar Froemter (MWF)-Ratte stellt aufgrund ihrer charakteristischen Merkmalsauspraegungen wie der spontanen Entwicklung einer arteriellen Hypertonie, einer fruehzeitig einsetzenden Albuminurie und damit einhergehenden sekundaeren strukturellen Veraenderungen in der Niere ein aus klinischer Sicht interessantes Modell zur Erforschung der Pathogenese von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen dar. Im Rahmen der in der Arbeitsgruppe durchgefuehrten Kopplungs- und Kosegregationsanalyse einer Backcross- Population aus MWF- und spontan hypertensiven (SHR)-Ratten wurde bei der genomweiten Quantitative Trait Loci (QTL)-Analyse ein QTL auf dem Chromosom 6 der Ratte (RNO6) identifiziert, der mit der sich fruehzeitig entwickelnden Albuminurie und der Entstehung der renalen interstitiellen Fibrose bei adulten MWF-Ratten assoziiert ist. Zusaetzlich kartiert ein QTL fuer subkapsulaere Glomeruli mit und ohne Kapselkontakt, welche ein charakteristisches Merkmal der MWF-Ratte sind, in die gleiche Region von RNO6. Um den Einfluss des Albuminurie-QTL auf die Entwicklung der proteinurischen Nierenerkrankung naeher zu untersuchen, wurde der konsome Rattenstamm MWF-6SHR gezuechtet, bei dem das Chromosom 6 des kontrastierenden SHR-Stammes in den isogenetischen Hintergrund der MWF-Ratte transferiert wurde. Die genetische Reinheit des neu etablierten MWF-6SHR-Stammes wurde mit Hilfe von 237 Mikrosatellitenmarkern systematisch ueberprueft und bestaetigt. Bei der phaenotypischen Charakterisierung zeigte sich, dass die fruehzeitige Entwicklung der Albuminurie der MWF-Maennchen in der 8. Woche, die eine im Vergleich zu den SHR-Maennchen 55fach erhoehte Albuminausscheidung aufwiesen (p<0,0001), beim konsomen Stamm MWF-6SHR vollstaendig unterdrueckt wurde. In der Verlaufsbeobachtung bis zur 24. Woche liess sich nur ein moderater Anstieg der Albuminausscheidung bei den MWF-6SHR-Maennchen feststellen, waehrend die MWF- Maennchen Albuminwerte im nephrotischen Bereich erreichten (16,56 +/- 15,19 vs. 162,64 +/- 67,80 mg/24h, p<0,0001). Die Analyse des Ausmasses der Glomerulosklerose, der tubulointerstitiellen Schaedigungen, der renalen interstitiellen Fibrose und der renalen Kollagen III mRNA Expression zu diesem Zeitpunkt ergab signifikant bessere Werte fuer alle Parameter bei den MWF- 6SHR-Maennchen im Vergleich zu den MWF-Maennchen (p<0,05). In der 32. Woche wiesen die MWF-Maennchen im Gegensatz zu den MWF-6SHR-Maennchen eine massive Albuminurie auf (354,61 +/- 112,92 vs. 48,79 +/- 39,59 mg/24h, p<0,0001), die begleitet war von einer Dyslipidaemie und einer messbaren Nierenfunktionseinschraenkung. Die MWF-6SHR-Maennchen zeigten dagegen signifikant niedrigere Triglycerid-, Cholesterin- und Harnstoffkonzentrationen im Serum, und eine signifikant hoehere Kreatinin-Clearance im Vergleich zu den MWF-Maennchen (p<0,05). Der Einfluss von RNO6 auf die erhoehte Anzahl an oberflaechlich gelegenen Glomeruli im MWF-Stamm konnte fuer die subkapsulaeren Glomeruli mit Kapselkontakt durch eine signifikant reduzierte Anzahl im MWF- 6SHR-Stamm bestaetigt werden (p<0,05). Die Anzahl der subkapsulaeren Glomeruli ohne Kapselkontakt unterschied sich in der 24. Woche nicht zwischen den MWF- und MWF-6SHR-Maennchen, so dass davon auszugehen ist, dass dieses Merkmal in staerkerem Masse auf dem Zusammenspiel mehrerer QTL beruht. Inwieweit die durch postnatale Entwicklungsstoerungen entstehenden subkapsulaeren Glomeruli die Nierenfunktion der MWF-Ratten beeinflussen, bedarf weiterer struktureller und funktioneller Untersuchungen. Die Blutdruckunabhaengigkeit des Effektes von RNO6 auf die Albuminurie und die strukturellen Veraenderungen in der Niere konnte durch vergleichende nicht-invasive Blutdruckmessungen der drei Rattenstaemme nachgewiesen werden. Dabei zeigten die SHR-Ratten signifikant erhoehte Blutdruckwerte waehrend die Werte der MWF-6SHR-Ratten mit denen der MWF-Ratten vergleichbar waren. In der 24. Woche liessen sich sogar im Vergleich zu den MWF-Maennchen signifikant erhoehte systolische Blutdruckwerte bei den MWF-6SHR-Maennchen beobachten (p<0,05), so dass ein niedrigerer Blutdruck als Ursache fuer die verbesserte renale Funktion des MWF-6SHR- Stammes ausgeschlossen werden konnte. Des Weiteren konnte durch die phaenotypische Charakterisierung der Weibchen der drei Staemme der geschlechtsunabhaengige Effekt von RNO6 auf die Albuminurie nachgewiesen werden. Die MWF-6SHR-Weibchen zeigten ab der 8. Woche bis zum Endpunkt der Verlaufsstudie in der 32. Woche im Vergleich zu den MWF-Weibchen signifikant niedrigere Werte der Albuminausscheidung (0,82 +/- 0,37 vs. 17,07 +/- 8,61 mg/24h, p<0,0001), die den pathologischen Grenzwert von 1 mg/24h nicht eindeutig ueberschritten. Der QTL auf RNO6 ist demnach auch bei den Weibchen an der Entstehung und Progression der Albuminurie beteiligt und unabhaengig von protektiven Faktoren, die fuer den sexuellen Dimorphismus und damit die im Vergleich zu den Maennchen geringere Auspraegung der Albuminurie bei den Weibchen verantwortlich sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit dokumentieren, dass, obwohl die Albuminurie bei der MWF-Ratte durch ein Wechselspiel verschiedener QTL bedingt wird, der genetische Austausch eines Locus auf RNO6 zu einer deutlichen Suppression der sich fruehzeitig entwickelnden Albuminurie und konsekutiven strukturellen Nierenschaedigungen fuehrt. Die Identifizierung der genetischen Mechanismen dieses entscheidenden Locus verspricht neue Einblicke in die Pathogenese der hypertensiven Nierenschaedigungen beim Menschen.
The pathogenetic mechanisms which are involved in the development of essential hypertension and its associated end-organ damage like renal progressive disease are widely unknown. The Munich Wistar Froemter (MWF) rat represents a valuable model for isolation and characterization of putative candidate genes and dissection for disease pathways in proteinuric renal disease. In a recent crossbreeding study between MWF and spontaneously hypertensive rats (SHR) we identified a major quantitative trait locus (QTL) on rat chromosome 6 (RNO 6) that was linked to both early-onset albuminuria and increased renal interstitial fibrosis in adult MWF rats. We therefore generated a speed consomic strain to test the relevance of this QTL to the development of proteinuric renal disease. In accordance to the cosegregation analysis we used the SHR as a contrasting reference strain which shows similar hypertension compared to the MWF rats but normal urinary albumin excretion (UAE) levels. A consomic MWF-6SHR strain was generated by sequential marker-assisted backcrossing transferring chromosome 6 from SHR into MWF rats. The MWF background and an intact SHR chromosome 6 in the consomic strain were confirmed by genome analysis with 237 microsatellite markers. Phenotype analysis at the age of 8 weeks revealed that early-onset of albuminuria in MWF with a 55fold elevation of UAE compared to SHR (p<0\. 0001) was completely abolished in MWF-6SHR. Time-course analysis until week 24 demonstrated only a moderate increase of UAE in MWF-6SHR, while MWF reached levels in the nephrotic range (16.56 +/- 15.19 vs. 162.64 +/- 67.80 mg/24 h, p<0.0001). Analysis of glomerulosclerosis, tubulointerstitial damage, renal interstitial fibrosis, and renal collagen III mRNA expression at this age revealed a significant improvement of all parameters in MWF-6SHR compared with MWF (p<0.05). At week 32, MWF but not MWF-6SHR demonstrated overt proteinuria (354.61 +/- 112.92 vs. 48.79 +/- 39.59 mg/24 h, p<0.0001), that was accompanied by dyslipidemia and decline in renal function. Serum urea, cholesterol, and triglyceride concentrations were lower and creatinine clearance was higher in MWF-6SHR compared with MWF (p<0.05). The protective effect on the development of proteinuria that was observed in the consomic strain MWF-6SHR could not be attributed to a decrease in systolic blood pressure (SBP). At week 24, both MWF and MWF-6SHR exhibited lower SBP compared with SHR (p<0.0001), whereas SBP was lower in MWF compared with consomic rats (p<0.05). Thus, although albuminuria in MWF is determined by a complex interplay of several QTL, these data demonstrate that genetic exchange of one locus on RNO6 leads to a marked suppression of early-onset albuminuria and renal damage in MWF. The identification of the genetic mechanisms of this QTL may provide new insights into the pathogenesis of hypertensive renal damage in humans.