Die Frakturheilung ist ein komplexer und multifaktorieller Vorgang, der durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Zellsysteme und Signalkaskaden gesteuert wird. Biomechanische Rahmenbedingungen, wie interfragmentäre Bewegungen, und Manipulationen, wie die im klinischen Alltag häufig stattfindende Hämatomausräumung, nehmen Einfluss auf diesen Heilungsprozess. Um die Folgen unterschiedlicher interfragmentärer Bewegungen auf die Genexpression im Frakturhämatom und den daraus resultierenden Heilungsverlauf, sowie die Auswirkungen der Hämatomentfernung zu untersuchen, wurde eine standardisierte Osteotomie am Schafmodell durchgeführt. Die Versorgung erfolgte mittels zweier identisch montierter externer Fixateure, die unterschiedlich große interfragmentäre Bewegungen (rigide versus kritisch) zuließen. Vier Tage nach der Osteotomie wurde das im Spalt befindliche Frakturhämatom entfernt und molekularbiologisch auf die Expression folgender heilungsrelevanter Faktoren untersucht: Bone Morphogenetic Protein-2 (BMP-2), BMP-4, BMP-7, Cysteine-rich Protein 61 (CYR61), Hypoxia-inducible Factor-1α (HIF-1α), Insulin-like Growth Factor-1 (IGF-1), Interleukin-1 (IL-1), IL-6, Kollagen-Typ II (Coll II), Matrix Metalloproteinase-13 (MMP-13), Osteopontin (OPN), Platelet Derived Growth Factor-BB (PDGF-BB), Transforming Growth Factor-β1 (TGF-β1), Tumor Necrosis Factor-α (TNF-α) und Vascular Endothelial Growth Factor-A164 (VEGF-A164). Zusätzlich erfolgte eine histologische und immunhistochemische Aufarbeitung des Hämatomgewebes. Zehn Tage nach der Hämatomentfernung und somit zwei Wochen post operationem, wurden histologische, histomorphometrische und immunhistochemische Untersuchungen des Osteotomiegebietes durchgeführt. Im vier Tage alten Frakturhämatom konnte eine Expression aller untersuchten Faktoren dokumentiert werden. Der Vergleich beider Fixateursysteme zeigte lediglich bezüglich MMP-13 und IL-6 eine signifikant geringere mRNA-Synthese, bezüglich BMP-4 einen Trend zu einer geringeren Expression in der Gruppe mit kritischer Fixateurversorgung (erhöhte interfragmentäre Bewegungen). Histologisch fanden sich im Hämatomgewebe unabhängig von der Osteosynthesestabilität Erythrozytenkomplexe, die teilweise von Fibrinnetzen und inhomogen verteilten Entzündungszellen durchsetzt waren. Zusätzlich wurde das Hämatom vereinzelt von Zellen infiltriert, die in ihrer Größe die Entzündungszellen übertrafen und eine erniedrigte Kern-Zytoplasma-Relation aufwiesen. Auch zwei Wochen nach der Osteotomie mit zusätzlicher Hämatomentfernung zeigte sich in beiden Gruppen ein ähnliches Bild. Weder in der Gesamtkallusfläche noch in der Zusammensetzung des Kallus mit ca. 99% Bindegewebsanteil und nur 1% mineralisiertem Kallus konnten signifikante Unterschiede zwischen dem rigiden und dem kritischen System nachgewiesen werden. Das Osteoklastenaufkommen konzentrierte sich auf das periostale Osteotomiegebiet, wobei die Dichte trabekulär tendenziell im kritischen System erhöht war. Die unterschiedliche Fixateurversorgung führte im Osteotomiegebiet zu keinen signifikanten Unterschieden hinsichtlich der Gefäßdichte im Gesamtkallus. Eine differenzierte Betrachtung zeigte jedoch im periostalen Kallusgebiet eine signifikant niedrigere Dichte nach kritischer Fixation als nach rigider. Diese Ergebnisse wurden auch bei der Unterscheidung der Gefäßgröße für kleine Blutgefäße bestätigt. Generell war festzustellen, dass sowohl bei der gesamten als auch bei der differenzierten Betrachtung signifikant mehr kleine als große Gefäße im rigiden System zu finden waren. Im kritischen Fixateursystem wies die größenspezifische Gefäßverteilung lediglich einen starken Trend auf. Die Ergebnisse zeigen, dass schon im vier Tage alten Frakturhämatom trotz der sehr geringen Organisation viele knochenheilungsrelevante Faktoren unterschiedlichster Funktion exprimiert werden. Der Einfluss biomechanischer Rahmenbedingungen auf die Genexpression zu diesem Zeitpunkt scheint jedoch überwiegend noch nicht bzw. nicht mehr sichtbar zu sein. Der Vergleich mit der Vorgängerstudie von Schell et al. [130] konnte zeigen, dass eine Entfernung des Hämatomgewebes in dieser initialen Phase der Frakturheilung den Verlauf stark zu beeinträchtigen scheint, so dass unabhängig von den wirkenden interfragmentären Bewegungen zwei Wochen nach der Osteotomie Kallusgewebe mit wenig organisierten Anteilen im Osteotomiespalt vorherrscht. Auch die Gegenüberstellung der Osteoklasten- bzw. Gefäßdichte mit den entsprechenden Vorgängerstudien von Lienau et al. [75] bzw. Schell et al. [130] weist auf eine Beeinflussung der Dichte durch die Hämatomausräumung hin. Jedoch scheint diese nicht maximal ausgeprägt zu sein, so dass eine Auswirkung biomechanischer Rahmenbedingungen auf den Heilungsprozess dokumentiert werden konnte. Diese Studie hat gezeigt, dass sowohl erhöhte interfragmentäre Bewegungen als auch die im klinischen Alltag häufig stattfindende Hämatomausräumung den Heilungsverlauf beeinflussen und verzögern.
Fracture healing is a complex and multifactorial process which is controlled by the interaction of different cell systems and signalling cascades. Biomechanical conditions such as interfragmentary movements have an influence on the healing process. Furthermore, biological manipulations such as hematoma removal, which is often performed in everyday clinical life, also affect the further healing process. This study aimed to examine the effect of different interfragmentary movements on the gene expression in a hematoma formed after osteotomy, as well as the effect of the hematoma removal on the further healing process. Therefore, a standardized tibial osteotomy was performed in sheep and stabilized with either a rigid or mechanically critical external fixator. Four days after osteotomy, the fracture hematoma was removed from the gap and quantitative RT-PCR (qPCR) was performed to determine the gene expression of the following factors: Bone Morphogenetic Protein-2 (BMP-2), BMP-4, BMP-7, Cysteine-rich Protein 61 (CYR61), Hypoxia Inducible Factor-1α (HIF-1α), Insulin-like Growth Factor-1 (IGF-1), Interleukin-1 (IL-1), IL-6, Kollagen-Typ II (Coll II), Matrix Metalloproteinase-13 (MMP-13), Osteopontin (OPN), Platelet Derived Growth Factor-BB (PDGF-BB), Transforming Growth Factor-β1 (TGF-β1), Tumor Necrosis Factor-α (TNF-α) und Vascular Endothelial Growth Factor-A164 (VEGF-A164). Furthermore, the hematoma samples were analyzed by histology and immunohistochemistry. Ten days after the removal of the hematoma (two weeks post operationem), histological, histomorphometical and immunhistochemical examinations were conducted on frontal sections of the osteotomy region. qPCR analysis demonstrated the mRNA expression of all investigated genes in the four day old fracture hematoma. The comparison of both fixation systems merely showed a significantly lower mRNA expression of MMP-13 and IL-6 and a trend to a lower expression of BMP-4 in the group stabilized with the critical external fixator (higher interfragmentary movements). Histological analysis of the four day hematoma samples in both groups showed a blood clot organized by a loose network of fibrin containing inflammatory cells. Beside erythrocytes and leukocytes, in sparse areas larger cells were found that showed a low nuclear-cytoplasmic ratio. Histological analysis of the osteotomy region two weeks after surgery showed a similar callus tissue differentiation in both fixator groups. The callus in both groups consisted of approximately 99% fibrous tissue and 1% mineralized bone. The appearance of osteoclasts dominated in the periosteal callus area, whereas the osteoclastic density per mm² trabecular bone was higher in the critical compared to the rigid fixator group. Immunohistochemical analysis of blood vessel density in the total callus area two weeks after surgery showed no difference between both fixator group. But, considering the different callus regions, a significantly lower density of blood vessels, mainly small blood vessels, in the periosteal callus was found in the critical compared to the rigid fixator group. Overall, in the rigid fixator group a significantly higher density of small than large blood vessels was found in all analyzed callus regions. In the critical fixator group, there was a trend to a higher density of small vessels compared to large ones. These results demonstrate that even in a four day old fracture hematoma, despite very little tissue organisation, several factors known to play a role during bone healing are expressed. But, the influence of biomechanical conditions on the gene expression seems to be not yet visible or even not visible anymore at this time point. The removal of hematoma tissue during this initial phase of fracture healing seems to strongly interfere with the healing process leading to the formation of less developed callus tissue, independent from the prevailing interfragmentary movements. Furthermore, the osteoclast and vessel density seem to be influenced by the hematoma removal. In contrast to the tissue differentiation, an effect of the biomechanical conditions on the osteoclast and vessel density in the callus could be documented. This study has shown that increased interfragmentary movements as well as hematoma removal which is often performed clinically influence and delay the healing process.