Das Humane Parvovirus B19 ist ein autonom replizierendes, einzelsträngiges (ss) DNA-Virus und als Erreger der Ringelröteln (Erythema infectiosum), des Hydrops fetalis, aplastischer Anämien sowie Polyarthritiden bekannt. Aufgrund seines stark ausgeprägten Zell- und Gewebetropismus kann B19V ausschließlich in erythroiden Vorläuferzellen im Knochenmark und fetalen Leberzellen einen produktiven Infektionszyklus durchlaufen. Durch verbesserte Analysemethoden konnte B19V-DNA in den letzten Jahren zusätzlich in vielen andern Gewebe- und Zelltypen nachgewiesen werden. Aufgrund des Nachweises der B19V-DNA in Endothelzellen der intramyokardialen Arteriolen und der postkapillaren Venolen des Herzens wurde eine mögliche Assoziation zwischen einer B19V-Infektion und kardialen Erkrankungen wie der inflammatorischen dilatativen Kardiomyopathie (DCMi) postuliert. Jedoch konnte bislang keine Replikation des B19V-Genoms in den Endothelzellen nachgewiesen werden, sodass von einer latenten Infektion ausgegangen werden muss. Der Aufnahmemechanismus von B19V in Endothelzellen war bislang noch vollkommen ungeklärt. Die Zielstellungen dieser Arbeit bestanden darin, den genauen Aufnahmemechanismus von B19V in Endothelzellen aufzuklären und den weiteren Infektionsverlauf nach der Virusaufnahme zu untersuchen. Eine vorangegangene Studie zur klassischen Rezeptor-vermittelten B19V-Aufnahme in verschiedenen Endothelzellen hatte nur eine sehr geringe Aufnahme von Viruspartikel gezeigt, trotz der Expression des B19V-spezifischen Rezeptors und möglicher Ko-Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Diese Ergebnisse konnten die in endothelialen Zellen detektierten, teilweise erheblichen Mengen von B19V-DNA nur schwer erklären und ließen auf einen alternativen B19V- Aufnahmemechanismus schließen. Einen möglichen alternativen Mechanismus stellt die Antikörper-vermittelte Virusaufnahme dar, die bereits für B19V in der monozytären Zelllinie U937 beschrieben wurde. Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass spezifische α-B19V-Antikörper die Virusaufnahme bereits in geringen Konzentrationen stark erhöhen. In Bindungs- und Aufnahme-Studien wurde beobachtet, dass bei den getesteten Endothelzellen der Effekt der ADE praktisch ausschließlich auf der Ebene der Internalisierung vermittelt wird, während bei den monozytären U937-Zellen die Viruspartikel in Anwesenheit von α -B19V-Antikörpern bereits stärker an die Oberfläche gebunden wurden. Für die Aufklärung des Mechanismus der ADE in Endothelzellen erfolgte zunächst eine Analyse der Fcγ-Rezeptor-Expression auf der Zelloberfläche, da für die U937-Zellen eine mögliche Beteiligung der Interaktion von B19V-Antikörpern mit Fc-Rezeptoren nachgewiesen worden war. Im Vergleich zu U937-Zellen werden jedoch auf der Oberfläche von endothelialen Zellen nur sehr geringe Mengen von Fcγ-Rezeptoren exprimiert. Auch die anschließenden Kompetitionsversuche, sowohl mit spezifischen Antikörpern gegen Fcγ-Rezeptoren als auch mit unspezifischen Antikörpern, wiesen darauf hin, dass es sich in Endothelzellen um einen Fc-Rezeptor-unabhängigen Mechanismus handelt. Da aus den Kompetitionsversuchen mit unspezifischen Antikörpern darüber hinaus auf eine mögliche Rolle von Antikörper-assoziierten Faktoren geschlossen werden konnte, wurden Komplementsystem-abhängige Mechanismen, wie sie bereits für andere Viren wie Ebola oder HIV nachgewiesen werden konnten, näher untersucht. Versuche mit hitzevorbehandelten IgG-Fraktionen verstärkten die Hinweise auf die Beteiligung von löslichen Komplement-Komponenten, welche durch ihre starke Bindung an den Fc-Teil der Antikörper bei der Aufreinigung der Seren nicht entfernt wurden, wie beispielsweise das C1q, die initialen Komponente des klassischen Komplementwegs. In einem Schlüsselexperiment in der primären Endothelzelle HCAEC wurde nach der Blockierung der C1q-Rezeptoren auf der Zelloberfläche während der Infektion mit B19V in Anwesenheit von α-B19V- Antikörpern eine deutliche Repression der B19V-Aufnahme beobachtet. Eine Behandlung der Zellen mit EGTA, welches das für die C1q-abhängige Aktivierung der klassischen Komplementkaskade benötigte Ca2+ komplexiert, hatte hingegen keine Auswirkungen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass dem ADE-Effekt von B19V ein sehr ähnlicher Mechanismus zu Grunde liegt, wie er für das Ebolavirus, ebenfalls in Endothelzellen, beschrieben wurde. Dieser beruht auf der direkten Interaktion von C1q, welches über den Fc-Teil des Antikörpers an die B19V/Antikörper-Komplexe gebunden ist, an seinen spezifischen Rezeptor auf der Zelloberfläche. Untersuchungen zum weiteren Infektionsverlauf zeigten, dass die aufgenommenen Viruspartikel zwar sehr effizient in den Zellkern transportiert werden, es jedoch nur zu einer stark reduzierten Genexpression und keiner Genom-Replikation kommt. Somit scheint zunächst keine direkte Verbindung zwischen einer B19V-Infektion und einer Herzerkrankung mit endothelialer Dysfunktion zu bestehen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass das latent vorliegende B19V in vivo durch zusätzliche exogene Stimuli, wie beispielsweise Zytokine oder eine Ko-Infektion mit anderen Viren, aktiviert wird. Auch die Tatsache, dass das am Aufnahmemechanismus beteiligte C1q eine wichtige Rolle bei einer Vielzahl von inflammatorischen, zellulären Prozessen spielt, kann von entscheidender Bedeutung für die Assoziation zwischen B19V und der dilatativen Kardiomyophatie sein.
Human Parvovirus B19 (B19V) is an autonomously replicating single-strand (ss) DNA-virus and a causative agent for erythema infectiosum, hydrops fetalis, aplastic crisis and polyathritis. B19V possesses a specific cell and tissue tropism with productive infection limited to erythroid progenitor cells in the bone marrow and fetal liver cells. However amounts of B19V-DNA have also been detected in other cell types and tissues. A high prevalence of B19V-DNA in endothelial cells of the myocardium has been associated with acute and chronic inflammatory cardiomyopathies. So far, no evidence for replication of B19V-DNA in non-erythroid cells exists, strongly suggesting a rather latent state of B19V in these cells. The entry mechanisms of B19V in these non-permissive cells have also not been characterized yet. The aims of the present study were the identification of the B19V uptake mechanism into endothelial cells and the investigation of the subsequent steps of the B19V infection cycle in these cells. In a previous study adressing the classical receptor-mediated internalization of B19V in endothelial cells, we found a high surface expression of the well-characterized primary B19V receptor P antigen and the putative co-receptor α5β1 integrin. Despite a similar receptor expression pattern and primary attachment level as in the UT7/Epo-S1 cell line, regarded as functional for B19V entry, however, internalization of the virus was strongly reduced. These results therefore cannot explain the considerable amounts of B19V-DNA detected in endomyocardial biopsies. In the monocytic U937 cell line, antibody dependent enhancement (ADE) could already be identified as an alternative uptake mechanism for B19V. In our study we could show ADE in endothelial cells with an up to 4000-fold increase of B19V uptake in the presence of B19V-specific antibodies. Furthermore, ADE in endothelial cells was mediated almost exclusively at the level of virus internalization, in contrast to monocytes, where virus binding was also strongly stimulated by the presence of antibodies. Fcγ-receptor expression studies and blocking experiments against Fc-receptors in endothelial cells demonstrated that the enhancement is not mediated by interaction of the virus-antibody complexes with Fc receptors (FcR). Another possible mechanism of ADE, with the heat- sensitive complement factor C1q and its respective receptor CD93 as key components has been postulated for Ebolavirus infection of endothelial cells. Experiments involving heat-treated IgG fractions and blockage of the C1q- receptor (CD93) demonstrated that B19V ADE in endothelial cells is most likely based on an analogous mechanism. The complement factor C1q bound to the B19V/antibody complexes directly interacting with CD93 without the requirement of activation of further complement factors. In following experiments an efficient translocation of the internalized B19V to the nucleus was demonstrated. However, even in the presence of antibodies, B19V infection of endothelial cells remained abortive with only low levels of the NS1 mRNA and no detectable VP2 and 11 kDa protein transcripts or DNA replication. These findings offer a good explanation for the high prevalence of B19V in endothelial cells from cardiac tissues. Under consideration of previous data that B19V genome expression could be increased markedly by adenovirus co- infection, it is possible that under specialized conditions in vivo such as hypoxia, stimulation with growth factors and cytokines, or co-infections with other viruses, endothelial cells may support the synthesis of B19V proteins and viral replication. Since C1q contributes to a number of inflammatory biological functions, an association of B19V-bound antibodies may also be involved in the inflammatory processes associated with some of the pathogenic effects of B19V such as rheumatoid arthritis or chronic inflammatory cardiomyopathies.