Fragestellung und Ziel dieser Arbeit Evidenzbasierte Medizin (EbM) in Form von Leitlinien und Standardarbeitsanweisungen (SOP) nimmt einen positiven Einfluss auf diagnostische und therapeutische Ergebnisse in der Intensivmedizin. Sie wird jedoch nur teilweise in die Praxis umgesetzt. Feedback ist eine Möglichkeit, die Anwendung von EbM im Klinikalltag zu steigern. In unserer Klinik bestehen SOP-basierte Key Performance Indikatoren (KPI), die die Prozessqualität wichtiger intensivtherapeutischer Interventionen als relative Kennwerte darstellen können. Die KPI unserer Klinik sind neben weiteren die tägliche Ziel RASS-Dokumentation, die RASS-, VAS- oder BPS- sowie CAM-ICU- Evaluierung alle acht Stunden und die tägliche Bearbeitung eines Weaningprotokolls. Sie stimmen mit der S3 Leitlinie zur Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin und den Qualitätsindikatoren von der DGAI und DIVI aus 2010 überein. Primäres Ziel dieser Arbeit war es, die Implementierungsraten von den zuvor bereits eingeführten KPI zu Analgosedierung, Delir und Respiration durch die Einführung eines technischen Feedbacksystems auf mindestens 70 % im klinischen Alltag zu steigern. Sekundäres Ziel war, den Einfluss der KPI auf die patientenbezogenen Outcomekriterien intensivstationäre Mortalität und Liegedauer zu analysieren. Methodik Als technisches Feedbacksystem arbeiteten wir ein Kennzahlencockpit, das den Erfüllungsgrad aller KPI anzeigt, in Form einer gesonderten Seite in die elektronische Patientenakte ein. In einem ersten Erhebungszeitraum vom 1.4.2008 bis 30.6.2008 wurde dieses Kennzahlencockpit allein zur Datenerhebung ausgefüllt, die Mitarbeiter erhielten kein Feedback. In einem weiteren Erhebungszeitraum vom 1.11.2008 bis 31.1.2009 stand das Kennzahlencockpit allen Mitarbeitern jeweils am nächsten Tag ausgefüllt und grafisch hervorgehoben als Feedback zur Verfügung. Während und zwischen beiden Zeiträumen fanden regelmäßig Schulungen zu den KPI Analgosedierung und Delir statt. Unterschiede in den Patientenkollektiven analysierten wir mittels Mann Whitney U-Test, t-Test bzw. Chi-Quadrat-Test, Abweichungen in den Implementierungsraten der KPI während der ersten fünf intensivstationären Tage (zum KPI der Respiration vom zweiten bis fünften Tag) anhand nichtparametrischer multivariater Varianzanalysen für wiederholte Messungen. Mögliche Einflüsse der KPI auf das Patientenoutcome untersuchten wir mittels Regressionsanalysen nach GEE. Ergebnisse Es wurden insgesamt 205 Patienten in diese Studie eingeschlossen. Die jeweiligen Patientenkollektive der beiden Erhebungszeiträume unterschieden sich in ihren Basisdaten nicht signifikant voneinander. Die Implementierungsraten aller KPI mit Ausnahme derjenigen zur Sedierung konnten deutlich gesteigert werden. Es wurde jedoch zu keinem KPI konstant eine Implementierungsrate von 70 % und mehr erreicht. Deskriptiv zeigte sich, dass die Steigerung der Implementierungsrate eines KPI umso höher ausfiel, je niedriger dessen Ausgangscompliance war. In den Regressionsanalysen stellten sich der mittlere SOFA-Wert sowie die mittlere Höhe der von den Ärzten festgelegten Sedierungsziele eines Patienten als Einflussfaktoren auf die intensivstationäre Mortalität und Liegedauer heraus. Schlussfolgerung Nach Einführung des technischen Feedbacksystems lagen die Implementierungsraten der KPI in unserer Klinik trotz noch insgesamt unzureichender Einhaltung im (inter)nationalen Vergleich eher hoch. Die vorliegende Arbeit zeigt in Kongruenz mit der aktuellen Literatur einen positiven, jedoch weder konstanten noch zufriedenstellenden Effekt von Feedback auf die Implementierungsraten der KPI. Der Einfluss hängt neben den Charakteristika des Feedbacksystems sowie organisatorischen und personellen Faktoren in der Klinik auch von dem jeweiligen KPI selbst und dessen Einhaltung in der Ausgangssituation ab. Es besteht Klärungsbedarf, wie Feedback am effektivsten gestaltet werden kann. Ein Einfluss der Schulungen konnte aufgrund ihrer Kontinuität nicht ermittelt werden. Wir konnten keinen Einfluss der KPI-Evaluierungshäufigkeit auf das therapeutische Ergebnis der Patienten feststellen. Es sind in unserer Klinik sowie generell im Gesundheitssystem weitere Anstrengungen zur Identifizierung der KPI als Einflussfaktoren auf das Patientenoutcome notwendig, um das Bewusstsein für die therapeutische Relevanz der KPI-Umsetzung bei Ärzten und Pflegekräften zu schärfen. Dieses Bewusstsein könnte in einem nächsten Schritt zu weiteren Handlungen in der Praxis führen und dadurch eine höhere Implementierungsrate von KPI erzielen, von der sowohl Patienten als auch die medizinische Versorgung insgesamt profitieren.
Introduction Evidence-based medicine is not adequately implemented in Intensive Care Units (ICUs). Feedback is one possible implementation strategy. Our primary goal was to improve implementation by monitoring with a technical feedback system, using Key performance indicators (KPI). The secondary goal was to investigate the influence of adherence to KPIs on ICU mortality and length of stay (LOS). Methods In total, 369 patients were evaluated, consecutively treated in an 11-bed cardiac surgical ICU over 6 months. The KPIs were: documentation of a sedation-goal (RASS) once daily, evaluation of the RASS, of pain (VAS or BPS) and of the CAM-ICU at least once every 8 hours, completion of a weaning protocol at least once daily. We compared two periods: only education (pre-period) vs. education plus a technical feedback system within the patient data management system displaying the adherence to the ICU- team (post-period). The individual KPI-adherence ratios of a 3-month period before implementation with a 3-month period afterwards was compared. Results After excluding short-term stay (< 24 h etc.), 205 patients were analyzed. Basic patients’ characteristics did not differ significantly between both periods. The mean of the adherence ratios of KPIs significantly increased after the intervention for the evaluation of the VAS or BPS, the CAM-ICU and the weaning protocol (p < 0.05). Adherence to KPIs of sedation, which already showed a high adherence ratio at baseline, could not be further improved. In the multiple logistic regression analysis with mortality as the response, significant odds ratios were shown for SOFA-scores and for the depth of daily goal for sedation. Conclusions Daily display of implementation of key parameters showed a positive feedback on adherence to SOPs. A multifactorial approach was the key for long-term effects of successful implementation of guideline knowledge.