Die Signalverarbeitung im ZNS beruht auf einer räumlich und zeitlich kontrollierten Verschränkung von erregenden und hemmenden Signaleingängen an Nervenzellen. Störungen des Gleichgewichts zwischen Erregung und Hemmung im ZNS lösen schwerwiegende neuronale Erkrankungen aus. So äußern sich Fehlfunktionen des glyzinergen/GABAergen Systems in neurologischen Hyperaktivitätserkrankungen, wie beispielsweise erhöhter Muskeltonus, starre Körperhaltung, Myoklonus bis hin zu epileptischen Anfällen. Eine detaillierte Kenntnis des Zusammenspiels der molekularen Bestandteile inhibitorischer Synapsen ist die Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Therapieansätzen im Einsatz gegen ZNS-assoziierte Krankheiten. Ziel unserer Arbeit war und ist es deshalb, die Struktur-Funktion-Beziehungen an glyzinergen/GABAergen Synapsen eingehender zu studieren. Inhibitorische Synapsen befinden sich in einem dynamischen Äquilibriumzustand, in dem die Anzahl der postsynaptischen Rezeptoren, und damit die Effizienz der inhibitorischen Synapse, ständig fluktuiert. In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, daß Glyzin-Rezeptoren (GlyR) an zufälligen Stellen in die neuronale Plasmamembran eingefügt werden. Die laterale Diffusion dieser Rezeptoren in der Membran stellt die Grundvoraussetzung für postsynaptische Rezeptorfluktuationen dar. In der Postsynapse können GlyR nämlich entweder durch Bindung an Gephyrin verankert werden, oder aber weiterdiffundieren, je nachdem wie stark die Bindung an ein postsynaptisches Gephyrinaggregat ist. Dieses Modell der postsynaptischen Rezeptorverankerung, welches in der vorliegenden Arbeit experimentelle Bestätigung fand, wurde als ?diffusion-trap? Modell bezeichnet. Ferner wurde deutlich, daß die Regulierbarkeit der Bindung von GlyR und GABA(A)R an Gephyrin eine weitere Grundlage für postsynaptische Rezeptorfluktuationen darstellt. Wir haben herausgefunden, daß bestimmte Gephyrin-Spleißvarianten die Bindung von GlyR an Gephyrin nachteilig beeinflussen. Auf diese Weise wird die funktionelle Entsprechung zwischen Prä- und Postsynapse hinsichtlich des freigesetzten Transmitters gewährleistet. Die GlyR-nicht-permissiven Gephyrin- Varianten werden nämlich vorwiegend in GABAergen postsynaptischen Domänen angetroffen. Die postsynaptische GABA(A)R-Verankerung wird ebenfalls reguliert. In diesem Fall jedoch leistet die Phosphorylierung einer Spleißvariante, nämlich der GABA(A)R-gamma2L-Untereinheit, einen wesentlichen Beitrag zur Kontrolle der Verankerung. Es konnte gezeigt werden, daß die GABA(A)R-gamma2L-Untereinheit vorwiegend in postsynaptischen GABAergen Domänen anzutreffen ist. Dabei unterscheidet sich die GABA(A)R-gamma2L- von der gamma2S-Untereinheit nur durch die Gegenwart einer kurzen phosphorylierbaren Aminosäuresequenz. Proteinkinasen werden dadurch zu entscheidenden Steuerungselementen hinsichtlich der postsynaptischen GABA(A)R-Verankerung. Zudem haben wir ein experimentelles Läsionsmodell etabliert und in der vorliegenden Arbeit diskutiert. Es eignet sich besonders gut zur Charakterisierung der vielseitigen Reorganisationsprozesse, die sich infolge einer Hirnschädigung ergeben. So konnten wir herausfinden, daß während der sogenannten ?slice recovery? (zwei Stunden Inkubation in artifizieller zerebrospinaler Flüssigkeit) eine C-zu-U-Editierung der GlyR-alpha3-mRNA stattfindet, die zu einer deutlichen Steigerung in der Effizienz der tonischen neuronalen Hemmung führt. Diese Entdeckung eröffnet vielversprechende Versuchsansätze zur Therapie und Prävention von Hypererregbarkeitserkrankungen. Zudem konnten wir festellen, daß das neuronale Netzwerk mit einer Verdopplung der Anzahl inhibitorsicher Synapsen auf die Läsion reagiert. Diese Restrukturierungsprozesse sind auf erhöhte intrazelluläre Kalziumspiegel während der slice recovery zurückzuführen. Schließlich haben wir die Rolle der Dendritengeometrie in der inhibitorischen Synaptogenese untersucht. Wir konnten feststellen, daß die Anzahl der Synapsen mit dem Grad der Dendritenverästelung korreliert und durch experimentelle Deaktivierung von TrkB-Rezeptoren hiervon entkoppelt werden kann. Insgesamt führten diese Untersuchungen zur Formulierung einer neuen Arbeitshypothese, in der die Synapsenneubildung im wesentlichen von zwei Faktoren abhängt. Einerseits leistet der Grad der Dendritenverästelung einen entscheidenden Beitrag zur Synaptogenese, indem er die Wahrscheinlichkeit der Kontaktaufnahme beeinflußt. Andererseits spielt die subzelluläre Verteilung der Zelladhösionsmoleküle Neurexin, Neuroligin-1 und -2 eine große Rolle bei der räumlichen Zielsteuerung des Synapsenneubildungsprozesses.
Signal processing in the central nervous system relies on spatial and temporal integration of excitatory and inhibitory synaptic signals. Disturbance of the balance between excitation and inhibition causes severe neurological disorders. For example, impairment of the glycin-/GABAergic system results in hyperexcitability disorders, such as increased muscle tone, stiff person syndrome, myoclonus and epilepsy. A detailed knowledge of the mechanisms underlying the molecular assembly of inhibitory synapses is a prerequisite for the development of therapeutic strategies applicable to the treatment of these disorders. The aim of this work therefore was to characterise in more detail the structure-function-relationships at glycin-/GABAergic synapses. At inhibitory synapses, the actual number of postsynaptic neurotransmitter receptors results from a dynamic equilibrium between pools of stabilised and free mobile receptors. We could show that glycine receptors (GlyRs) are inserted at random places into the somatodendritic neuronal membrane, able to diffuse laterally in the plane of the membrane until they encounter and bind the appropriate postsynaptic anchor protein gephyrin, which constrains receptor diffusion. However, stabilised GlyRs can escape their gephyrin- dependent confinement within postsynaptic domains and consequently re-acquire a diffusive state. We could, thus, contribute to the experimental confirmation of the so-called diffusion-trap model of receptor delivery to, and stabilisation at postsynaptic sites. This implies that the number of postsynaptic receptors is not constant and subject to physiological regulation of the strength of the underlying protein-protein interactions. In this regard, we have identified several gephyrin splice variants that restrain binding of GlyRs to postsynaptic gephyrin aggregates. These so-called C5-gephyrins differ from GlyR-binding-permissive gephyrins by insertion of cassette 5 (comprising 39 nucleotides) into the gephyrin G-domain. C5-gephyrins are found preferentially associated with GABAergic synapses. The regulation of postsynaptic stabilisation of GABA(A) receptors, however, requires in-frame splicing of a 24 nucleotide-long sequence into the large cytoplasmic loop between transmembrane domains 3 and 4 of the gamma2 subunit. Compared with the short gamma2S variant, which lacks these 24 nucleotides, the long isoform (gamma2L) preferentially accumulates at GABAergic postsynaptic domains. Furthermore, phosphorylation of a protein kinase C (PKC) consensus site within the gamma2L subunit enhances postsynaptic GABA(A)R receptor accumulation. Furthermore, we have established a lesion model that allowed the characterisation of lesion-induced re-organisation of the synaptic connectivity in brain slices. We could show that during the so-called ?slice recovery period? the number of GABAergic synapses doubles in a PKC activation- dependant way. Moreover, we have identified a posttranscriptional plasticity mechanism associated with increased tonic inhibition of neurons. As a result of C-to-U RNA-editing of GlyR alpha3 mRNAs chloride channels with dramatically increased apparent affinities towards glycine and taurine emerge. This discovery may open avenues for increasing inhibition in patients suffering from hyperexcitable brain circuits. Finally, we have studied the relationship that may exist between dendrite geometry and synapse formation. It could be shown that the number of synapses correlates with the number of dendritic branches, and this correlation could be abolished by experimental deactivation of TrkB receptors. Thus, the complexity of dendrites may contribute to synapse formation by increasing the synapse-receptive surface area and, thus, the probability of contact formation.