EINFÜHRUNG: Ein Durstversuch mit der Bestimmung von Plasma-Osmolalität und Plasma-Vasopressin ist der Goldstandard bei der Differentialdiagnose der Symptome Polyurie und Polydipsie. Da kommerziell erhältliche Vasopressin-Kits zu unsensitiv für diese Bestimmung sind und die Konzentration des Vasopressins im Urin wesentlich höher ist als im Plasma, könnte die Bestimmung von Vasopressin im Urin eine alternative zur komplizierteren Bestimmung im Plasma sein. FRAGESTELLUNG: Kann in einem Erwachsenen-Kollektiv die Differentialdiagnose Polyurie/Polydipsie mit einem Durstversuch mit Bestimmung des Urin-Vasopressins anstatt des Plasma-Vasopressins (Goldstandard) erfolgen? Ist für die Bestimmung des Vasopressins im Urin ein Radioimmunoassay (RIA) mit geringerer Sensitivität, als dies für die Bestimmung des Vasopressins im Plasma bei dieser Differentialdiagnose notwendig ist, verwendbar? METHODE: Bei dreizehn Gesunden und 28 Patienten mit den Symptomen Polyurie und Polydipsie wurde ein achtstündiger Durstversuch durchgeführt. In allen Blutproben (8.00, 12.00, 14.00 und 16.00 Uhr) und in allen Urinproben (alle 2 Stunden) wurden Osmolalität und Vasopressin bestimmt. Ein für die Bestimmung von Vasopressin im Plasma zugelassener RIA wurde für die Bestimmung von Vasopressin im Urin evaluiert. ERGEBNISSE: Nach der Goldstandard-Diagnose durch Bestimmung des Plasma-Vasopressins mit einem hochsensitiven RIA wurde bei neun Patienten eine primäre Polydipsie diagnostiziert, bei 18 Patienten ein partieller oder kompletter zentraler Diabetes Insipidus und bei einem Patienten ein renaler Diabetes Insipidus. Es war keine hundertprozentige Differenzierung zwischen den Patientengruppen möglich wenn zur Diagnostik das Plasma-Vasopressin einfach nur durch das Urin-Vasopressin ersetzt wurde. Wurde jedoch das Produkt aus Urin-Vasopressin und Urin-Osmolalität mit der Plasma-Osmolalität ins Verhältnis gesetzt, war eine klare Zuteilung der Patientengruppen möglich. DISKUSSION: Die gleichzeitige Bestimmung von Plasma-Vasopressin und Plasma- Osmolalität in einem Durstversuch ist die beste diagnostische Methode für die Differentialdiagnose der Symptome Polyurie und Polydipsie. Wenn jedoch kein hochsensitiver RIA für die Bestimmung von Vasopressin im Plasma zur Verfügung steht, ist die Bestimmung von Vasopressin im Urin mit einem weniger sensitiven kommerziell erhältlichen RIA eine diagnostische Alternative, die in der Studienpopulation annährend die gleiche Sensitivität für die Zuordnung der Patienten wie die Plasma-Vasopressinbestimmung hat. Für die Bestimmung des Vasopressins im Urin kann ein kommerzieller RIA, der für die Bestimmung von Vasopressin im Plasma zugelassen ist, verwendet werden, wenn er für diese Untersuchung evaluiert wurde.
OBJECTIVE: A water deprivation test or a hypertonic saline infusion test with the measurement of plasma osmolality and plasma vasopressin are the gold standard tests in the differential diagnosis of polyuric syndromes. Because commercially available vasopressin kits are too insensitive for this approach, and the concentration of vasopressin in urine is much higher than in plasma, urinary vasopressin measurements may be an alternative to the more difficult plasma vasopressin measurement. DESIGN: The diagnostic value of the measurement of urinary vasopressin with a rather insensitive commercially available vasopressin kit was compared with plasma vasopressin measurement by a highly sensitive radioimmunoassay (RIA). METHODS: Thirteen normal subjects and 28 patients with polyuria/polydipsia were examined by an 8-h fluid deprivation test. In all blood samples (0800 h, 1200 h, 1400 h and 1600 h) and in all urine collections (2-hourly fractions), osmolality as well as vasopressin were measured. RESULTS: Using plasma vasopressin measurement with a highly sensitive RIA as gold standard test, nine patients were classified as having primary polydipsia, whereas 18 had partial or complete cranial diabetes insipidus and one renal diabetes insipidus. Whereas the substitution of plasma vasopressin measurement by urinary vasopressin measurement alone did not provide 100% separation between both groups, the product of urinary vasopressin and urinary osmolality related to plasma osmolality completely separated the patients with primary polydipsia from those with diabetes insipidus. CONCLUSIONS: The simultaneous measurement of plasma vasopressin and plasma osmolality in a dehydration test is the most powerful diagnostic tool in the differential diagnosis of polyuria/polydipsia. However, if highly sensitive assays for plasma vasopressin measurements are not available, the measurement of urinary vasopressin with commercially available, less sensitive RIAs may be a diagnostic alternative, which showed nearly the same sensitivity as plasma vasopressin measurement in our study population.