Die parazelluläre Permeabilität für Solute und Wasser in Epithelien und Endothelien wird durch die Tight Junction (TJ) reguliert. TJs sind somit einerseits essentiell für die Bildung von Organschranken, anderseits limitieren sie die Wirkstoffaufnahme über Gewebebarrieren, z.B. die Bluthirnschranke. Die Ultrastruktur der TJ ist durch membranäre Stränge/Fibrillen im apikalen Bereich von Zell-Zellkontakten gekennzeichnet. Die Mitglieder der Claudin-Proteinfamilie (Cldn) bilden das Rückgrat der TJ- Stränge und deren gewebespezifische Claudin-Zusammensetzung bestimmt die gewebespezifischen Barriereeigenschaften der TJs maßgeblich. Allerdings ist unklar, wie TJ-Stränge auf molekularer Ebene organisiert sind und wie je nach Claudinzusammensetzung entweder parazelluläre Schranken oder Poren für Solute und Wasser gebildet werden. Im Rahmen der vorliegenden Habilitationsarbeit wurden molekularbiologische, mikroskopische, funktionelle und bioinformatische Methoden kombiniert, um Einsichten in den molekularen Mechanismus der Bildung barrierebildender TJ-Stränge und deren Modulierbarkeit zu erzielen. Es wurden erstmals Sequenzdeterminanten für die homophile Interaktion zwischen Claudinen identifiziert und verwendet, um zwei strukturell unterschiedliche Subgruppen (klassische und nicht-klassische Claudine) zu beschreiben. Für Cldn3 und Cldn5 wurden Interaktions-relevante Reste in Transmembransegment (TM) 3, der extrazellulären Schleife 2 (EZS2) und TM4 identifiziert. Z.B. wurde die Beteiligung von TM3-Resten an einer Claudinsubtyp-spezifischen cis- Dimerisierung und deren Bedeutung für die ultrastrukturelle Morphologie der TJ demonstriert. Die Interaktionsdeterminanten wurden zusammen mit Methoden der strukturellen Bioinformatik verwendet, um Homologiemodelle der unbekannten 3D- Struktur von Cldn3, Cldn5 und anderer Claudine zu erstellen und mechanistische Aspekte der Proteinfaltung und TJ-Strangbildung der Claudine zu erklären. Die kürzlich aufgeklärte Kristallstruktur von Cldn15 hat die zuvor von uns generierten Strukturmodelle in großen Teilen betätigt. In der Summe konnten wir z.B. zeigen, dass das unter klassischen Claudinen konservierte Motiv F, Y/F, x(9−10), E, L/I/M/F in der EZS2 eine Interaktion zwischen Claudinprotomeren vermittelt, die essentiell für die TJ-Strangbildung ist. Für Cldn5 wurde die grundlegende Bedeutung der EZS2 an der Abdichtung der TJ gegenüber Soluten in vitro in einem epithelialen Monolayer und in vivo im Zebrafischembryo demonstriert. Die homo- und heterophilen cis- und trans- Interaktionen zwischen Claudinen, die in zerebralen Schranken exprimiert werden, und deren Auswirkung auf die Mobilität dieser Proteine, auf deren Fähigkeit, TJ-Stränge zu bilden, und auf deren Strang-Morphologie wurden bestimmt. Erstmals wurden einzelne Claudinmoleküle direkt in TJ-Strängen visualisiert, von nichtpolymerisierten Molekülen abgegrenzt und gezeigt, dass Cldn3 und Cldn5 die gleiche relative Moleküldichte in den TJ-Strängen besitzen. Der molekulare Mechanismus, über den das Clostridium perfringens- Enterotoxin (CPE) an eine Untergruppe klassischer Claudine bindet, wurde weitgehend aufgeklärt und anschließend benutzt, um CPE-Varianten mit veränderten Claudin-Bindungseigenschaften zu generieren. Die erhaltenen Erkenntnisse zur Struktur und Organisation der TJ sowie zur CPE-Claudin- Interaktion können genutzt werden, um gezielt gewebsspezifische, größenabhängige und reversible Claudin-Modulatoren zu generieren. Diese TJ- Modulatoren könnten die parazelluläre Wirkstoffaufnahme z.B. über die Bluthirnschranke erheblich verbessern.
The paracellular permeability for solutes and water in epithelia and endothelia is regulated by the tight junction (TJ). Hence, TJs are on the one hand essential for tissue barriers and on the other hand limit drug delivery across tissue barriers, e.g. the blood brain barrier. The members of the claudin protein family form the backbone of intramembranous TJ-strands. The tissue-specific claudin composition is the major determinant of the tissue- specific barrier properties of TJs. However, the molecular organization of the TJ-strands and the mechanism by which claudins form either paracellular barriers or pores for solutes and water is unclear. Here, molecular biological, microscopical, functional and bioinformatic methods were combined to gain insights in the molecular mechanism of TJ-strand formation and their modulation. Sequence determinants for interactions between claudins and for paracellular tightening were identified. Homology models of the 3D-structure of claudins were generated. It could be shown that a motif which is conserved among classic claudins (F, Y/F, x(9−10), E, L/I/M/F in the extracellular loop two) determines an interaction between claudin protomers which is essential for formation of TJ-strands. In addition the molecular mechanism of the interaction between the Clostridium perfringens-Enterotoxin (CPE) and a subgroup of classic claudins was elucidated and used to generate variants of the claudin binding domain of CPE with modified claudin binding properties for claudin modulation, e.g. to enhance paracellular drug delivery across the blood brain barrier.