"Teilnahme und Teilhabe am Mathematikunterricht Eine Analyse von Schülerpartizipation" untersucht mathematische Unterrichtspraxis in achten Klassen in Deutschland vornehmlich in Gymnasien und Hauptschulen dahingehend, wie Schüler in sie eingebunden sind, welcher Art die verbalen Handlungs- und Gestaltungsspielräume sind, die sie ausfüllen, und welche Konsequenzen für das Lernen von Mathematik daraus erwachsen.
Im Unterricht reden Schüler zu wenig und Lehrer zu viel. Ausgehend von diesem oft diskutierten und scheinbar bekannten Phänomen, werden die Redeanteile der im Mathematikunterricht Beteiligten ins Verhältnis gesetzt und in dieser Relation gleichzeitig ein Schwachpunkt von schulischer Unterrichtspraxis gesehen. In einem triangulären Ansatz werden umfangreiche quantitative Daten ausgewertet und mit Ergebnissen interpretativer Unterrichtsforschung, die auf eine spezielle Qualität von Interaktion im Mathematikunterricht verweisen, verknüpft.
Der erste Teil der Arbeit liefert eine Übersicht über quantitativ vorliegende Beschreibungen von Redeanteilen im Unterricht und fasst darüber hinaus auf der Grundlage des interpretativen Paradigmas gewonnene Aussagen über thematisch relevante mathematische Unterrichtspraxis zusammen. Die Übersicht über quantitative Aussagen zur Beteiligung von Schülern im Unterricht verfolgt diese Forschungstradition zu ihren Ursprüngen am Ende des 19. Jahrhunderts zurück.
Anschließend werden die Untersuchungsmethoden in die Diskussion um quantitative und qualitative Methoden und Möglichkeiten ihrer gegenseitigen Befruchtung eingebettet. Dazu werden typische, von hypothesenprüfenden und rekonstruktiven Ansätzen aus verfolgte Zielstellungen charakterisiert und analysiert, mit dem Ergebnis, dass eine Möglichkeit methodologischer Weiterentwicklung vor allem darin besteht, quantitative und qualitative Verfahren miteinander zu kombinieren.
In der Konkretisierung zeigen sich die Auswirkungen der Triangulation beider Methoden auf den Umgang mit Daten. Das Datenmaterial besteht aus den Videoaufnahmen von 60 der in Deutschland im Rahmen der TIMS-Studie videographierten Unterrichtsstunden. Auf der Grundlage einer intensiven Beschäftigung mit der TIMS-Videostudie werden der allgemeine Rahmen der Datenerhebung sowie insbesondere die Konstruktion der verschiedenen Transkriptions-Codes dargestellt. In Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand wird das Kodierungssystem der bereits in Transkription vorliegenden Daten modifiziert und erweitert. An einem Beispiel wird demonstriert, wie die erweiterten Codes die Transkripte strukturieren, welche Einsichten von der rekonstruktiven Interpretation zu erwarten sind und wie aus der Kombination von qualitativer und quantitativer Analyse ein sowohl orientierendes wie auch detailliertes Bild der Schülerpartizipation gewonnen wird.
Im folgenden Teil werden die empirisch gewonnenen Ergebnisse der Untersuchung präsentiert, wobei zunächst die quantitativ gewonnenen Resultate zu den Untersuchungsfragen vorgelegt und diskutiert werden, um diese anschließend durch Beschreibung und Interpretation beispielhafter Transkript-Passagen zu ergänzen.
Der abschließende Teil der Arbeit umfasst die Suche nach Erklärungsansätzen und möglichen Alternativen, die über die Kritik an der Arbeit von Lehrern hinausgeht. Das bloße Hinterfragen von Formen und Inhalten der Lehrerbildung erweist sich als zu kurz gegriffen.
This thesis analyses student and teacher participation in year eight mathematics instruction in Germany. It examines how students participate in mathematics lessons and their scope of (verbal) action. Furthermore, arising consequences for learning mathematics are discussed.
In class, students talk too little and teachers talk too much. Based on this highly debatable and apparently well-known phenomenon, the parts of speech of those participating in mathematics instruction are analyzed and set into relation. In a triangular approach, comprehensive empirical data is evaluated and linked to results from qualitative empirical classroom research.
The first section gives an overview of existing descriptions of parts of speech in lessons. This tradition of studying classroom talk is followed back to its roots at the end of the 19th century.
The next section deals with how qualitative and quantitative research methods can be combined in order to enrich one another. This is illustrated by characterization and analysis of hypothesis-testing and reconstructive approaches, resulting in the discovery that further methodological development can be achieved by the combination of those seemingly disparate approaches.
The following section presents the results from applying the triangulated methods to the data. The data consists of video recordings from 60 lessons that have been videotaped in Germany in the process of the TIMS-Study. Based on a long-term examination and evaluation of TIMSS data, the research frame as well as the construction of transcription codes is presented comprehensively. In order to match the focus of research, the existing codes were modified and extended. An example illustrates how these new codes structure the transcripts, what insights are to be expected from their interpretation, and how the combination of quantitative and qualitative analyses can result in a detailed picture of student participation.
The next section presents the empirically gathered results and adds qualitative interpretation of selected transcript passages. This triangulation extends the empirical results by interpretative reconstructions.
The final section comprises the search for explanations and possible alternatives. And while consequentially criticizing the work of teachers provokes dealing with the matter of how instructors are prepared for their job, it has to be considered necessary to look beyond teacher education as a focus of criticism.