In der zeitgenössischen Managementtheorie nimmt die Erforschung von Hemmnissen organisatorischen Wandels eine zentrale Stellung ein, da zunehmende Komplexität und Unsicherheit in der organisatorischen Umwelt die Anpassungsfähigkeit von Organisationen zu einem zentralen Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit werden lassen. Zu einem der prominentesten Ansätze im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs hat sich die Pfadabhängigkeitstheorie (kurz Pfadtheorie) entwickelt, die mit Fokus auf die Logik selbstverstärkender Effekte in Verbindung mit der Historizität und Emergenz organisatorischer Prozesse einen neuartigen Erklärungsansatz für anhaltende institutionelle Persistenz bietet. Seit dem Aufkommen der Pfadtheorie, ursprünglich als Erklärungsansatz für die Durchsetzung ineffizienter technologischer Standards unter Marktbedingungen Ende der 1980er Jahre, wird diese in der jüngeren Literatur vermehrt als konzeptioneller Rahmen zur Erklärung von extremen Formen organisatorischer Trägheit, dem sogenannten „lock-in“, herangezogen. In sämtlichen pfadtheoretischen Studien mit Organisationsbezug wird jedoch missachtet, dass der Schlüsselmechanismus eines Pfadprozesses, die selbstverstärkenden Effekte, auf der Marktlogik dezentraler Entscheidungen gleichberechtigter Akteure basiert – eine Voraussetzung, die in hierarchisch gestalteten Organisationen grundsätzlich nicht gegeben ist. In hierarchischen Organisationen liegt vielmehr eine von der spezifischen Organisationsstruktur abhängige Zentralisierung von Entscheidungen vor, die durch den Einsatz von Macht durchgesetzt werden kann. Es stellt sich im organisationalen Kontext daher grundsätzlich die Frage nach der Anwendbarkeit pfadtheoretischer Überlegungen: Kann in Organisationen ein Pfad per Hierarchie gesteuert und eine emergente Entwicklung unter dem Einfluss selbstverstärkender Effekte somit verhindert werden? Allgemeiner formuliert besteht beim aktuellen Forschungsstand völlige Unklarheit über das Spannungsverhältnis von Hierarchie und selbstverstärkenden Effekten, insbesondere darüber, ob oder unter welchen Umständen sich selbstverstärkende Effekte gegen hierarchische Strukturen durchsetzen können. Gelänge es der Hierarchie, die selbstverstärkenden Kräfte im Zaum zu halten, so wäre der selbstverstärkende Prozess institutioneller Entwicklung in Organisationen als unproblematisch anzusehen; dies würde den Erklärungswert pfadtheoretischer Konzepte in der Organisationsforschung grundsätzlich in Frage stellen. Aufgrund dieser weitreichenden Implikationen für das Forschungsfeld soll das Konkurrenzverhältnis zwischen Hierarchie und selbstverstärkenden Effekten ins Zentrum der vorliegenden Studie gerückt werden. Das übergeordnete Ziel der Arbeit ist es, die Durchsetzungskraft von selbstverstärkenden Effekten in hierarchischen Organisationen zu untersuchen.
Since the emergence of path dependence theory in economics it has been successfully applied to other domains such as organization theory. At the heart of the theory is the logic of random events triggering self-reinforcing feedback loops and thereby leading to potential inefficient lock-in of technologies or institutional solutions. In the recent literature it is generally assumed that the logic of self-reinforcing feedback due to dezentralized decision making also holds in organizations. Acknoledgeing the fact that decision making processes in hierarchical organizations are always zentralized by a certain degree, and that there does not exist a single formal model of path dependence in hierarchical organizations, the application of path dependece theory in organization science seems to be vague at best. In this study a formal model incorporating both self-reinforcing feedback and zentralized decision making in hierarchical organizations is developed and evaluated by means of computer simulation. The results can shed light on the applicability of path dependece theory in organizations science in general and more specifically on the impact of different organizational designs on path dependent processes.