Die Restitution von Einzelzell-Läsionen, ein häufiges Ereignis in Epithelien mit hohem Turnover, ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Die morphologischen und funktionellen Veränderungen während der Restitution wurden mittels intravitaler Time lapse-Videomikroskopie, konfokaler Fluoreszenzmikroskopie und der Conductance scanning-Technik am Zellkulturmodell HT-29/B6 und am nativen Oberflächenepithel des Mauskolons untersucht. Nach dem Setzen einer Einzelzell-Läsion an HT-29/B6-Monolayern erweiterten sich die basalen Enden der umliegenden Zellen und bildeten eine trichterförmige Lakune. Der lokale Leitwert des Defekts (initial: 0,64 µS; Median, n = 17) wurde mit einem exponentiellen Zeitverlauf abgedichtet (von 0,45 µS, 2 min nach Läsion, bis 0,16 µS, 8 min nach Läsion). Parallel wurde die morphologische Integrität wiederhergestellt. Zwischen 3 und 10 min nach Setzen der Läsion bildete sich ein Aktin-Ring um den Defekt. Dessen Kolokalisation mit ZO-1 und Occludin deutet darauf hin, daß Tight junction- Proteine an Aktinfilamente, welche dem Defekt zugewandt sind, binden. Eine Rekrutierung der Tight junction-Proteine über die Aktinfilamente ermöglichte deren gezielten Transport zum Ort der Läsion. Die Formierung der Tight junction verlief zeitgleich mit der morphologischen Abdichtung. Verschluß und Abdichtung wurden gehemmt, wenn die Aktinpolymerisation mittels Cytochalasin D unterbunden wurde. Die Hemmung der Myosin-ATPase-Aktivität mittels 2,3-Butandion Monoxim hatte eine Verringerung der Restitutionsgeschwindigkeit zur Folge. Wiederum fast vollständig blockiert wurde die Restitution durch Inhibition der Myosin-leichte-Ketten-Kinase mittels ML-7. Der Rho-assoziierte Proteinkinase-Inhibitor Y-27632 hatte keinen Einfluß auf die Restitution. Eine Reduzierung der extrazellulären freien Ca2+-Konzentration hatte keinen signifikanten Einfluß auf den zeitlichen Verlauf der Restitution. Obwohl die epitheliale Leitfähigkeit unter reduziertem freien Calcium im Vergleich zur Kontrolle 12-fach erhöht war, erreichte die Leitfähigkeit unter beiden Bedingungen nach der Restitution die gleichen Werte wie intaktes, weit vom Schaden entferntes Epithel. Als Schlußfolgerung ergibt sich, daß die epitheliale Restitution von Einzelzell-Läsionen schnell über einen Aktin-Myosin-abhängigen purse string- Mechanismus vermittelt wird. Simultan findet eine Ausbildung von funktionell kompetenten Tight junction-Strängen an den purse string-assoziierten Proteinen statt. Es ist bekannt, daß Wachstumsfaktoren (z.B. EGF) einen oft beschleunigenden Einfluß auf die Restitution von großen Defekten haben. Hierbei spielen Migrations- und Proliferationsprozesse eine wichtige Rolle. Die Restitution einer Einzelzell-Läsion wurde durch EGF nicht beeinflußt. Die beim purse string-Mechanismus charakterisierte Aktin-Myosin-Interaktion wird demnach nicht durch EGF moduliert. Erstmalig gelang es auch, Untersuchungen an nativen Kolonabschnitten der Maus hinsichtlich der Restitution von Einzelzell-Läsionen durchzuführen. Die Restitution am nativen Kolon der Maus verlief deutlich schneller als im Zellkulturmodell. Von Beginn der Messung (1,5 min nach Setzen des Schadens) bis 2,5 min nach Schadenssetzung, nahm der Leitwert um 92% ab (von 7,84 auf 0,73 µS; n = 13). Messungen unter dem Einfluß von TNF-a, das bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen erhöht ist, zeigten, daß dieses Zytokin einen hemmenden Einfluß auf die Restitution von Einzelzell-Läsionen im HT-29/B6-Zellkulturmodell hat. Bei den Messungen am nativen Kolon der Maus zeigte sich bei Inkubation mit TNF-a und IFN-g in Kombination eine höhere Restitutionszeit als unter Kontrollbedingungen. Nur 74% (von 9,83 auf 1,56 µS; n = 10) des Defekts waren zwischen 1,5 und 2,5 min nach Setzen des Schadens repariert. Nach alleiniger Inkubation mit TNF-a kam es dagegen zu keiner Änderung der Restitutionszeit im nativen Oberflächenepithel. Es konnte somit gezeigt werden, daß TNF-a und IFN-g gemeinsam den Verschluß des Defekts im nativen Kolon der Maus beeinträchtigen und TNF-a allein im Zellkulturmodell einen hemmenden Effekt zeigt. Durch Zytokine hervorgerufene Barrierestörungen durch Einzelzellverlust, wie bei der Apoptose, werden durch die langsamere Restitution unter Zytokineinfluß verlängert. Weil Zytokine während chronisch entzündlicher Darmerkrankungen vermehrt gebildet werden, führt die verschlechterte Restitution von Einzelzell-Läsionen zur Prolongation der Leckfluß-Diarrhoen während dieser Erkrankungen. Eine Therapie mittels TNF-a-Antikörpern könnte die Restitution des entzündeten Gewebes beschleunigen.
Restitution of single-cell defects, a frequent event in epithelia with high turnover, is poorly understood. Morphological and functional changes were recorded in the colonic cell line HT-29/B6 and in native colon from mice, using intravital time-lapse video microscopy, confocal fluorescence microscopy, and conductance scanning techniques. After artificial single-cell loss from an HT-29/B6 colonic cell monolayer, the basal ends of adjacent cells extended. Concurrently, the local conductive leak (initial: 0.64 µS; median, n = 17) associated with the defect sealed with an exponential time course (from 0.45 µS, 2 min post lesion, to 0.16 µS, 8 min post lesion). Between 3 and 10 min post-lesion, a band of actin arose around the gap, which colocalized with a ring of ZO-1 and occludin. Hence, tight junction proteins bound to the actin band facing the gap, and competent tight junctions assembled in the adjoining cell membranes forming an intact epithelial barrier. Closure and sealing were inhibited when actin polymerization was blocked by cytochalasin D, delayed following decrease of myosin-ATPase activity by 2,3-butandione monoxime, and blocked after myosin light chain kinase- inhibition by ML-7. The Rho-associated protein kinase inhibitor Y-27632 did not affect restitution. After loosening of intercellular contacts in low Ca2+ Ringer´s, the time course of restitution was not significantly altered. Albeit epithelial conductivity was 12-fold higher in low Ca2+ Ringer´s than in controls, under both conditions the repaired epithelium assumed the same conductivity as distant intact epithelium. In conclusion, epithelial restitution of single-cell defects comprises rapid closure by an actinomyosin purse-string mechanism and simultaneous formation of a functional barrier from tight junction proteins also associated with the purse string. It is known that growth factors (e.g. EGF) often stimulate migration and proliferation during restitution of larger defects. The investigated growth factor EGF had no effect on single-cell restitution. Thus, EGF does not modulate the actinomyosin purse-string mechanism. For the first time, measurements of single-cell restitution were investigated in native mouse colon. Restitution in native colonic tissue was much faster than in the investigated cell model HT-29/B6. Between the beginning of the measurement (1.5 min post lesion) and 2.5 min after setting the lesion, the conductance, gleak, decreased by 92 % (from 7.84 to 0.73 µS; n = 13). The effect of the proinflammatory cytokine TNF-a, which is found to be increased in patients with chronic inflammatory bowel diseases, on single-cell restitution was investigated. With TNF-a alone restitution was delayed in the cell model HT-29/B6. In native colonic tissue, only TNF-a together with IFN-g delayed single-cell restitution. Only 74 % (from 9.83 to 1.56 µS; n = 10) of the defect were repaired within the time course from 1.5 min to 2.5 min after setting the lesion. After TNF-a incubation alone, the time course of restitution was not changed. This results demonstrate that cytokines released during inflammation, TNF-a and IFN-g, delay the recovery of barrier function after the loss of an epithelial cell. This adds to other effects of the cytokines that are known to impair epithelial barrier function, e.g. apoptosis, ion secretion and the alteration of structure and function of the tight junctions. Because the cytokines are released during inflammatory bowel diseases, impairment of epithelial restitution must be assumed to aggravate diarrheal mechanism in inflammatory bowel diseases. Thus, therapy of IBD by TNF-a antibodies additionally works by accelerating the repair mechanisms in the inflamed colon.