Langjähriger regelmässiger Alkoholkonsum (>60g/d) und Infektionen mit Hepatitis B und C mit Ausbildung einer Leberzirrhose, sind die häufigsten Ursachen für eine Lebertransplantation. Chronischer Alkoholkonsum supprimiert die HPA-Achse. Es bleiben Veränderungen der Cortisonausschüttung und Zytokinspiegel lange nach Abstinenz bestehen. Die Plasmakonzentrationen der proinflammatorischen Zytokine sind bei Patienten mit Leberzirrhose erhöht. Es besteht eine Korrelation zwischen den Plasmaspiegeln proinflammatorischer Zytokine und der Schwere der Leberzirrhose. Die alkoholische Leberzirrhose ist durch eine Erhöhung der Zytokine IL-6 und TNFalpha charakterisiert. Patienten mit alkoholinduzierter Leberzirrhose und sechsmonatiger Alkoholabstinenz zeigen eine erhöhte Infektions- und erniedrigte akute Rejektionsrate nach Lebertransplantation. Ziel dieser prospektiven Pilotstudie bestand in der Untersuchung persistierender veränderter Stressantworten bei Patienten mit alkoholinduzierter Leberzirrhose und sechsmonatiger Alkoholabstinenz im Vergleich zu Patienten mit virusinduzierter Leberzirrhose. Diese Studie wurde in der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Charité- Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum und in der Klinik für Allgemein-, Viszeral-und Transplantationschirurgie der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum durchgeführt. Es wurden in der Studie insgesamt 17 Patienten eingeschlossen, die hinsichtlich einer Evaluierung vor geplanter Lebertransplantation untersucht wurden. Aufgrund der Ätiologie der Leberzirrhose, die durch Sonographie und/oder Feinnadelpunktion mit histologischer Aufarbeitung gesichert wurde, erfolgte die Gruppeneinteilung. Es wurden zwei Gruppen ermittelt: Gruppe 1 bestand aus 9 Patienten mit ethyltoxischer Leberzirrhose nach mindestens sechsmonatiger Alkoholabstinenz (ALD) und Gruppe 2 aus 8 Patienten mit virusinduzierter Leberzirrhose (VIZ). Zur Einschätzung der Alkoholkrankheit wurden der CAGE-und AUDIT-Fragenkatalog, sowie die Kriterien nach DSM-IV verwendet. Die Schweregradeinteilung erfolgte mit dem Child-Pugh-Score. Präoperativ unterzogen sich alle Patienten einem endogenen Stresstest (mentaler arithmetischer Test, Hintergrundgeräusche, Immersion eines Fusses in kaltes Wasser) und einem exogenen CRH-Test (100µg CRH-Gabe i.v. über 30s). Innerhalb von 210 Minuten nach Testung erfolgten mehrmalige Blutabnahmen zur Bestimmung der Serumspiegel von IL-6, TNFalpha und IL-10, die mittels ELISA serochemisch quantifiziert wurden. Die statistische Analyse erfolgte mit dem Mann- Whitney-U-Test für numerische Kennziffern. Dichotome Variablen wurden mittels Chi-Quadrat-Test beziehungsweise bei zu kleiner Fallzahl mittels Fishers exakten Tests auf Signifikanz geprüft. Für die Signifikanzprüfung der Parameter über den Verlauf wurde die Brunner-Analyse (ANOVA) verwandt. Zur Betrachtung der Maximalwerte wurden jeweils die Maximalwerte innerhalb des zeitlichen Verlaufs der einzelnen Patienten vor und nach Stress-und CRH-Test mit den Medianen und Standardabweichungen mittels T-Test errechnet. Im zeitlichen Verlauf konnte tendentiell eine Erniedrigung von TNFalpha/IL-10 und IL-6/IL-10 bei der Patientengruppe mit ALD und sechsmonatiger Alkoholabstinenz im Vergleich zur Patientengruppe mit VIZ nachgewiesen werden. Signifikante Unterschiede zeigten sich bei der Betrachtung der Maximalwerte. So konnte ein vermindertes IL-6/IL-10 und ein vermindertes TNFalpha/IL-10 Verhältnis bei den ALD-Patienten im Vergleich zu den VIZ-Patienten vor und nach CRH-Gabe aufgezeigt werden. Die präoperativen Infektionen waren in der Gruppe der Patienten mit ALD (67%) signifikant häufiger als in der Patientengruppe mit VIZ (13%) Postoperativ entwickelte sich bei zwei Patienten der Patientengruppe mit ALD eine CMV-Infektion. Zwischen beiden Patientengruppen unterschieden sich die alkoholismusrelevanten Parameter, sowie der CAGE-Fragenkatalog zur Einschätzung der Alkoholabhängigkeit. Abstinente alkoholkranke Patienten mit alkoholindizierter Leberzirrhose sind immunsupprimiert. Diese Patienten zeigen eine erhöhte stressinduzierte anti-inflammatorische Immunantwort (vermindertes IL-6/IL-10 und TNFalpha/IL-10 Verhältnis) im Vergleich zu Patienten mit virusinduzierter Leberzirrhose. Eine Immunsuppression wurde bereits für aktuell trinkende Alkoholiker nachgewiesen. Wir konnten in unserer Studie zeigen, dass Patienten mit alkoholinduzierter Leberzirrhose trotz Alkoholabstinenz von mindestens 3,5 Jahren im Vergleich zu Patienten mit virusinduzierter Leberzirrhose, eine erhöhte anti-inflammatorische Immunantwort nach Stress-Testung aufweisen. Diese Immunsuppression könnte zu einer erhöhten Infektions- und erniedrigten Rejektionsrate bei ALD-Patienten nach Lebertransplantation führen.
The most frequent diagnoses for liver transplantation are Virus-Induced- Cirrhosis (VIC) and Alcoholic-Liver-Disease (ALD), after an abstinence period of at least six month. Chronic ethanol consumption has been linked to an abnormal neuroendocrine-immune axis and to an altered surgical stress response inducing an increased infection rate. Preoperative stress testing might be relevant to detect stress-induced immune alteration. The aim of this study was to investigate the preoperative stress-like response to corticotrophin- releasing-hormone challenge (CRH) of patients with ALD compared to patients with VIC and their immune sequelae. Nine patients with ALD and eight patients with VIC were included in this clinical study prior to transplantation. All patients received CRH in the morning. Blood samples were drawn before and after stress testing. In response to CRH, the ALD-patients showed a significant decrease in the plasma interleukin-(IL)-6/IL-10-ratio. After lipopolysaccharide-stimulation of whole blood from CRH-challenged ALD- patients, IL-10 increased significantly. The cytotoxic T1-(Tc1) to cytotoxic T2-(Tc2)-ratio was significantly decreased in ALD-patients after the stress test. Infections occurred significantly more often in ALD-patients within the last year before study inclusion. ALD-patients showed a stronger anti- inflammatory immune status and response than VIC-patients. This difference was associated with a higher infection rate despite of a median alcohol abstinence time of 3.5 years. Although an altered immune response is well known among patients with actual alcohol use disorders, to the best of our knowledge it is not described in patients after such a long abstinence time.