Die Gefäßkeramik der Archaischen I tar-Tempel in Assur erforderte eine gezielte Neuuntersuchung, da sie zuvor im Rahmen der Erstpublikation Walter Andraes (1922) nur unvollständig behandelt worden war. Die Sichtung des Materials im Vorderasiatischen Museum zu Berlin erbrachte eine unerwartet große Menge an Scherben und einige vollständig erhaltene Gefäße, die sich größtenteils stratigraphisch zuweisen ließen und somit statistisch ausgewertet werden konnten. Die Aufarbeitung dieses Keramikkomplexes wurde unter anderem mit dem Ziel durchgeführt, den offenen Datierungsfragen zu den einzelnen Tempelphasen neue Ansätze zu geben. Eine zweite Aufgabe dieser Studie bestand darin, für Assur und die Region erstmals eine Keramiksequenz vorzulegen, welche die Besieldungsgeschichte vom späten 3. bis in die erste Hälfte des 1. Jt. v. Chr. umfaßt. Diese Möglichkeit ergab sich mit der parallel durchgeführten Aufarbeitung der Gefäßkeramik des 1988-89 unter der Leitung von Reinhard Dittmann (damals Freie Universität Berlin) am westlichen Ende des Suchgrabens 7 unweit der Archaischen I tar-Tempel angelegten Tiefschnitts. Die Zusammenschau beider Keramikspektren erwies sich insbesondere für die Erforschung der morphologischen Entwicklungen als wichtig. Schicht E der Archaischen I tar-Tempel hat beispielsweise nur wenig gut stratifizierte Keramik erbracht. Gerade in diesem Ur III-zeitlich/frühaltassyrisch datierten Kontext haben sich verschiedene Veränderungen im Keramikspektrum vollzogen, die nur im Material der Tiefschnittgrabung greifbar sind. Für beide Grabungskomplexe gilt allerdings, daß bis auf Tempel-Schicht G kaum in situ-Funde behandelt werden konnten. Die Kollektionen stammen aus den Verfüllungen der Gebäude, teilweise sogar aus regelrechten Keramikaufschüttungen, was erheblichen Einfluß auf ihre Qualität hat. Hierin könnte einer der Gründe für die oft beobachteten sehr langen Laufzeiten liegen, wobei ein traditionelles Element in der Keramikproduktion von Assur nicht ganz ausgeschlossen werden soll. Daneben ließen sich mehrere Gefäßformen durch ihre Verbreitungsschwerpunkte in einzelnen Schichten oder Schichtenkomplexen herausstellen, die hier als Leitformen bezeichnet werden. Mit ihrer Hilfe konnte letztendlich die Korrelation der beiden Grabungskomplexe vorgenommen werden. Die Mehrzahl dieser Leitformen finden gute Vergleiche sowohl im Süden bis Uruk als auch im Westen bis Emar. Im Ergebnis deuten sich grobe Verbreitungsrichtungen für einzelne Gefäßformen an sowie dem historischen Hintergrund entsprechend Schwankungen in den Schnittmengen der Gefäßspektren der Vergleichsorte. Doch stützen sich diese Beobachtungen derzeit noch auf eine recht schwache Zahlenbasis, was zum Teil dem Umstand fehlender Gesamtvorlagen von Keramik geschuldet ist. Der Wert der vorliegenden Arbeit liegt in der Vollständigkeit der Präsentation sowie der erstmaligen Darstellung von langfristigen Entwicklungstendenzen in der Gefäßkeramik von Assur. Der nun ermöglichte Zugang zum Katalog- und Auswertungsteil soll insbesondere den wissenschaftlichen Diskurs anregen, der notwendig sein wird, um die immer noch bestehenden Unsicherheiten bei der Datierung, den Laufzeiten oder der Morphologie einzelner Gefäßformen und Warentypen sowie die Stellung Assurs im kulturellen Geflecht Vorderasiens zu klären.
The pottery of the Archaic I tar Temples in Assur requires a re-evaluation because Walter Andrae presented an incomplete and cursory overview of the material in his final publication in 1922. A revision of the storerooms in the Vorderasiatisches Museum of Berlin has revealed an unexpected large amount of sherds and some complete vessels from this context. A stratigraphic assignment was possible for the majority of this material, which formed the basis for a statistical analysis. The aim of this examination was to answer questions concerning the dating of the temple phases. Furthermore, in order to explore the whole pottery sequence of Assur, from the late third to the first half of the first millennium BC, this study was supplemented by the ceramic material from a deep trench excavated under the direction of Reinhard Dittmann, in 1988-89, situated approximately 50 m east of the Archaic I tar Temples. The synopsis of both complexes is important for our knowledge of the morphological developments in the pottery. The tempel level E context, for example, yielded less well stratified material. Precisely in this Ur III/early Old Assyrian context some changes in the pottery spectrum were carried out, which were visible only in the material found in the deep trench. Almost all pottery samples are derived from the deposits of the buildings, which had an effect on their quality in the statistical analysis and is the probable cause for the long duration of several vessel forms. In general, however, a traditional pottery production in Assur should not be excluded. Vessel forms showing a maximum in one level or level complexes were designated as principal forms. Finally these principal forms made the correlation of both excavation complexes possible. Most of them find references in the south, as far as Uruk, and in the west, as far as Emar. In some cases a distribution of vessel forms could be observed. Furthermore the degree of comparability of pottery from different sites shows a fluctuation parallel to the historical background. These results, however, were founded on a weak basis, which is partially caused by the absence of comprehensive studies on pottery in Mesopotamia. The merit of this work is based on its completeness of the presentation and the description of tendencies in the pottery evolution over a large time span in Assur. The catalogue and the results of the analysis may inspire the scientific discourse on the still existing uncertainties of dating, duration or morphology of single vessel forms and fabric types, and finally of the cultural position of Assur in the Ancient Near East.