Die Beurteilung neuer Anxiolytika wird durch Stammesunterschiede der Versuchstiere erschwert. So wird uber serotonerg wirksame Substanzen von widerspruchlichen Wirkungen berichtet, obwohl dieselben tierexperimentellen Verhaltenstests verwendet wurden. Daher war es das Ziel der vorliegenden Arbeit zu untersuchen, inwieweit Stammes- und Zuchtlinienunterschiede das Angstverhalten von Ratten beeinflussen. Zudem wurde uberpruft, inwiefern sich unterschiedliches Angstverhalten auf die Wirkung von Anxiolytika auswirkt. Weiterhin sollte festgestellt werden, ob sich der Metabolismus von Anxiolytika bei den verwendeten Tieren unterscheidet. Abschließend sollte geklart werden, ob bei den untersuchten Rattenstammen bzw. -zuchtlinien Unterschiede im Serotonin(5-HT)-Gehalt bestimmter Hirnstrukturen vorliegen. Um den Einfluß der Aufzuchtbedingungen auf das Angstverhalten von Ratten zu erfassen, wurden drei Fischer-Zuchtlinien (Winkelmann, Schonwalde und Charles River) im institutseigenen Tierstall aufgezogen und das Angstverhalten mit dem der direkt vom Zuchter bezogenen Fischer-Ratten verglichen. Die Tiere wurden im Elevated plus maze-, Black and white box- und modifizierten Open field-Test untersucht. Die Ergebnisse zeigten, daß das Angstverhalten von Ratten von Aufzuchtbedingungen beeinflußt wird. So waren Fischer/Schonwalde-Ratten unter unseren Aufzuchtbedingungen weniger angstlich, Fischer/Winkelmann-Ratten zeigten dagegen im Vergleich zu den gekauften Tieren ein angstlicheres Verhalten. Die verhaltenspharmakologischen Untersuchungen wurden an zwei unterschiedlichen Wistar-Zuchtlinien (Winkelmann und BgVV) und an einem Fischer-Stamm (Winkelmann) durchgefuhrt. Fur die Experimente wurden die o.g. Angsttests verwendet. Als Anxiolytika wurden Diazepam, 8-OH-DPAT und Ritanserin eingesetzt. Bei den Kontrolltieren erwiesen sich die Wistar /Winkelmann-Ratten im Vergleich zu den Fischer/Winkelmann- und Wistar/BgVV- Ratten in allen drei Verhaltenstests als weniger angstlich. Die Wistar/BgVV- und Fischer/Winkelmann-Ratten zeigten ein vergleichbares Verhalten. Diazepam wirkte bei den angstlichen Fischer/Winkelmann-Ratten schon in niedriger Dosis anxiolytisch. Bei den wenig angstlichen Wistar/Winkelmann-Ratten erzeugte es keine Anxiolyse, bei den Wistar/BgVV-Ratten konnte nur eine Tendenz zur Anxiolyse festgestellt werden. 8?OH?DPAT hatte bei den drei Versuchsgruppen in den verwendeten Verhaltenstests keine Wirkung auf das Angstverhalten. Auch Ritanserin, welches nur im Elevated plus maze-Test untersucht wurde, zeigte sich wirkungslos. In einer weiteren Versuchsreihe wurden die Blutplasmakonzentrationen von Diazepam und drei seiner Metaboliten, N?Desmethyldiazepam, Temazepam und Oxazepam, zum Zeitpunkt der Verhaltenstests bestimmt. Die Konzentrationen der gemessenen Substanzen waren bei den Fischer/Winkelmann-Ratten im Vergleich zu den beiden Wistar-Zuchtlinien erheblich hoher. Die beiden Wistar-Zuchtlinien unterschieden sich nicht voneinander. Das Verhaltnis von N?Desmethyldiazepam und Temazepam war bei den Fischer/Winkelmann-Ratten ausgewogen, wahrend bei den beiden Wistar-Zuchtlinien der Anteil an Temazepam deutlich geringer war. Abschließend wurden die Gehalte von 5-HT im prafrontalen Kortex, Hippokampus und in der medianen/dorsalen Raphe bestimmt. Bei den angstlicheren Fischer /Winkelmann-Ratten war 5-HT sowohl im prafrontalen Kortex als auch im Hippokampus im Vergleich zu den Wistar-Zuchtlinien deutlich hoher. Bei den Wistar/BgVV-Ratten lagen die 5-HT-Gehalte im Hippokampus und den beiden Raphekernen unter denen der Wistar/Winkelmann-Ratten. Die Gabe von 2,0 mg/kg Diazepam i.p. wirkte sich unterschiedlich auf die zentralen 5-HT-Gehalte aus: Bei den angstlichen Fischer/Winkelmann- und Wistar /BgVV-Ratten erzielte Diazepam eine deutliche Senkung von 5-HT im prafrontalen Kortex und im Hippokampus, bei den wenig angstlichen Wistar/Winkelmann-Ratten war 5-HT nur im Hippokampus reduziert. Der 5-HT-Gehalt in den Raphekerngebieten wurde bei allen drei Gruppen von der Diazepam-Gabe nicht beeinflußt. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, daß sowohl Aufzuchtbedingungen als auch Stammes- bzw. Zuchtlinienunterschiede einen großen Einfluß auf das Angstverhalten von Ratten haben und Unterschiede im "Ausgangsverhalten" die Wirkungen von Pharmaka im Tierexperiment beeinflussen konnen. Die Ergebnisse weisen ebenfalls darauf hin, daß die unterschiedliche Wirkung von Diazepam auf eine unterschiedliche Beteiligung der Stoffwechselwege zuruckgefuhrt werden kann. Die Unterschiede im Angstverhalten der untersuchten Rattenstamme bzw. -zuchtlinien scheinen sich auch in Unterschieden im serotonergen Transmissionssystem widerzuspiegeln. Zudem laßt die vorliegende Arbeit vermuten, daß die Wirkung von Diazepam auf den zentralen 5-HT-Gehalt vom verwendeten Rattenstamm abhangig ist. Daher sollten bei zukunftigen Untersuchungen Stammes- bzw. Zuchtlinienunterschiede berucksichtigt werden, und es wird empfohlen, die Herkunft der Tiere zu beachten und bei der Methodenbeschreibung exakt anzugeben.
Strain differences make the development of new anxiolytics more difficult. Conflicting effects of serotonergic drugs were observed, even when identical animal tests were used. Hence, the aim of this study was to investigate in more detail the influence of strain or stock differences on the baseline anxiety related behaviour of rats. The effects different anxiety levels have on the application of various anxiolytics and the differences between strains and stocks in the metabolism of these anxiolytics were investigated. Furthermore, the question of whether there are differences in the central serotonergic (5-HT) system was explored, because 5-HT plays a major role in the creation of anxiety disorders. To get an overall picture of the influence of breeding conditions on anxiety related behaviour of rats, three stocks of Fischer rats (Winkelmann, Schonwalde and Charles River) bred in our animal unit, were compared to Fischer rats received directly from the same breeders. For these experiments the elevated plus maze-, black and white box- and modified open field-test were chosen. The results show that breeding conditions really influence the anxiety related behaviour of rats. Raised under our breeding conditions, Fischer/Schonwalde rats became less anxious, whereas Fischer/Winkelmann rats became more anxious compared to the directly received animals. The pharmacological investigations were carried out on two different Wistar stocks (Winkelmann and BgVV) and one Fischer strain from Winkelmann. For the experiments the same animal models were used as described above. The anxiolytic substances, diazepam, 8?OH-DPAT and ritanserin, were chosen. In all animal models the Wistar/Winkelmann rats proved to be less anxious than the Fischer/Winkelmann and Wistar/BgVV rats. Whereas Wistar/BgVV and Fischer/Winkelmann rats behaved in a similar fashion. Diazepam had an anxiolytic effect even in low doses on the more anxious Fischer/Winkelmann rats. In comparison, diazepam could not produce an anxiolytic effect on the less anxious Wistar/Winkelmann rats. With the more anxious Wistar/BgVV rats diazepam had a tendency for an anxiolysis. In all animal tests 8-OH-DPAT had no effect on the anxiety related behaviour of all groups of rats. Also ritanserin, which was examined only in the elevated plus maze-test, was ineffective. In another experiment the blood plasma concentrations of diazepam and three of its metabolites, n?desmethyldiazepam, temazepam and oxazepam, were measured at the time the behavioural tests took place. The concentrations of these four substances were significantly higher in the Fischer/Winkelmann rats in comparison to both Wistar stocks. There were no differences between the two stocks of Wistar rats. N-desmethyldiazepam and temazepam were equally abundant in the Fischer/Winkelmann rats, whereas in both stocks of Wistar rats temazepam was proportional lower. Finally, the levels of 5-HT were measured in the prefrontal cortex, the hippocampus and in the median/dorsal raphe. In the more anxious Fischer/Winkelmann rats, the level of 5-HT was significantly higher in the prefrontal cortex as well as in the hippocampus compared to both Wistar stocks. The levels of 5-HT in the hippocampus and the median/dorsal raphe were higher in the Wistar/BgVV rats than in the Wistar/Winkelmann rats. The application of 2,0 mg/kg diazepam i.p. had a different effect on the central levels of serotonin. Whereas diazepam produced a significant decrease of the serotonin levels in the prefrontal cortex and the hippocampus in the more anxious Fischer/Winkelmann and Wistar/BgVV rats, there was shown to be only a small reduction in the hippocampus in the less anxious Wistar/Winkelmann rats. The level in the raphe nuclei was not influenced in any of the three groups tested by the application of diazepam. In sum, these results show that there is a large impact of breeding conditions as well as strain and stock differences on anxiety related behaviour. Moreover, differences in the baseline behaviour might have an influence on the effects of pharmacotherapeutics. Additionally, it appears that the different effects of diazepam can be traced back to a different metabolism. Differences in the central serotonergic system seem to reflect a difference in the anxiety related behaviour of the examined rat strains and stocks. Also, the effect of diazepam on the central 5-HT system seems to depend on the rat strain being used. Therefore, strain and stock differences should be taken into consideration in future investigations and it is recommended to cite exactly in the description of a method the source of the animals.