In einer prospektiven Anwendungsbeobachtung (Intention-to-Treat-Analyse) sollte die Bedeutung des genetischen Polymorphismus des Cytochrom-P450-2D6 (CYP2D6) für das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und für die therapeutische Effektivität der Antipsychotikatherapie mit Perazin und Haloperidol unter naturalistischen Bedingungen in der Klinik untersucht werden. Es sollte geklärt werden, in welchem Maße die Blutkonzentrationen der gegebenen Medikamente Haloperidol und Perazin vom CYP2D6-Genotyp abhängen, in welchem Maße sich Nebenwirkungen und Wirkstärke von Perazin und Haloperidol durch die Blutkonzentration erklären lassen und in welchem Maße sich Nebenwirkungen und therapeutische Wirkung durch den CYP2D6-Genotyp erklären lassen. Ziel der Arbeit war es, einen Anhalt zu gewinnen, ob bei der Kenntnis der angeborenen genetischen Varianten des CYP2D6 unerwünschte Arzneimittelwirkungen der antipsychotischen Therapie mit Perazin und Haloperidol in der Klinik reduziert werden können und die therapeutische Effektivität verbessert werden kann. In dieser Arbeit wurde eine Korrelation zwischen der gegebenen Menge Perazin sowie Haloperidol und den resultierenden Serumspiegeln gesehen; allerdings mit großen interindividuellen Schwankungen. Diese erklären sich zum Teil durch die unterschiedlich schnelle Metabolisierung von Perazin und Haloperidol durch die Cytochrom-P450-2D6. Da eine systematische Beziehung zwischen dem Metabolisierertyp der CYP2D6 und der Höhe der Serumspiegel festgestellt werden konnte, ist von einem Einfluss der Cytrochrom-P450-2D6 auf den Metabolismus von Perazin und Haloperidol auszugehen. Bei der Untersuchung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen in Abhängigkeit von der Serum-Konzentration von Perazin und Haloperidol sowie in Abhängigkeit von den verschiedenen Genotypen der CYP2D6 konnten trotz der Fülle der Einflussfaktoren auf den Erkrankungsverlauf Tendenzen und signifikante Ergebnisse erzielt werden. In klinisch relevanter Weise bezogen sich die Signifikanzen auf die Zunahme von EPS bei den Poor-Metabolizern (PM). Wie zu erwarten bei der Fülle anderer Einflußfaktoren, waren die Unterschiede bezüglich des antipsychotischen Therapieerfolges zwischen den Gruppen der verschiedenen Serum-Konzentrationen und auch zwischen den verschiedenen Gruppen der Metabolisierer-Typen der CYP2D6 gering. Unter Haloperidolbehandlung war der Behandlungserfolg für die PM jedoch etwas deutlicher. Hierzu passend fand sich eine Unterrepräsentation der PM im stationär-psychiatrischen Krankengut. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in Anbetracht der geringen Fallzahl Generalisierungen aus den erhobenen Daten nicht möglich sind. Allerdings kann durch Spiegelbestimmungen und Genotypisierungen bei einer Subpopulation der Patienten das Auftreten von extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen, die sich potenziell negativ auf die Compliance auswirken können, vermieden werden. So legen die Untersuchungsergebnisse die Vermutung nahe, dass eine Anpassung der Medikamentendosis an den genetischen Typ der Cytochrom-P450-2D6 Variante therapeutisch sinnvoll ist, wobei die Poor- Metabolizer nur ca. 60% der Haloperidol-Standartdosis erhalten sollten. Da in den letzten Jahren die Compliance im Zusammenhang mit der neuroleptischen Rezidivprophylaxe immer mehr in den Mittelpunkt rückt, wäre es aus klinisch-psychiatrischer Sicht sehr wichtig, diese Untersuchungen in größerem Umfang zu replizieren, um potentiell durch extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen auftretende Complianceprobleme mit ihren weitreichenden Folgen für den Erkrankungsverlauf besser vermeiden zu können.