Das Chronische Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome, CFS) ist eine komplexe Erkrankung mit einer Prävalenz von 0,3% in Deutschland mit bislang unbekannter Ursache, das sich primär durch extreme Erschöpfung und Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit substantieller Minderung der Lebensqualität manifestiert. Das Erkrankungsalter liegt zwischen 20 und 40 Jahren wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Eine kausale Therapie für das CFS gibt es zurzeit nicht. Allgemeine Behandlungsempfehlungen beschränken sich auf die individuelle Symptomatik eines Patienten. Insbesondere gelten die Behandlung von chronischen Infektionen, sowie der Ausgleich von Mangelernährung, physio-, verhaltens- und schmerztherapeutischen Ansätzen als mögliche Strategien, Symptomen entgegen zu wirken. Ziel dieses Promotionsvorhabens ist die retrospektive Analyse von phänotypischen und funktionellen immunologischen Laborparametern bei Patienten mit dem Verdacht oder einer gesicherten Diagnose eines Chronischen Erschöpfungssyndrom, die sich in der Ambulanz für Immundefekte am Institut für Medizinische Immunologie vorstellen. Zur Erfassung und Aufbereitung von laborchemischen, biometrischen, epidemiologischen und klinischen Daten wurde eine Datenbank erstellt, die komplexe Analysen und Zusammenhänge zu weiteren Korrelationsparametern ermöglichen soll. Es wurden 226 Patienten auf phänotypische und funktionelle Biomarker untersucht, die sich mit dem Verdacht oder einer gesicherten CFS- Symptomatik vorstellten. Für die Analyse und Korrelierung von Laborparametern mit klinischen Daten wurde eine spezielle Datenbank entwickelt. Dazu wurden Daten aus dem elektronischen Epikrisenbestand im Zeitraum von 2005 – 2011 importiert. Das mediane Alter dieser Population liegt bei 44 ± 12 SD. Mit einem Geschlechterverhältnis von 64% sind mehr Frauen als Männer betroffen. Bei allen Patienten wurden die Fukuda-Kriterien erhoben. 157 (69%) der Patienten erfüllten die Kriterien eines CFS (G93.3V), bei 69 (31%) Patienten wurde die Diagnose eines Fatigues unklarer Genese (F48.0G) gestellt. Bei den eingeschlossenen Patienten wurde eine Autoimmunthyreoiditis bei ca. 11% beobachtet. Im Rahmen der immunologischen Diagnostik wurde bei 31% der CFS- Patienten ein Immunglobulin-Mangel, darunter bei 5% ein IgA-Mangel, bei 6% ein IgG-Hauptklassen-Mangel, bei 10% ein selektiver IgG3-Mangel und bei 10% einen selektiver IgG4-Mangel beobachtet. 8% hatten ein erhöhtes IgM. Im zellulären Immunstatus zeigten 32% der CFS-Patienten eine T-Zellaktivierung über eine vermehrte Expression der Aktivierungsmarker CD11a, CD28 und CD57 auf CD8+-T-Lymphozyten. Bei 15% der CFS-Patienten konnte eine pathologische Erhöhung des Aktivierungsmarkers CD11a und eine pathologische Erniedrigung des Aktivierungs-markers CD28 auf CD8+ T-Lymphozyten festgestellt werden, die für eine chronische zytotoxische T-Zellaktivierung sprechen. Außerdem wurden bei 33% eine pathologische hohe CD57+-T-Zellaktivität festgestellt, die sich durch eine zu erwartende Verschiebung von naiven zytotoxischen T-Lymphozyten auf zytotoxische Gedächtnis-T-Lymphozyten erklären lässt. Bei der Bestimmung der T-Zellzytokinantwort in vitro fiel auf, dass CFS-Patienten mehrheitlich eine Immundeviation aufweisen, die sich durch ihr Zytokinmuster in vier Gruppen einteilen lassen. Es konnten zwei Gruppen mit respektive hohen IL-2- und IL-5-Werten von einander abgegrenzt werden. Eine Gruppe zeigte eine verminderte Zytokinantwort, die überwiegend gleichzeitig eine T-Zellaktivierung und Lymphopenie aufwies. 26% der Patienten zeigte keine abnorme Zytokinproduktion. Bei etwa 22% der untersuchten Patienten fanden wir einen EBNA-IgG-Mangel als möglichen Hinweis auf eine chronische EBV- Reaktivierung. Ein Zusammenhang zwischen EBNA-IgG-Verlust und dem IgG-Mangel konnte nicht nachgewiesen werden. 15% der Patienten hatten eine Leukopenie, 25% eine Lymphopenie und 6% ein erniedrigtes Hämoglobin. Nebenbefundlich wurde bei 25% der CFS-Patienten eine erhöhte MCHC festgestellt, welche stark positiv mit IL-5 und stark negativ mit IL-10 korreliert. MCHC wird als oxidativer und/oder nitrosativer Stressparameter diskutiert. Weitere Analysen sind erforderlich, um das metabolische Profil zu messen und einen oxidativen und/oder nitrosativen Stress, eine metabolische Imbalance, eine Insulinresistenz oder eine mögliche Kachexie bei CFS-Patienten aufzudecken. Zusammenfassend zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass Patienten mit einem chronischen Erschöpfungssyndrom eine chronische Immunaktivierung und eine Immundeviation zeigen, die eine Einteilung in vier immunologische Subgruppen zulassen. Diese Subgruppen sollten in prospektiven Studien weiter untersucht werden. Zudem wurde festgestellt, dass ein oxidativer und/oder nitrosativer Stress bei CFS-Patienten offenbar eine Rolle spielt, was im Rahmen weiterer Studien genauer untersucht werden sollte. Die neu gewonnenen Erkenntnisse tragen zum Verständnis der Pathogenese von CFS bei und sind Grundlage für die Entwicklung neuer Behandlungskonzepte.
Chronic fatique syndrome (CFS) is a complex disease of unknown aetiology with a prevalence of 0.3% in Germany. Previous studies suggest a shift towards a predominant type 2 T cell response. Enhanced type 2 cytokines have been associated with fatigue and mental impairment which are characteristic of Chronic Fatigue Syndrome (CFS). In this study, we investigated the phenotypical and functional immune status in 226 patients with suspicion of CFS in a time period from 2005 to 2011 and correlated the findings to disease patterns, clinical history and epidemiological data. Mean age was 44 ± 12 SD. 157(69%) patients fulfilled the diagnostic criteria of CFS (G93.3V) according to the Fukuda criteria. In 69(31%) patients could only be diagnosed with Fatigue of unknown origin (F48.0G). in 11% of the included patients an autoimmune thyreoiditis, in 31% an immunoglobuline deficiency (Ig deficiency) was observed. Among Ig deficiency patients we observed in 5% an IgA- deficiency, in 6% an IgG main class deficiency, in 10% a selective IgG3 deficiency and in 10% a selective IgG4 deficiency. 8% showed an elevated IgM. Based on the T-cell cytokine profile (IL-2, IL-4, IL-5, IL-10, IFN-y, TNF-a) assessed in the supernatant of ConA-stimulated blood cells various subsets of patients could be identified revealed by enhanced IL-5 production (25% of patients), a IL-5/IL-2 profile (22%) and a type 1 profile (IFNg/IL2). A further subset of patients with non-elevated cytokines was characterized by lymphopenia and surface T cell activation markers. Elevated MCHC as a potential marker of oxidative stress was associated both with a type 2 IL- 5high profile (r=0.22, p=0.028) and chronic T-cell activation (CD57+) (r=0.17, p=0.035). These findings contribute to a better understanding of the pathophysiology of CFS and may be a basis for the development of new therapeutic strategies.