Vorrangiges Ziel dieser Arbeit war es, die Nicht-Unterlegenheit von Qigong gegenüber einem standardisierten physiotherapeutischen Rückenübungstraining bezüglich der Reduktion der mittleren Schmerzintensität bei der Behandlung von Patienten mit chronischen unspezifischen LWS-Schmerzen zu untersuchen. Weiterhin sollte die Effektivität der Interventionen bezogen auf Funktionseinschränkungen der LWS und die Lebensqualität verglichen werden. Dafür wurde eine Studie mit multizentrischem, randomisiertem, zweiarmigem Design durchgeführt. Eingeschlossen wurden Patienten zwischen 20 und 65 Jahren, die seit mindestens drei Monaten und höchstens fünf Jahren an unspezifischen LWS-Beschwerden litten und deren mittlere LWS- Schmerzintensität, bezogen auf die letzten sieben Tage, bei mindestens 40 mm auf der Visuellen Analogskala lag. Die Patienten wurden in eine der beiden Interventionsgruppen randomisiert und erhielten über einen Zeitraum von drei Monaten einmal wöchentlich eine Therapieeinheit (insgesamt 12 Therapieeinheiten). Daran schloss sich ein Follow-Up Zeitraum von neun Monaten ohne angeleitete Therapie an, in welchem die Patienten jedoch gebeten wurden, selbstständig zu üben. Die auf Patienten mit chronischen LWS-Schmerzen abgestimmten Übungsprogramme wurden von hochqualifizierten Experten entwickelt und durchgeführt. Für die Qigonggruppe wurde das „Nei Yang Gong“ gewählt, welches seinen Schwerpunkt auf Selbstmassagen, stille und bewegte Übungen sowie spezielle Atemtechniken legte. Eine Therapieeinheit nahm 90 Minuten in Anspruch. Die Übungen des Rückentrainings folgten einem standardisierten und im Alltag bewährten sowie an die spezifischen Bedürfnisse der Patienten angepassten Programm und dauerten pro Therapieeinheit 60 Minuten. Als Hauptzielparameter wurde die Differenz der mittleren LWS-Schmerzintensität (durchschnittliche Intensität der LWS-Schmerzen innerhalb der letzten sieben Tage) zwischen der Qigong und der Rückenübungsgruppe nach drei Monaten herangezogen, die anhand der Visuellen Analogskala (VAS; 0-100 mm, 0 = keine Schmerzen, 100 = maximale Schmerzen) gemessen wurde. Als sekundäre Zielparameter wurden die Funktionseinschränkungen aufgrund der LWS-Schmerzen mit dem Roland-Morris Disability Questionnaire (RDQ), die Lebensqualität mit dem Short Form 36 (SF-36) und die Schlafqualität und -zufriedenheit, die Erwartungshaltung und Übehäufigkeit, die Therapiezufriedenheit sowie Co- Interventionen und unerwünschte Therapiewirkungen erhoben. Weiterhin wurde ein möglicher Therapieeffekt unmittelbar nach einer Therapieeinheit erfasst. Die standardisierten Fragebögen wurden von den Patienten vor Randomisierung (Baseline), nach drei, nach sechs und nach zwölf Monaten ausgefüllt. Die statistische Auswertung des primären Endpunktes erfolgte konfirmatorisch über einen einseitig verschobenen t-Test (zum Niveau a=2,5%) innerhalb einer Kovarianzanalyse (GEE-ANCOVA) und Adjustierung auf Baselinewerte und Erwartungshaltung. Für die Nicht-Unterlegenheitsgrenze wurde eine Differenz von 5 mm auf der Visuellen Analogskala festgesetzt. Alle anderen Zielparameter wurden innerhalb des beschriebenen Modells zweiseitig zum Niveau von a=5,0% ausgewertet. Fehlende Daten wurden nicht ersetzt. Insgesamt wurden 127 Patienten in die ITT-Analyse eingeschlossen (64 in der Qigonggruppe, 63 in der Rückenübungsgruppe). Das Durchschnittalter lag bei 47 Jahren [Standardabweichung (SD): ± 10 Jahre], 80,3% der Teilnehmer waren weiblich. Die durchschnittliche LWS-Schmerzdauer betrug zu Studienbeginn 3,0 Jahre [SD: ±1,5 Jahre], die mittlere Schmerzintensität betrug 53,9 mm [SD: ± 12,3 mm] auf der Visuellen Analogskala. Bei der Geschlechterverteilung, der Beschwerdedauer sowie bei den sportlichen Aktivitäten und der Haushaltsgröße ergab sich zu Baseline ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Interventionsgruppen. Für den Hauptzielparameter konnte nach drei Monaten in beiden Gruppen eine signifikante Schmerzreduktion gezeigt werden, im Zwischengruppenvergleich ergab sich kein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion (mittlere Differenz: -1,8 mm [KI: -9,4; 5,8], p=0,646). Die Nicht-Unterlegenheit für Qigong gegenüber dem Rückenübungstraining konnte jedoch statistisch nicht gesichert werden (p= 0,204). Die Werte der Funktionseinschränkungen ergaben keinen signifikanten Gruppenunterschied nach drei Monaten (mittlere Differenz: -0,5 [KI: -1,5; 0,5], p= 0,352). Im Follow-Up zeigten sich signifikante Gruppenunterschiede nach sechs Monaten bei der Schmerzreduktion auf der VAS (mittlere Different: -7,7 mm [KI: -14,7; -0,7], p= 0,031) und nach 12 Monaten bei den Funktionseinschränkungen anhand des RDQ (mittlere Differenz: -1,2 [KI: -2,3; -0,1], p= 0,031). Bei der Messung des unmittelbaren Therapieeffektes ergab sich im Vergleich der Interventionsgruppen ebenso ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion zugunsten der Rückenübungsgruppe (mittlere Differenz: -8,8 mm [KI: -16,65; -1,11], p= 0,026). Der SF-36 zeigte im Gruppenvergleich zu keinem der Erhebungszeitpunkte signifikante Unterschiede. Es zeigten sich eine hohe Therapiezufriedenheit und eine geringe Rate an unerwünschten Therapiewirkungen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sowohl Qigong als auch das Rückenübungstraining bei Patienten mit chronischen LWS-Schmerzen in Bezug auf eine Reduktion der Schmerzen und der Funktionseinschränkungen ähnlich positive Effekte aufweisen. Eine Nicht- Unterlegenheit von Qigong konnte jedoch nicht gezeigt werden. Da diese Arbeit die erste Studie ist, die sich mit der Nicht-Unterlegenheit von Qigong gegenüber einer Referenztherapie bei der Behandlung von chronischen LWS- Schmerzen auseinandergesetzt hat, sind weitere Studien zu diesem Thema empfehlenswert. Zukünftige Studien sollten sich dabei vor allem erneut der Diskussion um einen adäquaten Therapiezeitraum, von möglichen Subgruppenanalysen sowie von präventiven und multimodalen Ansätzen widmen.
Low back pain is a highly prevalent condition in industrialized countries with estimated life-time prevalence up to 85%. Low back pain affects quality of live and productivity and has a high economic impact. Although there is a wide range of treatment options, most of them has shown only little effect and the use of complementary and alternative medicine is growing. The value of qigong in the treatment of chronic low back pain is unclear. In a randomized controlled trial we evaluated whether qigong is non-inferior to exercise therapy in patients with chronic low back pain. Methods: German outpatients (aged 46.7 ± 10.4) with chronic low back pain (mean visual analogue scale, VAS, 53.88 ± 12.54 mm) were enrolled and randomly allocated in a 1:1 ratio to receive either supervised training of qigong (64 patients, 12 sessions with 1x90 min a week) or supervised exercise therapy (63 patients, 12 sessions 1x 60 min a week). The primary outcome measure was the average pain intensity over the last seven days on a VAS (0-100 mm, 0 = no pain, 100 = worst imaginable pain, non-inferiority margin = 5 mm) after three months. Secondary outcome measures included disability (Roland Morris Questionnaire), health related quality of life (Short Form SF-36 questionnaire), quality of sleep, compliance, satisfaction with the therapy and side effects. Follow-up was measured after 6 and 12 months. The primary analysis was by intention-to-treat using a GEE-ANCOVA model with baseline pain, treatment group, time point and patient´s baseline expectations for treatment success as covariates. Missing data were not imputed. Results: The mean adjusted low back pain intensity after three months was 34.8 mm (95% CI 29.5; 40.2) in the qigong group and 33.1 mm (95% CI 27.1; 38.4) in the exercise group, shown no relevant differences between both groups. Non-inferiority of the qigong group compared to the exercise group failed to show statistical significance (p = 0.204). For the secondary outcomes significant differences were found in pain intensity after 6 months and for disability after 12 months for the benefit of exercise therapy. For the other outcome parameters we found no significant differences. Most patients were content with their therapy and there were only minor side effects. Conclusion: Qigong was not proven to be non-inferior to exercise therapy in the treatment of chronic low back pain. Its role in the prevention of chronic low back pain needs further clarification.