Das Nijmegen Breakage Syndrom (NBS) gehört zu den Chromosomeninstabilitätssyndromen, deren zugrunde liegenden Gene direkt oder indirekt in die DNA Reparatur einbezogen sind. Die Betroffenen weisen eine starke Empfindlichkeit gegenüber ionisierenden Strahlen und ein extremes Lymphomrisiko auf. Ihre Lebenserwartung ist stark verringert. In über 90% aller NBS-Patienten findet sich die gleiche 5bp Deletion, 657del5, im NBS-Gen. Dennoch zeigt sich eine erhebliche klinische Variabilität, z. B. hinsichtlich des Zeitpunktes der Tumormanifestation und der Überlebensdauer danach. Dies kann auf genetischen Faktoren oder Umwelteinflüssen beruhen. Es wurde eine Assoziationsanalyse an 37 homozygoten, klinisch gut charakterisierten, NBS- Patienten vorgenommen und der Einfluss von 18 Polymorphismen in solchen Genen untersucht, die in die DNA Reparatur, den Abbau des oxidativen Stresses und die Apoptose involviert sind (XPD, XRCC1, XRCC3, BRCA1, BRCA2, MnSOD, GSTP1, GSTO2, NQO1, OGG1, BCL2, p53, E2F1 und CHK2). Als klinische Bezugsgrößen dienten das Tumorrisiko, das Manifestationsalter der Tumoren sowie die Lebensdauer der NBS Patienten. Für Polymorphismen zweier Gene, XPD und MnSOD, fanden sich signifikante Assoziationen mit der Überlebensdauer nach Tumormanifestation. Da bei multiplen Testungen falsch positive Befunde nicht auszuschliessen sind, wurde überprüft, ob diese signifikanten Befunde durch funktionelle Untersuchungen erhärtet werden können. Hierfür bieten sich lymphoblastoide Zelllinien an, da sich diese von Lymphozyten (B-Lymphozyten) herleiten, wie auch die Lymphome der NBS Patienten. Von jeweils drei Patienten mit kurzer (Gruppe 1) bzw. langer (Gruppe 2) Überlebensdauer, die die ungünstigste bzw. günstigste Allelelenkombination zeigten, wurden die lymphoblastoiden Zellen im Hinblick auf ihre strahleninduzierte Chromosomeninstabilität, die ATM Phosphorylierung und die Caspase-7 Aktivierung nach Bleomycinbehandlung untersucht. 2 der 3 Linien von Gruppe 1 wiesen die höchste Strahlenempfindlichkeit auf, sodass man insgesamt von einer Tendenz sprechen kann, wonach mit geringerer Überlebensdauer die Strahlenempfindlichkeit zunimmt. Der ATM Phosphorylierung kommt eine entscheidende Rolle in der DSB Reparatur, der Zellzyklus-Checkpointkontrolle und der Apoptose zu. Bei der höchsten Bleomycindosis lagen sämtliche ATM Phosphorylierungswerte der Gruppe 1 über denen der Gruppe 2, auch wenn der Unterschied nicht in jedem Fall signifikant ist. Als Mass für die Induktion der Apoptose wurde die Aktivierung der Caspase-7 bestimmt. Auch hier zeigten die Zellen der Gruppe 1 die höchsten Werte. Überraschenderweise ist daher längere Überlebensdauer mit geringerer ATM Phosphorylierung und niedrigerer Caspase-7 Aktivierung korreliert. Hierfür bietet sich jedoch eine einfache Erklärung an: Da die Zellen der Gruppe 1 besonders stark geschädigt werden, ist auch die ATM und Caspase-7 Aktivierung entsprechend erhöht. Bei einer NBS Zelllinie, 89P0319, erfolgte die Caspase-7 Aktivierung schon ohne jede mutagene Exposition auf hohem Niveau. Diese Zelllinie zeigte auch die höchsten Werte der ATM Phosphorylierung und die höchste Bruchrate nach Bestrahlung mit 0,5 Gy. Sie zeigte aber auch ein besonders schlechtes Wachstum. Dieses schlechte Wachstum dürfte ein Hinweis auf das „spontane“ Absterben (Apoptose) der Zellen sein und könnte so die stete Caspase-7 Aktivierung verständlich machen. Eine andere Linie, 94P0307, aus der Gruppe 2 wies praktisch keine Caspase-7 Aktivierung auf. Hier war die hohe Rate von Telomerfusionen auffällig, was auf stark verkürzte Telomere hinweist. Normalerweise ist dies ein Zeichen für seneszente Zellen, die durch Apoptose eliminiert werden. Die fehlende Caspase-7 Aktivierung könnte daher das „Überleben“ dieser Zellen ermöglichen. Wie es zur Abschaltung dieses an sich grundlegenden Mechanismus gekommen ist, konnte im Rahmen dieser Dissertation nicht geklärt werden. Insgesamt sprechen die vorliegenden Befunde dafür, dass die Einteilung in Gruppe 1 und 2 mit kurzer oder langer Überlebenszeit nach Krebsmanifestation anhand der beiden signifikant assoziierten Polymorphismen auch eine Entsprechung auf zellulärer Ebene hat. Beide Gruppen liessen sich anhand der getesteten Parameter auch funktionell unterscheiden. Dabei dürfte die Korrelation zwischen höherer Strahlenempfindlichkeit und geringerer Überlebensdauer das primäre Merkmal, die stärkere ATM-Phosphorylierung und Caspase-7 Aktivierung eher die Folge davon sein. Bei der vorliegenden Dissertation handelt es sich um die erste Assozationsstudie zum klinischen Bild des Nijmegen Breakage Syndroms. Die Befunde werden im Zusammenhang mit entsprechenden Untersuchungen an anderen Krebspatienten diskutiert.
Nijmegen breakage syndrome (NBS [MIM 251260]) is an autosomal recessive chromosomal instability disorder with hypersensitivity to ionizing radiation. NBS patients have extensive variable clinical characteristics in spite of genetic homogeneity. We have analysed 18 SNPs in 14 DNA damage response genes because NBN is involved in DNA repair pathway. We could not find any correlation of polymorphisms with NBS clinical course but 2 SNPs with cancer survival. In the analysis of 37 NBS patients, those cell with ERCC2/XPD genotypes AG or AA and MnSOD genotypes CT or TT survived longer than other genotypes. We have also sought to validate the effect of 2 SNPs (ERCC2/XPD- rs1799793 and MnSOD-rs4880) on the cellular characteristics like chromosome instability, ATM phosphorylation and caspase-7 splitting activity, which was used to assess the apoptotic entrance in NBS LCLs. In cell assays, cells with these genotypes were poorer in primary response to DNA damage (ATM phosphorylation) and induction of apoptosis as measured by cleavage of Caspase-7.