In der vorliegenden Arbeit wurde ein Mausmodell zur Untersuchung Tinnitus- spezifischer neuronaler Aktivierungsmuster etabliert. Dazu wurde der Glukosemetabolismus mit Hilfe der 2-Deoxy-D-[14C]-glukose (2-DG) Methode zwei Stunden und zwei Wochen nach unilateralem Schalltrauma im Gehirn der Tiere untersucht. Mit Hilfe eines auf einem Startlereflex beruhenden Verhaltensparadigmas wurden die Tiere in Geräusch-wahrnehmende und nicht Geräusch-wahrnehmende Tiere unterteilt, um so das Tinnitus-spezifische Aktivierungsmuster zu identifizieren. Eine konditionale Arg3.1-Knockout- Mauslinie diente dazu den Einfluss plastischer Veränderungen auf die Tinnitusgenese zu untersuchen und ein Verhaltenstest zur sozialen Interaktion, um mögliche Anzeichen für die in Patienten häufig beobachtete emotionale Belastung durch das Phantomgeräusch zu detektieren. Durch audiometrische Messungen konnte ein permanenter Hörschaden auf dem exponierten Ohr zwei Wochen nach dem unilateralen Schalltrauma gemessen werden, der vor allem Frequenzen oberhalb des Traumafrequenzbereichs betraf. Schallexponierte Tiere zeigten generell eine Reduktion der Glukoseaufnahme entlang der aufsteigenden Hörbahn der exponierten Seite, während akut und nach zwei Wochen zusätzlich Veränderungen in der Glukoseaufnahme im Striatum, somatosensorischen Kortex, Gyrus cinguli, orbitofrontalen Kortex, Insula Kortex, Colliculus superior und dem Cerebellum gefunden wurden. In 71% der Tiere konnte über das Startle- Paradigma die Wahrnehmung eines Phantomgeräuschs nachgewiesen werden. Dabei zeigten 28% der Tiere eine Wahrnehmung in einem breiten Frequenzbereich, 24% in einem schmalen Frequenzbereich unterhalb der Traumafrequenz und 48% der Tiere in einem schmalen Frequenzbereich oberhalb der Traumafrequenz. In einigen Tieren (19%) wurde eine Tinnitus-spezifische Wahrnehmung in mehreren Frequenzbändern gefunden. Die Gruppe der Geräusch-wahrnehmenden Tiere zeigte im Vergleich zu den Kontrollieren eine Reduktion der 2-DG Aufnahme im kontralateralen auditorischen Kortex (AC), während im ipsilateralen AC eine erhöhte Aktivierung bei Tieren mit einer engfrequenten Geräuschwahrnehmung beobachtet wurde. Weiterhin wurden in der Tinnitusgruppe spezifische Änderungen im kontralateralen Hippocampus, der ipsilateralen Amygdala, dem Gyrus cinguli, dem Striatum, dem Nucleus accumbens, dem Bulbus olfactorius, dem Superior Colliculus und dem thalamischen Nucleus reticularis (TRN) detektiert. Schallexponierte Tiere mit Tinnitusanzeichen zeigten im Vergleich zu Tieren ohne Anzeichen einer Tinnituswahrnehmung ipsilateral Aktivitätsveränderungen im Striatum, Gyrus cinguli, Colliculus superior und dem Globus pallidus, während kontralateral der TRN und der Nucleus cochlearis aktiviert war. In den Arg3.1-Knockout-Mäusen zeigte sich ein stark veränderter Glukosemetabolismus im Grundzustand, so dass eine spezifische Diskussion der Aktivierungsmuster nicht möglich ist. Eine reduzierte Prävalenz der Tinnitusentstehung konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, da auch in dieser Gruppe 82% der Tiere Hinweise auf eine Geräuschwahrnehmung zeigten. Die hier durchgeführten Untersuchungen zur sozialen Interaktion konnten keine Anzeichen für eine besondere Belastung durch die Geräuschwahrnehmung detektieren. In dem hier etablierten Modell konnten erstmalig Tinnitus-spezifische Aktivierungsmuster im Gesamtgehirn von wachen Mäusen detektiert werden. Die Veränderungen betreffen ein weites Netzwerk aus auditorischen, limbischen und multimodalen Gehirnregionen. Weiterhin zeigte sich, dass eine Tinnituswahrnehmung durch Veränderungen kommissuraler und kortikofugaler Projektionen unterstützt werden könnte. Die Daten stehen in Einklang mit aktuellen Patientenstudien und unterstreichen die Beteiligung komplexer Netzwerke an der Tinnitusentstehung.
In the present study an animal model to study tinnitus-related changes in brain metabolism was established. 2-deoxy-D-[14C]-glucose (2-DG) uptake served to screen metabolic activity in the entire mouse brain two hours and two weeks after unilateral noise trauma. Tinnitus perception was evaluated using a modified version of the acoustic startle paradigm, in which a short gap was embedded in the constant background noise to inhibit the startle amplitude. An arg3.1 conditional knockout mouse line was used to evaluate the influence of neuronal plasticity on the generation of tinnitus. Moreover, social interaction was tested to detect signs of emotional stress due to phantom sound perception, which is very common in tinnitus patients. After unilateral noise trauma, auditory brain stem responses (ABR) revealed a permanent threshold shift on the exposed ear. This particularly affected frequencies above the trauma stimulus frequency. Noise exposed animals exhibited a reduction of 2-DG uptake along the afferent auditory pathway on the exposed side. In contrast, elevated activity was detected in the striatum, the somatosensory cortex, the cingulate gyrus (CG), orbitofrontal cortex, insula cortex, superior colliculus and the cerebellum. 71% of noise exposed animals demonstrated indications of phantom sound perception via the startle paradigm. Of these, 28% showed signs of phantom sound perception within a broad frequency range, 24% in a narrow frequency range below the trauma frequency and 48% within a narrow frequency range above the trauma frequency. In 19% of noise exposed animals, tinnitus perception seemed to occur in more than one frequency band. The group of tinnitus perceiving animals showed a reduction in 2-DG uptake in the contralateral auditory cortex, whereas animals with signs of phantom sound perception in the narrow frequency bands had an elevated uptake in the ipsilateral auditory cortex. Furthermore, activity changes were detected in the contralateral hippocampus, ipsilateral amygdala, cingulate gyrus, striatum, nucleus accumbens, olfactory bulb, colliculus superior and the thalamic reticular nucleus (TRN). When comparing noise exposed animals with and without behavioural indications for tinnitus, I observed differences in the ipsilateral striatum, CG, superior colliculus, globus pallidus, the contralateral TRN and cochlear nucleus. Unfortunately, arg3.1 knockout mice showed an altered glucose metabolism in the control state. Hence, a discussion of noise trauma-induced activity changes in these knockout animals is not possible. As 82% of arg3.1 knockout mice exhibited behavioural signs for an auditory phantom perception, a reduced prevalence for tinnitus generation in this group could not be detected. In all noise exposed animals, the social interaction test demonstrated no indications of stress caused by the auditory phantom sound perception. The established model allows for the first time the investigation of tinnitus specific activity patterns in the entire brain of awake mice. The observed changes discussed above comprise a distributed network that consists of auditory, limbic and multimodal brain regions. Moreover, the data demonstrate that tinnitus perception might be triggered by alterations in interhemisperic and corticofugal projections. The presented data is in line with recent human imaging studies and supports the hypothesis that a complex distributed network is responsible for the generation of tinnitus.