Einleitung: Die strafrechtliche Maßregel der Sicherungsverwahrung bedeutet, dass ein Straftäter nach vollständiger Strafverbüßung wegen einer fortbestehenden erheblichen Gefährlichkeit weiter gesichert in Freiheitsentziehung bleibt. Die gesetzlichen Vorgaben dazu sind wiederholt geändert worden, zuletzt erfolgte am 1. Juni 2013 eine umfassende Reformierung. Für die geforderte behandlerische Ausgestaltung der Maßregel ist die Kenntnis der von ihr betroffenen Straftäter vonnöten. Ziel dieser Arbeit war daher die Erhebung der wesentlichen Kenndaten sämtlicher Berliner Sicherungsverwahrter sowie der Strafgefangenen, bei denen im Anschluss an die Haft Sicherungsverwahrung angeordnet ist. Dabei wird mit besonderem Augenmerk auf die Gefährlichkeit der Probanden untersucht, ob es unter den Berliner Sicherungsverwahrten distinkte kriminologische Gruppen mit unterschiedlichem Sicherungs- und Behandlungsbedarf gibt. Methodik: In die Erhebung eingeschlossen werden konnten 76 Insassen der Justizvollzugsanstalt Tegel in Berlin, davon befanden sich im Mai 2011 33 Männer im Vollzug der Sicherungsverwahrung und 43 noch in Strafhaft. Aus den Gefangenenpersonalakten wurden umfangreiche Daten zur Biografie, kriminologische Kenndaten zu Vordelinquenz, Indexdelikt und Haftverlauf sowie Angaben zu Diagnosen und Therapien erhoben. Des Weiteren kamen die kriminalprognostischen Instrumente Static-99, Level of Service Inventory-Revised (LSI R), Historical-Clinical- Risk Management 20 Item-Schema (HCR-20) und die Psychopathy Checklist - Revised (PCL R) zum Einsatz. Für die Einordnung in die untersuchten distinkten Gruppen wurden als Indikatoren das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, ein für ‚Psychopathy‘ sprechendes Ergebnis im PCL-R und die Diagnose einer Störung der Sexualpräferenz herangezogen. Ergebnisse: Bei den Probanden handelte es sich bei etwas mehr als der Hälfte um Sexualstraftäter, beim Rest hatten zu etwa gleichen Anteilen Gewalttaten oder Tötungsdelikte zur Anordnung der Sicherungsverwahrung geführt. Bei knapp zwei Dritteln der Täter wurde eine Persönlichkeitsauffälligkeit oder störung beschrieben, dabei handelte es sich bei einem Drittel der Gesamtstichprobe um eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Im Static-99 scorten die Probanden mit durchschnittlich 5,5 Punkten (SD = 2,1), der LSI-R zeigte bei der Hälfte ein mäßiges Rückfallrisiko. Im HCR-20 wurde ein Durchschnittswert von 25 Punkten (SD = 7,3) erreicht, in der PCL-R von 22,5 Punkten (SD = 6,6). Etwa die Hälfte der Probanden konnte eindeutig den angenommenen Gruppen zugeordnet werden, beim Rest zeigten sich Überschneidungen. Durch das Heranziehen von gebildeten Hilfsgruppen konnten wenige signifikante Merkmale für die Gruppenzuordnung identifiziert werden. Schlussfolgerung: Insgesamt war eine eindeutige Zuordnung aller Täter in die angenommenen distinkten Gruppen aufgrund der erhobenen Daten nicht möglich. Es wurde jedoch einmal mehr deutlich, dass eine frühe Intervention und die Möglichkeit zur Therapie bereits bei ersten Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter entscheidende Aspekte zur Prävention späterer delinquenter Karrieren gefährlicher Straftäter darstellen.
Introduction: Preventive detention is defined as an offender being kept in imprisonment after serving their time due to a continued threat. The concerning law has been changed several times, with the latest step an extensive reform that was implemented on the 1st of June 2013. To properly execute the regulation, it is necessary to know the affected delinquents. The preparatory work should aim to reveal their biographic facts, criminal careers, diagnoses and therapeutic data. With a special focus on the subject group’s threat, it should be explored if there are distinct criminological groups among offenders that are placed in preventive detention in Berlin and if there are different needs of protection and therapy. Methods: The collected data included 76 male imprisoners in Berlin Tegel. In May 2011, 33 men of this group were already in preventive detention and 43 were going to be. Extensive data about their biographies, criminal careers, index crimes, diagnoses and therapies was extracted from their jail records. In addition to that, criminal prognostic instruments, such as Static-99, Level of Service-Inventory - Revised (LSI-R), Historical-Clinical-Risk Management 20 Item-Scheme (HCR-20) and Psychopathy Checklist - Revised (PCL-R), were used. Classification in distinct groups was based on the existence of a personality disorder, a positive result in PCL-R, or the diagnoses of a sexual disorder. Results: Approximately fifty percent of the delinquents were sexual offenders. The rest were divided into offenders that either simply committed a violent crime or committed a homicide. In almost two thirds of the group, there was a personality disorder recorded. The average score in Static-99 was 5.5 (SD = 2.1), LSI-R revealed a moderate risk of recidivism. The average HCR-20 score was 25 (SD = 7.3), average PCL-R score was 22.5 (SD = 6.6) points. About one half of the sample was definitively classified, the rest overlapped. Using more groups, few significant correlating items were found. Conclusion: Overall, it was not possible to classify all of the offenders into distinct criminal groups. It became clear that an early intervention and therapy at first signs of criminal behaviour in adolescence is essential for prevention of future delinquency.