Hintergrund: Die Tungiasis entsteht durch die Penetration des weiblichen Sandflohs Tunga penetrans in die Epidermis. Die Krankheit verläuft in bislang nicht klassifizierten Stadien und ist selbstlimitierend. In Afrika südlich der Sahara, in Südamerika und auf den karibischen Inseln ist die Parasitose endemisch. Die Prävalenzen sind hoch und Komplikationen scheinen häufig. Eine wirksame Chemotherapie gibt es bislang nicht. Methoden: In einem typischen Armenviertel der Stadt Fortaleza in Brasilien wurden 86 Patienten und Patientinnen mit Tungiasis aktiv rekrutiert und klinisch-parasitologisch untersucht, darunter 16 besonders schwer befallene Individuen. 196 Läsionen wurden biopsiert bzw. die Parasiten exstirpiert. Die Biopsien wurden histopathologisch und die exstirpierten Parasiten rasterelektronenmikroskopisch untersucht. Bei weiteren 108 Patienten und Patientinnen mit insgesamt 169 von Tungiasis betroffenen Händen und Füßen wurde in einer randomisierten Studie der antiparasitäre Effekt von topisch appliziertem Ivermectin, Thiabendazol und Metrifonate mit Plazebobehandlung und ohne jede Therapie verglichen. Resultate: Mit Hilfe klinischer, parasitologischer und rasterelektronenmikroskopischer Kriterien wurde eine Stadieneinteilung ( Fortaleza-Klassifikation ) entwickelt, mit der sich der natürliche Krankheitsverlauf der Tungiasis in fünf Stadien einteilen lässt: Penetrationsphase (1), Phase der beginnenden Hypertrophie (2), Phase des weißen Halo (3), Involutionsphase (4) und Residualstadium (5). Von der Penetration bis zum Abstoßen des Flohkadavers vergingen vier bis sechs Wochen. Die Patienten und Patientinnen hatten zwischen einer und 145 Läsionen (Median 14,5). Starke Schmerzen (77%) waren ebenso wie Nageldeformation oder -verlust (52%) sehr häufige Befunde. 45% der Patienten und Patientinnen waren durch eine starke Entzündungsreaktion beim Gehen behindert. Eine Superinfektion wurde bei 29% beobachtet. Die Anzahl der Läsionen war signifikant mit dem klinischen Krankheitsschweregrad und dem Auftreten der Läsionen in Clustern korreliert. Die klinische Pathologie spiegelte sich in histopathologischen Veränderungen der Epidermis wie Hyperplasie, Parakeratose, Hyperkeratose und Spongiose wider. Topisch appliziertes Ivermectin, Metrifonate und Thiabendazol verringerten die Häufigkeit vitaler T. penetrans Läsionen (Stadium 2 und 3) drei bzw. sieben Tage nach Beginn der Therapie. Zusammenfassung: Die entwickelte Stadieneinteilung ermöglicht erstmals den natürlichen Krankheitsverlauf zu verstehen und ist die Grundlage, um epidemiologische Daten vergleichen und Therapiestudien durchführen zu können. Die Untersuchung von 86 Patienten und Patientinnen zeigte ein breites Spektrum von klinischer Pathologie. Der Schweregrad der klinischen Pathologie korrelierte mit der Anzahl der in der Haut vorhandenen Parasiten.
Tungiasis is an important health problem in poor communities in Brazil and is associated with severe morbidity. Prevalence rates are high in endemic areas. The causative agent, the female flea Tunga penetrans, burrows into the skin of its host, where it develops, produces eggs and eventually dies. The natural history of Tungiasis has not been described until now. An effective chemotherapy is not yet established. Clinical, scanning electron microscopy and histological findings allowed dividing the natural history of Tungiasis into five stages. The proposed Fortaleza Classification can be used for clinical and epidemiological purposes. It allows a more precise diagnosis, enables the assessment of chemotherapeutic approaches and helps to evaluate control measures on the community level. The examination of 86 individuals showed a broad spectrum of clinical and histopathological alterations. Clinical pathology was significantly related to the number of lesions. The evaluation of three topical antiparasitic agents showed that topical ivermectin, metrifonate or thiabendazole can each significantly reduce the number of lesions caused by embedded sand fleas. Further studies are needed to optimize the doses and administration of these compounds.