KATP-Kanäle gehören zur Proteinfamilie der Kaliumkanäle und kommen in zahlreichen Geweben vor. Sie zeichnen sich durch eine hohe Sensitivität gegenüber ATP aus und erfüllen gewebeabhängig unterschiedlichste Funktionen wie zum Beispiel die Regulation der Insulinfreisetzung in den β-Zellen des Pankreas oder die Protektion von Neuronen und Herzmuskelzellen während ischämischer Zustände. Unter anderem sichern KATP-Kanäle somit in Krisensituationen für bestimmte Zeit das Überleben des gesamten Organismus. Ermöglicht wird diese Funktionsvielfalt durch Kombination verschiedener Subtypen von KATP-Kanal-Untereinheiten. KATP-Kanäle sind prinzipiell aus vier porenbildenden KIR6-Untereinheiten sowie vier umgebenden, regulatorischen SUR- Untereinheiten aufgebaut. Bislang sind bei den Säugetieren zwei KIR6- (KIR6.1 und KIR6.2) und drei SUR-Untereinheiten (SUR1, SUR2A und SUR2B) identifiziert und in unterschiedlichen Kombinationen beschrieben worden. In der vorliegenden Arbeit konnte mithilfe hochspezifischer Antikörper gegen die Untereinheiten KIR6.1 und SUR2A eine bislang in der Natur nicht bekannte Kombination von KATP ¬-Kanal-Untereinheiten vorgestellt werden. Sowohl KIR6.1 als auch SUR2A zeigten in immunhistologischen Untersuchungen von gastrointestinalen und renalen Epithelien des Menschen und verschiedener anderer Säugetierspezies eine perfekte Colokalisation mit den Arealen der Tight Junctions. Interessanterweise konnte dieser neue KIR6.1/SUR2A-Komplex ausschließlich an regulierten Tight Junctions nachgewiesen werden, nicht jedoch an impermeablen Tight Junctions, wie denen des Urothels der Harnblase oder dem Epithel renaler Sammelrohre. Ausgehend von diesen Beobachtungen wurde ein neues Modellsystem am Dünndarm der Ratte entwickelt, um eine bislang nicht bekannte Funktion eines KIR6/SUR-Proteinkomplexes zu untersuchen, die Regulation der parazellulären Nährstoffaufnahme des Dünndarmepithels. Es wurden hierfür morphologisch definierte Dünndarmsegmente der Ratte entnommen und mit unterschiedlichen Inkubationslösungen befüllt. Hierbei kam ein 1987 erstmals beschriebenes Phänomen zur Anwendung, bei welchem intraluminal erhöhte Konzentrationen von D-Glucose eine Steigerung der parazellulären Permeabilität des Dünndarmepithels bewirken. Durch Zusatz der Pharmaka Tolbutamid und Diazoxid, spezifische Regulatoren von KATP-Kanälen, gelang es diese D-Glucose- induzierte Steigerung der parazellulären Permeabilität signifikant zu beeinflussen. Tolbutamid erhöhte die parazelluläre Permeabilität, Diazoxid senkte sie. Der KIR6.1/SUR2A-Komplex scheint hierbei nicht klassisch als ein K+-leitender Ionenkanal zu funktionieren, sondern interagiert vermutlich rein physikalisch mittels einer durch ATP-Hydrolyse bedingten Konformationsänderung mit weiteren Proteinen der Tight Junction. Die Daten dieser Arbeit deuten somit darauf hin, dass KIR6/SUR-Komplexe neben der bislang vornehmlich bekannten Ausbildung von ionenleitenden KATP-Kanälen auch auf andere Weise nachweisbare Funktionen ausüben können. Überraschenderweise dient die hier erstmalig beschriebene Funktion, die Regulation der parazellulären Permeabilität, ebenso wie die bekannten protektiven Mechanismen für Herz und Gehirn, dem Organismus zur Anpassung seiner biologischen Aktivität an das Angebot verfügbarer Ressourcen. Diese Beobachtungen deuten somit auf ein übergeordnetes Prinzip der Funktionsweise von KIR/SUR-Komplexen, welches sich im Verlaufe der Evolution dieser Proteinfamilie herausgebildet hat.
KATP channels belong to the protein family of potassium channels and occur in numerous tissues. They are characterised by a high sensitivity against ATP and fulfil different functions, for example, the regulation of insulin liberation in the β-cells of the pancreas or the protection of neurons and heart muscle cells during ischemic states. Thus, amongst other things KATP channels ensure the survival of the whole organism for a certain time. This diversity of functions is enabled by the combination of different subtypes of KATP channel subunits. Principally, KATP channels are composed of four pore-forming KIR6 subunits and four surrounding regulatory SUR subunits. So far, two KIR6 (KIR6.1 and KIR6.2) and three SUR subunits (SUR1, SUR2A and SUR2B) have been identified in mammals and described in different combinations. By using highly specific antibodies against the subunits KIR6.1 and SUR2A, a combination of KATP channel subunits so far not known in nature conditions is introduced in the present work. Both KIR6.1 and SUR2A revealed a perfect colocalisation with the areas of tight junctions in immune histological investigations of gastrointestinal and renal epithelia of man and other mammals. Interestingly, this new KIR6.1/SUR2A complex was detectable only at regulated tight junctions and not at impermeable tight junctions like those in the urothelium of the urinary bladder or in the epithelium of renal collecting ducts. Based on these observations a new model system with rat small intestine was developed to investigate a so far unknown function of a KIR6/SUR protein complex, the regulation of paracellular nutrient absorption of the small intestinal epithelium. Therefore, morphological well-defined segments of rat small intestine were excised and filled with different incubation buffers. Here, it was used a phenomenon first described in 1987 where intralumenal increased concentrations of D-glucose caused an increase in paracellular permeability of the small intestinal epithelium. By addition of the pharmaceuticals tolbutamide and diazoxide, specific regulators of KATP channels, it was possible to influence significally this increase in paracellular permeability induced by D-glucose. Tolbutamide increased the paracellular permeability, whereas diazoxide decreased it. In this process the KIR6.1/SUR2A complex does not seem to work as a classical K+ conducting channel for ions but it presumably interacts purely physically with other tight junction proteins by an ATP hydrolysis-caused change of conformation. Thus, the data of this work suggest that KIR6/SUR complexes also execute detectable functions in other ways apart from just forming ion gating KATP channels. Surprisingly, the here new described function of the regulation of paracellular permeability provides the organism an adaptation of its biological activity to the supply of available resources as well as the known protective mechanisms in heart and brain. Those observations suggest a superior principle of the purpose of KIR6/SUR complexes which has been developed during the evolution of that protein family.