Die vorliegende Studie wurde im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie, die Qigong und physiotherapeutischen Nackenübungen bei chronischen HWS-Beschwerden verglichen hat, durchgeführt. Sie hatte zum Ziel, mit qualitativen Methoden Therapieeffekte und ihren Kontext näher zu evaluieren und dabei das persönliche Erleben von Patienten zu berücksichtigen. Hierzu wurden semi-strukturierte Leitfadeninterviews durchgeführt. 10 Patienten der Qigong- und 10 Patienten der Nackenübungs-Gruppe wurden in Abhängigkeit von ihrer Schmerzintensität teilrandomisiert für die ca. 30-minütigen Gespräche ausgewählt und nach drei und sechs Monaten Intervention zu ihren Beschwerden, deren Bedeutung und möglichen Therapieeffekten interviewt. Im Anschluss an die Datenerhebung wurden die Interviews transkribiert und unter Zuhilfenahme der Software MAXQDA® mit Methoden der qualitativen Forschung unter Verwendung von Codierstrategien der Grounded Theory analysiert. Die Interviews dauerten durchschnittlich 25:07 (± 07:13) Minuten und die Patienten waren im Mittel 42,6 (± 9,80) Jahre alt, 80% waren weiblich. In beiden Gruppen konnte eine Reduzierung der Beschwerden verzeichnet werden, die auch in den Fragebögen zum Ausdruck gekommen war. Es zeigte sich, dass sich die Ergebnisse bei den Patienten in den Qigong- und Nackenübungsgruppen voneinander unterschieden. Diese Unterschiede konnten vor allem für den Umgang mit den Beschwerden und deren Bedeutung für die Patienten gefunden werden. Die chronischen Beschwerden stellten für viele Patienten eine Belastung dar und hatten negative Auswirkungen im beruflichen und privaten bzw. sozialen Bereich. Vereinzelt führten sie auch zu gravierenden psychischen Belastungen mit Krankheitsängsten oder dem Gefühl einer Entfremdung dem eigenen Körper gegenüber. Trotzdem waren diese Aspekte bei den Patienten der jeweiligen Interventionsgruppe unterschiedlich stark ausgeprägt. Von Bedeutung war in diesem Zusammenhang der Einfluss von Migräne auf den Umgang mit den Beschwerden. Während innerhalb der Qigong-Gruppe 70% der Patienten unter Migräne litten, waren es bei der Nackenübungsprogramm-Gruppe nur 10%. Es fiel auf, dass bei den Migräne- Patienten ein anderes Coping-Verhalten hinsichtlich der Beschwerden vorlag, das sich häufiger in stresserhaltenden Bewältigungsstrategien im Sinne von Resignation und einem ungünstigen Selbstbild äußerte. Wir vermuten daher, dass Migräne ein sensibilisierender Faktor für den Umgang mit den eigenen Beschwerden sein könnte. Während die Patienten der Qigong-Gruppe ihre Beschwerden als ein beeinträchtigendes, ganzkörperliches Ungleichgewicht sahen, das auch der Wechselwirkung von Psyche und Körper unterlag, betrachteten die überwiegend migränefreien Patienten der Nackenübungs-Gruppe ihre Schmerzen als körperliches Symptom, das mit gezielter Technik in Form von Übungen und Sport beseitigt werden könne. Auch bei berichteten Therapieeffekten unterschieden sich die beiden Gruppen. Die Patienten des Nackenübungsprogramms sprachen in erster Linie von einer rein körperlichen Besserung der Symptomatik und konnten diese lokal auf den Nacken begrenzen. Die Patienten der Qigong-Gruppe äußerten dagegen weitreichendere Effekte, wie eine verbesserte psychische Ausgeglichenheit, einen erleichterten Umgang mit Stress und ein gesteigertes allgemeines Wohlbefinden direkt nach dem Üben, aber auch später im Alltag. Sie bewerteten die entspannende und beruhigende Wirkung von Qigong teilweise stärker positiv, als die rein körperliche Reduzierung der Beschwerden. Wir halten es für wahrscheinlich, dass die Patienten auch in ihrem Verständnis der Beschwerden von der jeweiligen Therapieform und den Therapeuten geprägt wurden, da gerade von Qigong- Patienten der positive Kontakt zu den Kursleitern thematisiert wurde und so trotz anfänglicher Skepsis der fernöstlichen Medizin gegenüber ein guter Zugang zu dieser erreicht werden konnte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl Qigong als auch Nackenübungen aus Sicht der befragten Patienten zu einer Verbesserung der körperlichen Symptomatik der chronischen HWS-Schmerzen führten, bei Qigong jedoch mehr ganzkörperliche und psychischen Effekte mit einer Verbesserung des Allgemeinbefindens berichtet wurden.
The present study was nested ina randomized controlled study on the effects of Qigong and Exercise therapy for patients with chronic neck pain. The aim of our study was to understand possible areas for under consideration of the personal experience of the patients using semi-structured interviews as a qualitative research method. 10 Patients of the Qigong group and 10 patients of the Exercise Therapy group were selected randomly for the semi-structured interviews. The interviews about the patients complaints, their impact und possible effects of the treatment were led after three and after six months of treatment. Subsequently to the assessment the interviews were transcribed and analyzed using qualitative methods as coding strategies based on Grounded Theory and software MAXQDA®. The interviews had an average length of 25:07 (± 07:13) minutes and the patients had an average age of 42,6 (± 9,80) years and 80% were female. In both groups we found a reduction of neck pain and associated complaints, which was also found in the quantitative questionnaires. But the upcoming which were addressed by the patients differed in the Qigong- and Exercise groups. The differences were mainly observed for the way how the patients dealt with their symptoms their importance for patients. The chronic symptoms were a burden for many patients and had a negative impact in professional, private and social sectors. Occasionally, they carried over to serious psychological stress with fears of illness or a sense of alienation. Nevertheless, these aspects were differently developed in both groups. Important in this context was the influence of migraine on the handling of complaints. While 70% of the patients in the Qigong group suffered from self reported migraine, it where only 10% in the Exercise group. We found a different coping behavior in terms of symptoms in the migraine patients, who more frequently showed a sense of resignation and a poor self-image. We therefore suggest that migraine could have been a sensitizing factor to deal with their own complaints. While patients of the Qigong group rated their complaints as a physical imbalance resulting from the interaction of mind and body, the mostly migraine-free patients of the Exercise group considered their pain as a physical symptom that could be eliminated with specific technology in the form of exercises and sports. In the reported effects of the treatment the groups differed as well. Patients in the Exercise program spoke primarily from a physical improvement of symptoms and were able to limit them locally on the neck. The patients in the Qigong group expressed, however boader effects, such as improved psychological balance, facilitated coping with stress and increased general well-being directly after practice, but also in everyday life. Some evaluated the relaxing and calming effect of Qigong more positive than the physical reduction of complaints. We believe it is likely that the patients were also influenced in their understanding of the symptoms by the particular form of therapy and the therapist. The Qigong patients highlighted the positive contact with the instructors, which facilitated an Access to Chinese Medicine despite initial skepticism. In summary, it can be stated that from the subjective perspective of the interviewed patients both Qigong and Exersice therapy showed an improvement of the physical symptoms of chronic neck pain. The Qigong Patients, however, reported more of mental effects and an improvement in general sense of condition.