Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob die Haltung der Bundesregierung ein entscheidender Faktor für eine mögliche Tendenz der Berichterstattung von sogenannten Qualitätszeitungen sein kann. Grundlage für diese Annahme ist die sogenannte Indexing-Hypothese, die Lance W. Bennett im Zuge der Berichterstattung zum Krieg der USA gegen den Irak (1991) formulierte. Bennett geht davon aus, dass die Medien ihrer Kontrollfunktion dann nicht gerecht werden, wenn es zu einem Konsens innerhalb der politischen Elite kommt. Die Indexing-Hypothese ist bezüglich des deutschen Mediensystems bislang ausschließlich im Zusammenhang mit Kriegsdebatten untersucht wurden. Seit der Beteiligung deutscher Truppen im Kosovokrieg (1999), später im Zusammenhang mit den Einsätzen in Afghanistan 2002 und mit der Weigerung der Bundesregierung, sich an einem Krieg im Irak 2003 zu beteiligen, wurde der Ansatz auch in der deutschen Kommunikationswissenschaft diskutiert und empirisch überprüft. Doch eigentlich wurde die Hypothese ursprünglich nicht auf Kriegsdebatten beschränkt formuliert. Hier versucht die Arbeit, eine Forschungslücke zu schließen, indem auch innenpolitische Debatten in Deutschland untersucht werden. Im Rahmen einer Argumentationsanalyse der innenpolitischen Debatten über den Krieg im Irak (2003), einem Vorziehen der Steuerreform (2004), einer Beteiligung deutscher Soldaten an der Sicherung der Wahlen im Kongo (2005) sowie in der ersten Phase der Debatte über eine Gesundheitsreform bis zur Einigung innerhalb der Großen Koalition (2006) werden vier politische Entscheidungen einer Argumentationsanalyse unterzogen. Die Debatten wurden unter jeweils wechselnden politischen Rahmenbedingungen – zweimal unter einer rot-grünen sowie zwei weitere Debatten unter einer Großen Koalition von SPD und Unionsparteien – diskutiert. Abweichend von vorangegangenen Studien wurde in der vorliegenden Arbeit ein Konsens innerhalb der politischen Elite als Konsens zwischen SPD und Unionsparteien einerseits und Regierung andererseits definiert, da die beiden großen Volksparteien bei den vorliegenden Debatten jeweils mehr als zwei Drittel der Mandate im Deutschen Bundestag stellten. In zwei untersuchten Debatten war die politische Elite also in der Position von Opposition und Regierungsfraktion, in zwei Debatten stellten sie gemeinsam in einer Großen Koalition die Regierung. In Betracht gezogen wurde bei der Untersuchung auch, welche Haltung die Bevölkerung mehrheitlich zu den jeweiligen Debatten hatte. Dieser Faktor spielte bislang in der einschlägigen Forschung noch keine Rolle. Untersucht wurde die Berichterstattung zu den vier ausgewählten Debatten in der Frankfurter Rundschau, in der Süddeutschen Zeitung, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie in der Zeitung Die Welt. Die vier hier durchgeführten Argumentationsanalysen kamen, ausgehend von unterschiedlichen politischen Konstellationen, erwartungsgemäß zu unterschiedlichen Ergebnissen. Bei der Debatte um einen Krieg im Irak setzte sich die Regierung mit ihrer Haltung durch. Bei der Debatte um ein Vorziehen der Steuerreform waren wir davon ausgegangen, dass Indexing nicht eintritt, da es sich um eine normale politische Fallkonstellation handelt: Die Regierung nahm eine Position ein, die von der Opposition abgelehnt wurde. Diese Annahme bestätigte sich bei der Akteursanalyse, doch bei der Tendenzanalyse zeigte sich, dass sowohl die Fremd- als auch die Eigenbewertungen der Journalisten in Richtung der Regierung tendierten. Dieses Ergebnis legt nahe, dass die – im konkreten Fall pro Regierungshaltung tendierende – Bevölkerungshaltung eine Rolle bei der Medienberichterstattung spielt. Demgegenüber scheint die Konstellation einer Großen Koalition eher dazu zu führen, dass die Medien die relativ schwache Opposition stärker zitiert. Insgesamt fanden sich in der Debatte um einen Einsatz deutscher Soldaten im Kongo mehr Parteien- als Regierungsstimmen in den untersuchten Printmedien. Allein die positiven Stellungnahmen der Regierung reichten nicht aus, um negative Stellungnahmen der Opposition und insbesondere der „sonstigen deutschen Akteure“ außerhalb des Politikbereiches in den Hintergrund zu rücken. Ähnliches galt auch für die Debatte um eine Gesundheitsreform: Hier kam es innerhalb der Großen Koalition zu einem Streit. Die negative Tendenz gegen eine Gesundheitsreform war gleichsam zwischen allen vier untersuchten Zeitungen sowie zwischen Kommentierung und Nachrichtengebung festzustellen.
The work deals with the question whether the attitude of the government can be a decisive factor for a possible tendency of the coverage of the so-called quality newspapers. The basis for this assumption is the so-called indexing hypothesis. It was formulated by W. Lance Bennett during the coverage of the war by the U.S. against Iraq (1991). Bennett believes that the media do not comply their roll as watchdogs when it comes to a consensus within the political elite. The indexing hypothesis has been examined with respect to the German media system solely in connection with war debates. Since the participation of German troops in the Kosovo war (1999), and in connection with the operations in Afghanistan in 2002 and with the refusal of the german Government of a participation in the Iraq war in 2003, the approach was also discussed in the German Communication Science and empirically tested. But the hypothesis was not formulated limited to war debates. This work attempts to close a research gap by also domestic political debates are examined. In the context of an argument analysis of the domestic political debates about the war in Iraq (2003), a forward of a tax reform (2004), a participation of German soldiers to secure the elections in Congo (2005) and in the first phase of the debate on health care reform to the agreement within the Grand Coalition (2006) are examined four policy decisions. This took place under changing political conditions - twice under a red-green and two more debates under a Grand Coalition of the SPD and Union parties. Unlike other studies, a consensus within the political elite is defined in this work as a consensus between the SPD and Union parties on the one hand and government on the other. Reason for this uncommon definition of political elite is that these two parties represent still two third of the mandates in the german parliament. In two debates the political elite was thus in the position of the opposition and ruling fraction, in two debates SPD and the Union parties put together in a Grand Coalition government. Moreover this study takes the attitude of the german people towards the debates under account. We investigated the coverage in the Frankfurter Rundschau, in the Süddeutsche Zeitung , the Frankfurter Allgemeine Zeitung and in the newspaper Die Welt. The four argumentation analyzes with their different political constellations had, as expected, different results. In the debate on a war in Iraq, the government prevailed with her position. In the debate on the tax reform we had assumed that indexing does not occur, since it is a normal political constellation case: The government took a position that was rejected by the opposition. This assumption was confirmed by the analysis of mentioned actors, but with the trend analysis showed that both the quoted and the self-assessments of journalists tended towards the government position. This result suggests that - in this case, pro-government attitude - the opinion of the people plays a role in the media coverage. In contrast, the combination of a Grand Coalition seems more likely to cause the media quoted the relatively weak opposition stronger. Total found themselves in the debate over the deployment of German soldiers in the Congo more parties – as government votes in the examined print media. Only the positive responses of the Government were not sufficient to move a negative opinion of the opposition especially the other German actors outside the policy area in the background. The same was true of the debate on health care reform: It came within the Grand Coalition of a dispute. The negative trend against a health care reform was to determine as it were between all four investigated newspapers, between commentary and news hand signals.