Hintergrund: Schmerzen bei Frühgeborenen sind ein wichtiges und unzureichend erforschtes Feld. Die Effekte von Schmerzreizen auf das sich entwickelnde Gehirn sind nicht geklärt. Daher wurde ein neonatales Tiermodell entwickelt, um die Auswirkungen von Schmerzen auf unterschiedliche Gehirnareale zu untersuchen. Methoden: Neugeborene Wistar-Ratten wurden dem, bei adulten Tieren etablierten, „Formalin-Test“ (Injektion von 10%igem Formalin subkutan in die Pfoten), unterzogen. Die zwei Kontrollgruppen bekamen entweder 0,9%NaCl oder keine Injektion. Eine Serie von neugeborenen Tieren wurde an Tag 1 (P1), Tag 2 (P2) und Tag 3 (P3) injiziert und an P4 transkardial perfundiert. Eine zweite Versuchsreihe erhielt tägliche Injektionen an P1 bis P5 und wurde an Tag 6 der Aufarbeitung zugeführt. Außerdem gab es eine Versuchsreihe mit Tieren im Alter von 12 Tagen. In einer letzten Behandlungsstudie wurde zudem Morphin (500 μg/kg oder 5 mg/kg), 20 min vor Behandlungsstart subkutan gespritzt. Nach transkardialer Perfusion wurden die Gehirne histologisch mittels DeOlmos Kupfer Silberfärbung sowie der TUNEL-Färbung zur Detektion apoptotischer Zellen aufgearbeitet. Aus 12 verschieden Hirnarealen wurde ein Summenscore degenerierter Neurone ermittelt. Für molekularbiologische Untersuchungen (Western blotting für Protein-Kinase-C Isoformen e und g sowie Doublecortin) wurden die Tiere an P3 injiziert und nach 2, 6, 12 und 24 Stunden dekapitiert, Thalamus und Cortex herauspräpariert und sofort bei -80 °C bis zur weiteren Analyse tiefgefroren. Ergebnisse: In vier Tage alten Tieren waren in der Formalin-Gruppe signifikant mehr degenerierte Neurone als in den Kontrollgruppen (p < 0,001). Bei den Tieren, die über 5 Tage Injektionen erhielten, zeigten sich in der Formalin-Gruppe und in der mit Kochsalz behandelten Gruppe die gleiche Dichte an degenerierten Neuronen und signifikant weniger in der Gruppe ohne Behandlung (p < 0,001). Die zwölf Tage alten Tiere zeigten keine Differenzen bei den untergegangenen Zellen. In den molekularbiologischen Untersuchungen zeigte sich eine schmerzassoziierte Hochregulation des Doublecortins im Thalamus sowie ein unterschiedliches Verhalten der PKCIsoenzyme in Cortex und Thalamus. Die Vorbehandlung mit Morphin (500 μg/kg) führte zu einer Verminderung der Neurodegeneration, sodass die Signifikanzen in beiden Versuchsreihen aufgehoben wurden. Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse zeigen, dass Schmerzen im unreifen Gehirn zu einem Neuronenverlust führen können. Bemerkenswerterweise, wird auch bei chronisch applizierter Kochsalzlösung ein hoher Schaden am Gehirn verursacht, was auf die Verwundbarkeit des sich entwickelnden Gehirns unter Stress hindeutet. Eine Therapie mit Morphin scheint diesen Effekt zu verringern. Außerdem ist dieser Effekt abhängig vom Alter des Tieres was auf spezielle, schützende Reifungsprozesse schließen lässt, welche erst im Laufe der ersten Lebenstage ausgebildet werden. Auf molekularer Ebene wurden ebenfalls Veränderungen im Expressionsmuster der untersuchten PKC-Isoenzyme und DCX gefunden. Dies lässt die Vermutung zu, dass durch Schmerzen bedingt, wichtige zererbrale Strukturierungsprozesse gestört werden und es so zu, erst später feststellbaren, Folgeschäden kommt.
Objective: Pain experience during neonatalintensive care may cause damage to the developing brain and is ongoing matterof debate. The question whether or not to treat neonatal pain withpharmacological agents is still an important point of discussion. This studyinvestigated the effects of neonatal pain, with and without opioid treatment, onthe developing brain using a rat model. Methods: Newborn rats wererandomly assigned to treatment: formalin injections in all 4 paws (group 1) andcompared to controls: injections with saline in all 4 paws (group 2) orreceiving no injections at all (group 3). Afterwards the rat brains werestudied histologically to detect apoptotic cell death, and involved molecularmechanisms were evaluated by measuring protein expression (Western blotting) ofprotein kinase c epsilon (PKCvarepsilon) and doublecortin (DCX). The same modelwas used to detect effects of subcutaneous morphine if used separately as wellas in combination with formalin induced pain. Results: In 4 days old ratpups we counted significantly more apoptotic neurons in formalin treatedanimals compared to the two control groups. In 6 days old rats we countedcomparable amounts of degenerated neurons for the formalin and NaCl group andsignificantly less for the no treatment group. In 12 days old pups there was nosignificant difference in apoptotic neurons in all three study groups. Morphineinjections prior to painful stimuli lead to a reduction in apoptotic celldeath. The protein expression of DCX showed a pain related upregulation in thethalamus region, whereas the expression of PKCvarepsilon was upregulated in thecortex. Conclusions: Our resultsdemonstrate that pain in neonatal rats causes severe apoptoticneurodegeneration in the developing brain during the first week of life.Remarkably, even NaCl 0.9% treated animals showed high apoptotic scores,indicating the extreme vulnerability of the neonatal nervous system forstressful events. The altered expression of DCX and PKCvarepsilon indicate thatpainful events also result to abnormal neonatal neuronal structure. Because even todayvulnerable newborns are exposed to frequent painful procedures withoutprocedural analgesia, these findings imply the necessity of furtherinvestigations in neonatal pain models.