Wen und wie gewählte Repräsentanten vertreten, warum und mit welchen Folgen sie dieses tun, sind die zentralen Fragen der vorliegenden Arbeit.
Die Beantwortung dieser Fragen birgt die Chance, den Prozeß politischer Repräsentation besser verstehen zu können. Das Phänomen Politische Repräsentation gibt uns Rätsel auf: die Endpunkte des Prozesses sind bekannt, aus Wahlen hervorgegangene Repräsentanten entscheiden für die Repräsentierten, am Ende einer Legitimationskette stehen demokratische Entscheidungen, doch wir wissen nicht so recht, wie diese zustande gekommen sind. Ein besseres Verständnis politischer Repräsentation muß, so die grundlegende These dieser Arbeit, vom kompositorischen Charakter des Phänomens ausgehen und die Repräsentanten ins Zentrum der Betrachtung rücken.
Im theoretischen Teil (KAPITEL 2) wird der konzeptuelle Ansatz der Arbeit entwickelt. Aus der Sichtung rollen- und repräsentationstheoretischer Ansätze erwächst der konzeptuelle Rahmen der Arbeit, der die folgende empirische Analyse leiten wird.
Der empirische Teil (KAPITEL 3 - 5) sucht die Fragestellung der Arbeit durch eine quantifizierende und international vergleichende Analyse, die auf einer Befragungen von Abgeordneten und Bürgern in elf Mitgliedstaaten der EU basiert, in drei Schritten zu beantworten: KAPITEL 3 untersucht die Repräsentationsrolle der Abgeordneten, d.h. wen und wie sie repräsentieren. KAPITEL 4 fragt nach den Bestimmungsgründen des Rollenverständnisses der Abgeordneten, wobei Makro-Faktoren in Form der grundlegenden Ausgestaltung des politisches Systems eines Landes und Mikro-Faktoren in Gestalt sozial- demographischer, politisch-ideologischer und parlamentarisch- sozialisatorischer Bestimmungsgründe herangezogen werden. KAPITEL 5 analysiert die Auswirkungen der Repräsentationsrolle auf Dispositionen und (berichtetes) Verhalten der Parlamentarier im Bereich gesellschaftlicher Kontakte, der Responsivität gegenüber kollektiven Akteuren und der Übereinstimmung mit den politischen Einstellungen der Bürger.
In der vorliegenden Untersuchung konnte gezeigt werden, daß das Rollenkonzept ein wertvoller Ansatz zum Verständnis repräsentativer Demokratie ist. Rollenorientierungen von Abgeordneten stellen ein ganz wesentliches Merkmal politischer Repräsentation dar. Die Studie hat gezeigt, daß Rollenorientierungen erklärbar und implikationenreich sind. Sie konnten zu einem großen Teil auf die grundlegenden institutionellen Arrangements eines politischen Systems, auf den Demokratietypus, und zu einem geringeren Teil auf individuelle Merkmale der Parlamentarier wie die Parteizugehörigkeit und die ideologische Orientierung zurückgeführt werden. Und sie haben eine Auswirkung auf die Responsivität von Abgeordneten, sie prägen die Kontakte zu sowie die Berücksichtigung von bestimmten Gruppen und Institutionen, sie führen zu einer größeren Nähe der Politikpositionen von Repräsentanten und Repräsentierten.
Insofern stellt das Rollenkonzept ein zentrales Bindeglied zwischen individuellen Akteuren und den politischen Institutionen, zwischen Abgeordneten, Bürgern und dem Kollektivorgan Parlament dar. Erst die dergestalt konzeptualisierten Legitimations- und Responsivitätsketten ermöglichen die weitere Aufklärung des kompositorischen Charakters politischer Repräsentation. Sie können begriffen werden als ein maßgeblicher Beitrag zur weiteren Auflösung des Puzzle of Representation.
One of the fundamental questions of the research into political representation is how and whom Members of Parliament do represent.
Targeting this research question enables us to enhance our understand of the process of political representation. The phenomenon political representation seems a be a puzzle to us: having representative government, grounded on free elections, but not knowing what it is about. A better understanding of the process of political representation has to take off from the compositional nature of the phenomenon, focussing on the central role of representatives within this process.
The theoretical part (CHAPTER 2) develops the conceptual approach of this thesis. To guide the empirical analysis, a theoretical framework, based on different branches of role theory and representation theory, is set up.
The empirical part investigates our research question through a quantitative and comparative analysis of both survey data and contextual data. Surveys among MPs and citizens have been carried out in eleven member countries of the European Union. CHAPTER 3 tries to describe how and whom MPs represent. CHAPTER 4 targets the causes of the representational role by analysing explanatory variables on the macro level (the basic institutional characteristics of the political system) as well as on the micro level, i.e. individual characteristics of MPs (social-demographic background, political and ideological orientations, parliamentary socialisation). CHAPTER 5 analyses the consequences of role conceptions on dispositions and (reported) behaviour of representatives, focussing on social contacts, responsiveness to collective actors, and policy congruencies between MPs and citizens.
The central findings of the thesis can be summarised as follows: It could be shown that the role approach is useful to understand representative democracy. Role orientations can be systematically explained, and they have distinct consequences. They can be traced back to an large extent to systematic features of a political system, especially the type of democracy, while individual characteristics like party affiliation and ideological orientations only play a minor role. And they have an impact on the responsiveness of MPs, they shape their contacts toward collective actors, and they can explain the extent of policy congruencies between representatives and the represented.
Insofar, the role approach could be perceived as a central linkage mechanism between individual actors and political institutions. between MPs, citizens, and the parliament as a collective body. Only such chains of legitimacy and responsiveness enable us to further explore the compositional character of political representation. Those can be understood as an essential contribution to help solving the Puzzle of Representation.